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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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nie Schwierigkeiten, Marcus.« Schnell unterdrückte ich das aufsteigende Lachen. Nachdenklich fügte Helena hinzu: »Hast du Heimweh?«
    Wahrscheinlich hatte ich das, aber sie wußte, daß ich es nie zugeben würde. »Ich kann noch nicht heim. Unerledigtes ist mir zuwider.«
    »Und wie hast du vor, es zu Ende zu bringen?«
    Mir gefiel ihr Glaube an mich.
    Zum Glück konnte ich sofort etwas vorweisen, womit ich zumindest einen Auftrag auszuführen hoffte. Ich deutete auf eine nahegelegene Hauswand, um ihr meinen geschickten Schachzug vorzuführen. Helena inspizierte ihn. »Congrios Schrift wird immer besser.«
    »Er hat ja auch guten Unterricht genossen«, sagte ich. Sie sollte ruhig wissen, daß mir klar war, wer ihm das beigebracht hatte.
    Congrio hatte die übliche Werbung für die heutige Vorstellung von Der Strick gemalt. Daneben stand:
     
    HABIB
    (ROMREISENDER)
    DRINGENDE NACHRICHT:
    FRAGEN SIE NACH
    FALCO
    BEIM HERODESTHEATER
    SOFORTIGE KONTAKTAUFNAHME IST
    FÜR SIE VON GROSSEM VORTEIL
     
    »Wird er sich melden?« fragte Helena, die ein vorsichtiges Mädchen war.
    »Zweifellos.«
    »Wie kannst du so sicher sein?«
    »Thalia sagte, er sei Geschäftsmann. Er wird denken, da sei Geld zu holen.«
    »Was bist du doch für ein Schlaukopf.« sagte Helena.

LIV
    Die sich Habib nennenden Exemplare, die beim Theater nach Falco fragten, waren zahlreich und verkommen. Das war bei meinem Beruf nichts Ungewöhnliches. Damit hatte ich gerechnet. Ich stellte ihnen eine Reihe von Fragen, deren Antwort sie mit ein bißchen Geschick erraten konnten, und baute dann den üblichen Haken ein: »Haben Sie die kaiserliche Menagerie auf dem Esquilin besucht?«
    »Oh ja.«
    »Sehr interessant.« Die Menagerie liegt außerhalb der Stadt beim Prätorianerlager. Selbst in Rom wissen das nicht viele. »Verschwenden Sie meine Zeit nicht mit Lügen und Betrug. Machen Sie, daß Sie wegkommen.«
    Bald hatten sie kapiert und schickten ihre Freunde, die dann ein »Oh nein« als Antwort auf die Fangfrage versuchten; ein besonders Vorwitziger wollte mich sogar mit dem alten »Mag sein, mag aber auch nicht sein« aufs Kreuz legen. Schließlich, als ich schon meinte, der Trick habe versagt, funktionierte er doch noch.
    Am dritten Abend waren einige von uns, die sich plötzlich freiwillig als Garderobieren zur Verfügung gestellt hatten, eben dabei, den Musikerinnen beim Ausziehen für ihre halbnackten Auftritte in Das Mädchen aus Mykonos zu helfen. Im entscheidenden Moment wurde ich zu einem Besucher hinausgerufen. Hin- und hergerissen zwischen Schönheit und Pflichtgefühl, zwang ich mich zu gehen.
    Der lächerliche Zwerg, der mir vielleicht bei der Erfüllung von Thalias Auftrag helfen konnte, trug ein gestreiftes Hemd und hatte sich einen Hanfseilgürtel mehrfach um sein wenig beeindruckendes Klappergestell geschlungen. Er hatte schläfrige Augen und einen dämlichen Gesichtsausdruck. Auf seinem Kopf sprossen ein paar spärliche Haarbüschel wie auf einem alten Bettvorleger, der auch schon bessere Tage gesehen hat. Gebaut wie ein Junge, hatte er trotzdem ein erwachsenes Gesicht, das entweder durch ein Leben als Heizer permanent gerötet war oder aus berechtigter Furcht, bei seinen alltäglichen Freveltaten erwischt zu werden.
    »Sie sind Habib?«
    »Nein, Herr.« Das war wenigstens mal was anderes.
    »Hat er Sie geschickt?«
    »Nein, Herr.«
    »Haben Sie Schwierigkeiten mit dem Griechischen?« erkundigte ich mich trocken, da seine Ausdrucksmöglichkeiten beschränkt schienen.
    »Nein, Herr.«
    Ich hätte ihm gern gesagt, er sollte das »Herr« sein lassen, aber dann hätten wir uns nur noch schweigend angestarrt wie Siebenjährige an ihrem ersten Schultag.
    »Dann spucken Sie’s aus. Ich werde auf der Bühne zum Soufflieren gebraucht.« Ich wollte unbedingt den Busen der Panflötenspielerin sehen, der beinahe so erschreckend vollkommen zu sein versprach wie die hüpfenden Anhängsel einer gewissen Seiltänzerin, mit der ich’s in meiner Junggesellenzeit gehabt hatte. Aus rein nostalgischen Gründen wollte ich gern einen kritischen Vergleich anstellen. Wenn möglich, durch Maßnehmen.
    Ich fragte mich, ob mein Besucher nur gekommen war, um eine kostenlose Eintrittskarte zu ergaunern. Wie man sich denken kann, hätte ich ihm den Gefallen getan, nur um schnellstmöglich ins Theater zurückzukommen. Aber als Gauner war er furchtbar lahmarschig, also half ich ihm selbst nach. »Schauen Sie, wenn Sie einen Platz wollen, es gibt da immer noch ein

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