Letzter Akt in Palmyra
oder zwei in den oberen Rängen. Ich regle das, wenn Sie wollen.«
»Oh!« Er klang überrascht. »Ja, Herr!«
Ich gab ihm eine Knochenmarke aus dem Beutel an meinem Gürtel, Das Gejohle und Gepfeife aus dem Theater hinter uns sagte mir, daß die Mädchen vom Orchester bereits ihren Auftritt hatten. Er rührte sich nicht von der Stelle. »Sie sind ja immer noch da«, bemerkte ich.
»Ja.«
»Und?«
»Die Nachricht.«
»Was ist damit?«
»Ich bin gekommen, um Sie abzuholen.«
»Aber Sie sind nicht Habib.«
»Er ist abgereist.«
»Wohin?«
»In die Wüste.« Gute Götter. Das ganze verdammte Land war Wüste. Ich war nicht in der Stimmung, den Sand von Syrien nach diesem schwer faßbaren Geschäftsmann zu durchkämmen. In der restlichen Welt gab es Spitzenweine zu verkosten, seltene Kunstwerke anzuhäufen und feinste Mahlzeiten bei reichen Blödmännern zu erschnorren. Und nicht weit von hier gab es Frauen zu beäugen.
»Seit wann ist er weg?«
»Seit zwei Tagen.«
Mein Fehler. Wir hätten Kanatha auslassen sollen.
Nein. Wenn wir Kanatha ausgelassen hätten, wäre das genau der Ort gewesen, in dem dieser Dreckskerl wohnte. Die Parzen waren wie gewöhnlich gegen mich. Sollten die Götter je beschließen, mir zu helfen, würden sie unter Garantie die Wegbeschreibung verlegen und sich auf dem Weg vom Olymp herunter verirren.
»So!« Ich holte tief Luft und nahm den kurzen, unproduktiven Dialog wieder auf. »Warum ist er abgereist?«
»Um seinen Sohn zurückzuholen, Khaleed.«
»Das sind zwei Antworten auf eine Frage. Die zweite hatte ich nicht gestellt.«
»Was?«
»Wie heißt sein Sohn?«
»Khaleed!« jammerte das rotgesichtige Apfelbäckchen kläglich. Ich seufzte.
»Ist Khaleed jung, gutaussehend, reich, ungeraten und völlig gefühllos den Wünschen und Ambitionen seines zornigen Vaters gegenüber?«
»Ach, Sie kennen ihn?« Das war nicht nötig. Ich hatte gerade mehrere Monate damit verbracht, Stücke umzuschreiben, die voll ermüdender Versionen dieses Typus waren. Jeden Abend hatte ich gesehen, wie Philocrates zehn Jahre ablegte, sich eine rote Perücke überstülpte und ein paar Tücher unter seinen Lendenschurz stopfte, um diese lüsternen Missetäter zu spielen.
»Wo vergnügt er sich denn als Playboy?«
»Wer, Habib?«
»Habib oder Khaleed, was ist der Unterschied?«
»In Tadmor.«
»Palmyra?« Ich schleuderte ihm den römischen Namen entgegen.
»Palmyra, ja.«
Demnach hatte er die Wahrheit gesagt. Das war wirklich die Wüste. Die häßlichste Gegend Syriens, die ich mir als mäkeliger Mensch zu meiden geschworen hatte. Ich hatte genügend Geschichten von meinem verstorbenen Bruder, dem Soldaten, gehört, über Skorpione, Durst, kriegerische Nomadenstämme, tödliche Infektionen durch stachelige Dornen und wirre Reden schwingende Männer, deren Hirn unter den Helmen von der Hitze gekocht worden war. Festus hatte ein schauerliches Garn gesponnen. Schauerlich genug, mir die Gegend zu verleiden.
Vielleicht redeten wir über die völlig falsche Familie.
»Dann beantworten Sie mir folgendes: Hat der junge Khaleed eine Freundin?«
Der Trottel im Hemd schaute zurückhaltend. Ich war über einen Skandal gestolpert. Das war nicht weiter schwer. Es war schließlich die übliche Geschichte, und am Ende gab er es auch mit der üblichen Schadenfreude zu. »Oh ja! Darum ist Habib ja los, um ihn nach Hause zu holen.«
»Dachte ich’s mir doch! Papi ist nicht einverstanden?«
»Er ist außer sich vor Zorn.«
»Schauen Sie nicht so besorgt. Ich weiß Bescheid. Sie ist eine Musikerin mit einer gewissen römischen Eleganz, aber von etwa so vornehmer Herkunft wie eine Stechmücke, völlig ohne Verbindungen und mittellos, oder?«
»So heißt es … Bekomme ich nun das Geld?«
»Niemand hat was von Geld gesagt.«
»Dann wenigstens die Nachricht für Habib?«
»Nein. Sie bekommen eine hohe Belohnung«, sagte ich und reichte ihm eine kleine Kupfermünze. »Sie haben freien Eintritt und können sich all die halbnackten Tänzerinnen ansehen. Und weil Sie mir diese skandalöse Geschichte in meine empfindsame Ohrmuschel geflüstert haben, darf ich jetzt selbst nach Palmyra reisen und Habib die Nachricht überbringen.«
DRITTER AKT:
PALMYRA
Spätsommer in einer Oase. Palmen und Granatapfelbäume sind geschmackvoll um eine dreckig aussehende Quelle angeordnet. Noch mehr Kamele wandern herum, eine übel beleumdete Karawane tritt auf …
S YNOPSIS : Falco , ein dreister, zwielichtiger Typ,
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