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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Aber wir ahnten schon vor unserem Aufbruch, daß bloße Theorie als Vorbereitung auf das wirkliche Palmyra wohl nicht ausreichen würde.
     
    Ich hatte die Truppe überredet, mit uns zu kommen. Als sie hörten, daß Sophrona zu finden plötzlich doch möglich schien, waren viele neugierig. Die Bühnenarbeiter und Musiker hätte ich nur ungern gehen lassen, solange unser Mörder noch auf freiem Fuß war. Der lange Treck durch die Wüste bot eine letzte Chance, ihn aus seinem Versteck zu locken. Und so wurde Chremes’ Plan, ruhig nach Emesa zu ziehen, mit großer Mehrheit überstimmt. Selbst die riesigen Wassermühlen am Orontes und die sagenhafte Dekadenz Antiochias konnten gegen die Verlockung der Wüste, exotischer Seidenmärkte und die Aussicht auf die Lösung unserer mysteriösen Fälle nichts ausrichten.
    Ich bezweifelte inzwischen nicht mehr, daß ich die Lösung finden würde. Schließlich besaß ich eine Adresse in Palmyra, wo ich den Geschäftsmann finden würde, dessen Sohn mit der Wasserorgelspielerin durchgebrannt war. Wenn ich sie fand, würde ich auch Mittel und Wege finden, sie Thalia zurückzubringen. Habib schien da schon kräftig Vorarbeit geleistet zu haben. Falls es ihm gelang, sie von ihrem Freund zu trennen, würde ihr mein Angebot, zu ihrem alten Job in Rom zurückzukehren, bestimmt hochwillkommen sein.
    Was den Mörder betraf, war ich sicher, ihm ganz nah auf den Fersen zu sein. Vielleicht wußte ich im Grunde meines Herzens bereits, wer er war. Zumindest hatte ich nur noch zwei Verdächtige. Während mir zwar einleuchtete, daß einer der beiden unbeobachtet mit dem Stückeschreiber auf den Berg geklettert sein mochte, glaubte ich immer noch, daß er Ione unmöglich getötet haben konnte. Damit blieb nur der andere übrig – außer, ich konnte irgend jemandem eine Lüge nachweisen.
    Manchmal, wenn wir in den endlosen braunen Hügeln, wo der Wind so bedrohlich stöhnend über die sandigen Hänge fuhr, unser Lager aufschlugen, saß ich vorm Zelt und dachte über den Mörder nach. Selbst Helena gegenüber hatte ich seinen Namen noch nicht genannt. Aber im Verlauf der Reise gestattete ich mir mehr und mehr, ihm ein Gesicht zu geben.
    Man hatte uns gesagt, die Reise nach Palmyra würde vier Tage dauern. Das war die Zeit, die unsere Eskorte gebraucht hätte, per Kamel, und nicht behindert von Karren voller Requisiten und dem unbeholfenen Stolpern und den kleinen Unfällen maulender Amateure. Wir hatten darauf bestanden, unsere Wagen mitzunehmen. Die Palmyrer hatten uns eifrig zu überzeugen versucht, unsere Fahrzeuge zurückzulassen. Wir befürchteten einen Trick, damit ihre Kameraden die Wagen ausplündern konnten, sobald wir sie abgestellt und zurückgelassen hatten. Schließlich mußten wir einsehen, daß ihr Vorschlag gut gemeint war. Als Gegenleistung für die Bezahlung wollten sie uns einen guten Dienst erweisen. Ochsen und Maultiere brauchten für die Durchquerung der Wüste sehr viel länger als Kamele. Sie konnten weniger tragen und litten mehr unter der Hitze. Außerdem würden wir, wie uns unsere Führer netterweise erklärten, für jeden Karren, den wir nach Palmyra hineinbringen wollten, eine örtliche Sondersteuer bezahlen müssen.
    Wir sagten, da wir keine Händler wären, würden wir die Karren am Stadtrand zurücklassen. Das machte unsere Eskorte auch nicht glücklicher. Wir versuchten ihnen klarzumachen, daß ein Kamel mit zwei extrem großen Bühnenportalen (einschließlich der Türen) plus der Drehscheibe unserer Hebemaschine für fliegende Götter zu beladen, sich als schwierig erweisen könnte. Wir würden ohne die üblichen Transportmöglichkeiten für unser ganzes Drum und Dran nicht reisen. Am Ende schüttelten sie die Köpfe und gestanden uns unsere Verrücktheit zu. Exzentriker zu eskortieren, machte sie offenbar sogar stolz.
    Aber ihr Widerstand war durchaus vernünftig gewesen. Bald stöhnten wir, weil die Wagen sich in der sengenden Hitze so mühselig und langsam die abgelegene Straße entlangschleppten. Manchen von uns war es zwar erspart geblieben, zwischen vier Tagen Quälerei auf einem Kamelsattel oder vier Tagen zunehmender Blasen zu wählen, falls sie das Kamel zu Fuß führten. Aber je länger sich die Reise hinzog und je mehr wir unsere Zugtiere leiden sahen, desto verlockender wurde die von uns ausgeschlagene raschere Möglichkeit. Die Kamele speicherten Flüssigkeit, indem sie zu schwitzen aufhören – mit Sicherheit die einzige Beschränkung, die sie sich

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