Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
hochgelegene Akropolis, zivilisatorische Annehmlichkeiten und ein ausgedehntes Verschönerungsprogramm –, hatte Kanatha doch etwas Fremdartiges. Spuren sowohl nabatäischer als auch parthischer Architektur vermischten sich auf exotische Weise mit dem Griechischen und Römischen.
    Obwohl der Ort zu weit abseits lag, um der Gefahr eifersüchtiger jüdischer Überfälle ausgesetzt zu sein, lauerten außerhalb der engen Begrenzungen der Stadtmauern andere Gefahren. Kanatha war ein einsamer Außenposten in einem traditionell von Banditen beherrschten Land. Die Stimmung hier erinnerte mich mehr an Grenzfestungen in Germanien und Britannien als an die vergnügungssüchtigen, geldgierigen Städte der Dekapolis weiter im Westen. Dies war eine auf sich allein gestellte, mit sich selbst beschäftigte Gemeinde. Die Bedrohung lag nie weit entfernt vor ihren Stadttoren.
    Als glücklose Bande von Vagabunden wurden wir natürlich genauestens überprüft, ob wir eventuell Ärger einschleppten. Wir wehrten uns nicht, ließen uns geduldig ausfragen und durchsuchen. Als wir erstmal drin waren, fanden wir den Ort freundlich und entgegenkommend. Wo Handwerker sich Anregungen von weither holen müssen, werden Neuankömmlinge oft willkommen geheißen. Kanatha kannte keine Vorurteile. Kanatha mochte Besucher. Kanatha, eine Stadt, die viele von ihrer Reiseroute strichen, war so dankbar, ein Wandertheater zu sehen, daß das Publikum sogar uns mochte.
    Als erstes spielten wir Die Piratenbrüder , die Chremes unbedingt von den Verleumdungen des Magistrats in Bostra reinwaschen wollte. Sie kamen gut an, und wir gruben als nächstes Das Mädchen aus Andros und Plautus’ Amphitrion aus (eine von Chremes’ geliebten Götter-treiben-Unzucht-Possen). Ich erwartete, daß Musa wegen Amphitrion Gift und Galle spucken würde, aber zum Glück hatte das Stück nur eine nennenswerte weibliche Rolle, die der tugendhaften Ehefrau, die unwissentlich von Jupiter verführt wird, und diese Rolle hatte sich Phrygia geschnappt. Byrria spielte nur eine Amme; sie hatte eine Szene, ganz am Ende, und kein Techtelmechtel. Doch ihr Text war gut; sie mußte beschreiben, wie der kleine Herkules mit seinen dicken Babyfingerchen einer bösen Schlange den Garaus machte.
    Um die Sache etwas zu beleben, bastelte Helena für diesen Auftritt eine erwürgte Schlange. Sie füllte einen aus einer alten Tunika geschnittenen Stoffschlauch und nähte ihm Augen mit dichten, koketten Wimpern an. Das Ergebnis war ein reichlich dämlich schauender Python (Thalias Jason verblüffend ähnlich). Musa machte ihm die lange, gespaltene Zunge aus einem alten Gürtel. Byrria, die sich unerwartet als Komödiantin erwies, rannte mit diesem schlaff unter den Arm geklemmten Stofftier auf die Bühne, tat dann so, als würde sich das erwürgte Biest erholen, worauf sie es gereizt zum Gehorsam prügelte. Die Wirkung dieser kleinen, im Stück nicht vorgesehenen Improvisation war umwerfend. Das Publikum von Kanatha brüllte vor Lachen, aber da Chremes nicht vorgewarnt worden war, kriegten einige von uns ganz schön eins auf den Deckel.
    Nachdem so die Einkünfte der Truppe zumindest vorübergehend etwas aufgestockt waren und sich Mitglieder meiner Gruppe einen neuen Ruf für Lächerliches erworben hatten, reisten wir von Kanatha weiter nach Damaskus.
    Wir hatten ein gefährliches Gebiet zu durchqueren und waren daher doppelt wachsam. »Das scheint mir eine Straße zu sein, auf der Unerwartetes passieren kann«, murmelte ich, zu Musa gewandt.
    »Banditen!«
    Er war ein wahrer Prophet. Plötzlich wurden wir von finster aussehenden Nomaden umringt. Wir waren eher überrascht als verängstigt. Sie konnten sehen, daß unsere Wagen nicht eben randvoll mit Weihrauch beladen waren.
    Wir schubsten Musa vor, nun endlich einmal nützlich in seiner Eigenschaft als Dolmetscher, um mit ihnen zu verhandeln. Er trat ihnen in gesetzter, würdevoller Priesterhaltung entgegen, begrüßte sie (wie er mir später erzählte) im Namen Dusharas und versprach ihnen eine kostenlose Vorstellung, wenn sie uns in Frieden ziehen lassen würden. Die Diebe hielten das offenbar für das komischste Angebot, seit der große Perserkönig versucht hatte, ihnen eine Steuerforderung zustellen zu lassen. Sie ließen sich brav im Halbkreis nieder, und wir gaben ihnen eine Kurzversion von Amphitrion zum besten, einschließlich ausgestopfter Schlange.
    Man braucht kaum zu erwähnen, daß die Schlange den größten Beifall erhielt, aber dann kam

Weitere Kostenlose Bücher