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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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erscheint mit einer Gruppe Wanderschauspieler in der schönen Stadt Palmyra. Er entdeckt, daß Sophrona , eine lang gesuchte Ausreißerin, eine Affäre mit Khaleed , einem reichen Tunichtgut hat, dessen Vater darob vor Zorn schäumt; Falco muß tief in die Trickkiste greifen, wenn er das Problem lösen will. Derweilen dräut Gefahr aus einer unerwarteten Richtung, weil das Drama auf der Bühne lebensnaher wird, als die Mitspieler erwartet hatten …

LV
    Mein Bruder Festus hatte recht gehabt, was die Gefahren anging. Aber Festus war römischer Legionär, und daher waren ihm ein paar kuriose Bräuche entgangen. So basiert in der Wüste zum Beispiel alles auf der »Gastfreundschaft« gegenüber Fremden, daher gibt es nichts umsonst. Was Festus ausgelassen hatte, waren so kleine Dinge wie »freiwillige Abgaben«, die wir zu leisten hatten, um auf dem Weg durch die Wüste von den Palmyrern »beschützt« zu werden. Die Wüste ohne Geleitschutz zu durchqueren, wäre verhängnisvoll gewesen. Schließlich gab es Regeln. Der Oberboß in Palmyra hatte von Rom den Auftrag bekommen, die Handelsrouten zu sichern und bezahlte seine Miliz aus dem eigenen, gutgefüllten Geldsäckel, wie es sich für einen reichen Mann mit Bürgersinn ziemt. Er stellte also die Eskorte, und alle, die in den Genuß dieser Dienstleistung kamen, fühlten sich zu großem Dank verpflichtet. Wer diese Dienste jedoch ablehnte, konnte damit rechnen, überfallen zu werden.
    Die regulären Schutzmannschaften erwarteten uns ein paar Meilen nördlich von Damaskus, wo sich die Handelswege teilten. Sie lungerten hilfreich am Straßenrand herum und boten sich als Führer an, sobald wir nach rechts in Richtung Palmyra abbogen. Die Strafe für eine Weigerung auszurechnen, blieb uns überlassen. Auf unserem Weg boten wir ein leichtes Ziel für marodierende Nomadenstämme. Falls sie uns nicht auf Anhieb fanden, würde die zurückgewiesene Eskorte sie schnellstens informieren. Dieser Geleitschutzschwindel funktionierte in der Wüste bestimmt schon seit tausend Jahren, und eine kleine Theatertruppe mit sperrigem Gepäck war kaum geeignet, sich dieser lächelnd ausgeübten Erpressungstradition zu verweigern. Wir bezahlten. Wie allen anderen war uns bewußt, daß nach Palmyra zu gelangen, nur ein Teil unseres Problems war. Einmal dort, wollten wir auch gern wieder heil zurückkommen.
    Ich war schon früher am Rande des Imperiums gewesen. Hatte sogar seine Grenzen überschritten, als ich nichts Besseres zu tun hatte, als mein Leben für eine törichte Mission aufs Spiel zu setzen. Als wir jedoch weit nach Syrien hineinzogen, ergriff mich ein bisher nie so stark empfundenes Gefühl, daß wir es bald mit unbekannten Barbaren zu tun bekämen. In Britannien oder Germanien weiß man, was einen hinter der Grenze erwartet: weitere Briten oder Germanen, die einfach zu unerzogen sind, um sich zu unterwerfen, und deren Land zu unzugänglich, um es einzuzäunen. Jenseits von Syrien, das selbst knappe fünfzig Meilen nach der Grenze zur Wildnis wird, liegt das uneinnehmbare Parthien. Und dahinter erstrecken sich unerforschte Territorien, mysteriöse Königreiche, aus denen exotische Waren von verschwiegenen Männern auf fremdländischen Tieren transportiert werden. In Palmyra enden sowohl das Imperium wie auch die lange Handelsstraße, die aus jenen fernen Landen zu uns führt. Unser beider Welten treffen sich auf einem Markt, der wohl der exotischste der Welt ist. Sie bringen Ingwer und Gewürze, Stahl, Tinte und Edelsteine, aber hauptsächlich Seide; im Gegenzug verkaufen wir ihnen Glas und baltischen Bernstein, Kameen, Henna, Asbest und Menagerietiere. Für einen Römer, einen Inder oder Chinesen ist Palmyra das Ende der Welt.
    All das war mir theoretisch klar. Ich hatte für einen Jungen aus ärmlichen Verhältnissen recht viel gelesen, hatte allerdings auch Zugang zu den Bibliotheken Verstorbener gehabt, die mein Vater zur Versteigerung bekam. Außerdem hatte ich ein ungeheuer belesenes Mädchen dabei. Decimus Camillus hatte Helena stets literarische Werke beschafft (in der Hoffnung, selbst in dem einen oder anderen schmökern zu können, nachdem sie innerhalb eines Abends eine ganze Lade neuer Schriftrollen durchgelesen hatte). Ich wußte einiges über den Osten, weil mein Vater den Handel mit Luxusgütern aufmerksam beobachtete. Sie wußte davon, weil alles Ungewöhnliche sie faszinierte. Durch unser beider Wissen waren Helena und ich auf vieles, was auf uns zukam, vorbereitet.

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