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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Sophrona über die Schulter schwingen und mit ihr abhauen sollte. Ein hübscher Trick, wenn er einem gelingt – was ich mit kleineren Frauen, auf heimatlichem Territorium, bei kühlerem Wetter durchaus schon fertiggebracht habe. Hier den Mann der Tat zu spielen, war nicht angebracht. Ich mußte auf die ausgefeilteren Künste eines römischen Ermittlers zurückgreifen: blanke Lügen.
    »Ich verstehe Ihr Problem, und ich fühle mit Ihnen. Vielleicht kann ich Ihnen sogar helfen …« Die Schnuckelchen waren ganz begeistert. Ich wurde als der klassische, gewitzte Gauner akzeptiert, sie fragten weder nach Alibi oder nach einer Erklärung für meine Rolle in Palmyra. Ich hätte der schlimmste Zuhälter aus Korinth sein können oder ein Vormann, der Zwangsarbeiter für eine spanische Kupfermine rekrutierte. Allmählich wurde mir klar, warum die Sklavenmärkte und Bordelle immer so voll waren.
    Ich wühlte in meiner Börse nach ein paar der Knochenscheibchen, die wir als Freikarten benutzten. Dann sagte ich Khaleed, er solle Ausschau nach Wandanschlägen halten, die eine Vorstellung von Chremes und seiner Truppe ankündigten und dann seine Eltern zu diesem Theaterbesuch einladen. Sophrona sollte die gleiche Vorstellung besuchen.
    »Was wollen Sie denn für uns tun?«
    »Na, es ist doch klar, was ihr braucht. Euch verheiraten, natürlich.«
     
    Dieses wilde Versprechen konnte sich als Fehler erweisen. Thalia würde wütend sein. Selbst wenn es mir gelänge – was höchst unwahrscheinlich war –, wußte ich, daß Thalia nicht vorhatte, ihr kostspielig ausgebildetes Produkt einem hirnlosen Knaben irgendwo am Rande des Imperiums zu überlassen. Thalia träumte ausschließlich davon, Rom mit erstklassiger Unterhaltung zu versorgen – Unterhaltung, die sie sowohl besaß als auch kontrollierte.
    Man muß sein Bestes tun. Ich mußte alle Beteiligten an einem Ort zusammenbringen. Der Eingebung des Augenblicks folgend, schien das die einzige Möglichkeit.
    Wenn ich ihnen hätte sagen können, was an dem Abend im Theater geschehen würde, wären Sie zweifellos auch gekommen.
    Freikarten wären ebenfalls unnötig gewesen.

LXIV
    Ich kam so spät zum Lager zurück, daß Helena und Thalia das Warten aufgegeben hatten und bereits beim Essen saßen. Chremes und Phrygia waren ebenfalls da. Weil sie nur einfach so vorbeigekommen waren, langten der Direktor und seine Frau nur vorsichtig zu, obwohl Helena sie bestimmt gebeten hatte, sich ordentlich zu bedienen. Um ihnen die Peinlichkeit zu ersparen, mehr zu wollen, als sie zu nehmen wagten, aß ich die Schalen selbst leer. Mit einem Stück Sesambrot kratzte ich alle Überreste in eine Schüssel mit eingelegten Gürkchen und aß gleich daraus. Helena warf mir einen tadelnden Blick zu. Ich tat so, als würde ich daraus schließen, daß sie noch Hunger hätte, hob ein gefülltes Weinblatt aus meiner überquellenden Schüssel und legte es ihr auf den Teller. »Entschuldige die Finger.«
    »Da gibt es noch einiges mehr zu entschuldigen!« sagte sie, aß das Weinblatt aber trotzdem.
    »Du hast einen Krümel am Kinn.«
    »Du hast ein Sesamkorn auf der Lippe.«
    »Du hast einen Pickel an der Nasenspitze …«
    »Ach, halt doch die Klappe, Marcus!«
    Der Pickel war gelogen. Ihre Haut war bleich, aber rein und von gesundem Aussehen. Ich war nur einfach froh, daß Helena das Fieber überwunden hatte und wieder soweit erholt war, daß ich sie necken konnte.
    »Einen erfolgreichen Tag gehabt?« erkundigte sich Thalia. Sie war schon vor meiner Ankunft mit dem Essen fertig gewesen; für eine so große Frau aß sie nur wenig. Thalia bestand mehr aus Muskeln und Sehnen, als ich mir eingestehen mochte.
    »Nicht übel. Ich habe deine Turteltäubchen gefunden.«
    »Und wie lautet das Urteil?«
    »Sie ist so aufregend wie eine abgetretene Fußmatte. Er hat den Verstand einer Dachlatte.«
    »Das paßt ja gut!« meinte Helena und fummelte verstohlen auf der Suche nach dem Pickel an ihrer Nase herum.
    »Ich denke, Sophrona ist diejenige, die das Ganze zusammenhält.« Thalia dachte offensichtlich, wenn dem so war, bräuchte sie ihm Sophrona nur zu entreißen und die Sache wäre geritzt.
    Sophrona von ihrem Opfer loszueisen, würde schwierig werden. »Sie will das reiche Jüngelchen wirklich haben. Ich habe versprochen, ihnen zur Heirat zu verhelfen.« Besser, man gestand gleich, und hatte den Sturm möglichst bald hinter sich.
    Die beiden Frauen waren ganz aufgebracht, und ich konnte mein Mahl in Ruhe beenden,

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