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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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auferlegten, was ihre Körperfunktionen betraf. Die Ochsen, Maultiere und Esel waren genauso erschöpft wie wir. Sie konnten den Weg schaffen, aber sie verabscheuten ihn, und uns ging es genauso. Wenn man sparsam damit umging, reichte das Wasser, das wir bekommen konnten, aus. Es war salzig und brackig, aber es hielt uns am Leben. Für einen Römer war es ein Leben, auf das man sich einläßt, weil es um so klarer macht, welche Vorteile die eigene zivilisierte Heimatstadt zu bieten hat.
    Die Wüste war ebenso langweilig wie unangenehm. Die Leere der endlosen sandfarbenen Hügel wurde nur ab und zu durch einen sandfarbenen Schakal unterbrochen, der mit seinen eigenen Dingen beschäftigt war, oder durch einen langsam kreisenden Bussard. Wenn wir in der Ferne eine Ziegenherde erblickten, gehütet von einem einsamen Nomaden, wirkte der Anblick menschlichen Lebens in dieser Einöde überraschend. Begegneten wir anderen Karawanen, riefen die begleitenden Kamelreiter einander zu und schnatterten aufgeregt; wir Reisenden dagegen verkrochen uns um so tiefer in unsere Umhänge und warfen einander verstohlene Blicke zu wie Fremde, deren einziges gemeinsames Interesse Beschwerden über unsere Eskorte sein würden – ein Thema, das es zu vermeiden galt. Es gab wunderbare Sonnenuntergänge, gefolgt von sternenklaren Nächten. Das entschädigte uns nicht für die Tage, an denen wir unsere Kopfbedeckungen gegen den stechenden Sand, der uns von einem üblen Wind ins Gesicht geblasen wurde, immer enger ziehen mußten, oder für die Stunden, die damit draufgingen, Steine aus unseren Stiefeln zu befördern und morgens und abends das Bettzeug nach Skorpionen abzusuchen.
    Als wir etwa die halbe Strecke hinter uns hatten, passierte das Unglück. Die Wüstenrituale waren zur Gewohnheit geworden, aber sie schützten uns trotzdem nicht. Wir befolgten die Ratschläge der Einheimischen, aber uns fehlten der Instinkt und die Erfahrung, die wirklichen Schutz geben.
    Wir hatten erschöpft Halt gemacht und schlugen das Lager auf. Es war nur ein Halteplatz am Straßenrand, wo die Nomaden Wasser aus entfernt gelegenen Salzsümpfen verkauften. Das Wasser war ungenießbar, obwohl die Nomaden es fröhlich verkauften. Ich erinnere mich an struppiges Dornengebüsch, aus dem ein erstaunlich farbenprächtiger kleiner Vogel aufflatterte, vielleicht eine Art Wüstenfink. Hier und dort waren die üblichen vereinzelten Kamele angepflockt. Kleine Jungen boten Datteln an. Ein extrem höflicher alter Mann verkaufte knallheiße Kräutergetränke von einem Tablett, das an einer Kordel um seinen Hals hing.
    Musa entzündete das Feuer, während ich unsere müden Ochsen ausschirrte. Helena hockte vor unserem eben errichteten Zelt und schüttelte Läufer aus, wie Musa es ihr beigebracht hatte, entrollte einen nach dem anderen, um damit das Zelt auszulegen. Als das Unglück geschah, sprach sie nicht besonders laut, obwohl Schock und Entsetzen in ihrer Stimme bis zu mir an den Wagen und noch darüber hinaus drangen.
    »Marcus, hilf mir! Auf meinem Arm sitzt ein Skorpion!«

LVI
    »Runterschnippen!« Musas Stimme klang drängend. Er hatte uns erklärt, wie man die Viecher abschüttelt, ohne zu Schaden zu kommen. Helena hatte es entweder vergessen oder war zu erschrocken.
    Musa sprang auf. Helena stand stocksteif. Zu entsetzt, um die Finger zu lösen, hielt sie immer noch den Läufer umklammert, aus dem das Tier gekrabbelt sein mußte. Auf ihrem ausgestreckten Unterarm tanzte das unheimliche schwarze Biest, einen halben Finger lang, krebsartig, den langen Schwanz zu einem bösartigen Bogen hochgekrümmt. Es war äußerst aggressiv, weil es gestört worden war.
    Meine Beine waren wie Blei, als ich auf sie zustürzte. »Helena …«
    Zu spät.
    Das Tier wußte, daß ich kam. Es kannte seine Macht. Selbst wenn ich neben Helenas Ellbogen gestanden hätte, als es aus seinem Versteck kam – ich hätte sie nicht retten können.
    Der Schwanz bog sich nach vorn über den Kopf. Helena schnappte entsetzt nach Luft. Der Stachel stieß zu. Der Skorpion ließ sich sofort runterfallen.
    Es war alles blitzschnell gegangen.
    Ich sah den Skorpion über den Boden huschen, flink wie eine Spinne. Dann war Musa über ihm, brüllend vor Wut, und schlug mit einem Stein auf ihn ein. Wieder und wieder schlug er zu, während ich Helena in die Arme nahm. »Ich bin hier …« Das nützte auch nicht viel, wenn ein tödliches Gift sie lähmen würde. »Musa! Musa! Was muß ich tun?«
    Er sah auf. Sein

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