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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Der Krach ließ uns ständig zusammenzucken. Köstliche Gerüche von aufgehäuften Gewürzen trafen uns, und das Glitzern billigen Schmucks, der an langen Bändern an den Ständen hing, ließ uns blinzeln. Wir wichen den uns wie zufällig in den Weg geschwungenen Ballen fein gewebter Stoffe aus. Wir bestaunten die ausgestellten Schwämme und Juwelen, Feigen und ganze Honigwaben, Kochtöpfe und hohe Kandelaber, fünf verschiedene Schattierungen von Hennapulver, sieben Arten von Nüssen. Wir holten uns blaue Flecken. Wir wurden von Männern mit Handwagen gegen die Mauern gedrückt. Mitglieder unserer Truppe gerieten in Panik, wenn sie exotische Sonderangebote entdeckten, irgendwelchen Nippes aus Kupfer mit verschnörkeltem Griff und einer orientalischen Tülle; sie hatten sich nur kurz umgedreht und uns augenblicklich in der vielköpfigen Menge aus den Augen verloren.
    Natürlich mußten wir auf dieser chaotischen Straße fast die gesamte Stadt durchqueren. Das Theater, in dem Chremes uns Auftritte gesichert hatte, lag am anderen Ende, etwas südlich der Durchgangsstraße, nahe des Jupitertors. Hier waren auch die Stände für gebrauchte Klamotten untergebracht; das Ganze nannte sich zutreffend »Flohmarkt«.
    Da wir die Ehre hatten, in dem von Herodes dem Großen errichteten Monumentaltheater zu spielen, konnten wir es schon mit ein paar Flöhen aufnehmen.
     
    Wir fanden nie heraus, wie Chremes diesen Coup gelandet hatte. Sich offenbar bewußt, daß die Leute von seiner Fähigkeit als Organisator nicht überzeugt waren, hielt er stolz den Mund und wollte nichts verraten.
    Es spielte auch keine Rolle mehr, nachdem wir den örtlichen Preis für Theaterkarten erfuhren und welche zu verkaufen begannen. Das munterte uns beträchtlich auf. Endlich hatten wir mal einen anständigen Aufenthaltsort und keine Schwierigkeiten, den Zuschauerraum zu füllen. In diesem wimmelnden Bienenstock von Käufern und Verkäufern trennten sich die Leute bereitwillig von ihrem Geld, ganz egal, was gespielt wurde. Alle waren sie stolz auf ihre Unnachgiebigkeit beim Feilschen; doch sobald es sich nicht um Waren handelte, mit denen sie sich auskannten, waren die meisten leichte Beute. Kultur war hier auch nur Handelsware. Viele Makler waren darauf aus, ihre Kunden zu beeindrucken; sie kauften Karten, um ihre Gäste zu unterhalten, ohne sich darum zu kümmern, was gegeben wurde. Kommerzielle Gastfreundschaft ist eine phantastische Erfindung.
    Ein paar Tage lang fanden wir alle Damaskus wunderbar. Dann, als den Leuten klar wurde, daß sie von Geldwechslern übers Ohr gehauen worden waren, und als sich einige in den schmalen Gassen abseits der Hauptstraßen die Geldbörsen hatten klauen lassen, kühlte unsere Begeisterung merklich ab. Selbst ich trabte eines Morgens los und kaufte für meine Mutter eine große Menge Myrrhe, wie ich dachte, nur um hinterher von Musa zu erfahren, daß es leider Bdellium war, ein weit weniger reiner Aromastoff, der für einen weit weniger aromatischen Preis hätte verkauft werden müssen. Ich ging zurück, um den Verkäufer zur Rede zu stellen; er war verschwunden.
    Wir sollten drei Abende hintereinander auftreten. Chremes beschloß, das aufzuführen, was er für die Glanzstücke unseres Repertoires hielt: Die Piratenbrüder , eine der unzüchtigen Götterfarcen und Das Mädchen aus Mykonos . Dieses letzte Juwel war von Heliodorus kurz vor seinem Tod zusammengestoppelt worden; vielleicht hätte er aus Scham darüber sterben sollen. Es war »leicht angelehnt« an all die anderen Mädchen aus …-Komödien, ein Anheizer für lüsterne Kaufleute, die in der großen Stadt ohne ihre Frau auf den Putz hauen wollten. Und es hatte das, was den Samos-, Andros- und Perinthos-Stücken allesamt fehlte: Grumios Leiterfall-Trick, Byrrias voll bekleideter, aber alles enthüllender Tanz als angebliche Irre, und dazu die Mädchen des Orchesters, die alle oben-ohne spielten. (Plancina verlangte Schmerzensgeld, weil sie sich ihren Nippel in den Kastagnetten geklemmt hatte.)
    Chremes’ Wahl stieß auf keine große Gegenliebe. Alles stöhnte. Er hatte einfach kein Gefühl für Atmosphäre. Wir wußten, daß es die falschen Stücke waren, und nachdem wir einen ganzen Morgen rumgemault hatten, versammelte sich der Rest der Truppe, angeführt von mir als ihr literarischer Experte, um die Dinge zurechtzurücken. Wir waren einverstanden mit dem Mädchen aus Mykonos , da es in einer so verworfenen Stadt bestimmt ein Renner sein würde,

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