Letzter Akt in Palmyra
während sie mich zur Schnecke machten. Doch Helena und Thalia waren vernünftige Frauen. Ihre Empörung ebbte bald ab.
»Er hat recht. Wenn man sie zusammenspannt …«
»… wird das nie halten.«
Wenn es doch hielt, hatten die beiden uns übertölpelt. Augenscheinlich war ich jedoch nicht der einzige hier, der so zynisch über die Ehe dachte, daß ein glückliches Ende gar nicht in Frage kam.
Da eine der Anwesenden diejenige war, die ich zu heiraten gedachte, sobald ich sie überreden konnte, den Ehekontrakt zu unterschreiben, war das etwas beängstigend.
Chremes und Phrygia hatten unseren häuslichen Tumult mit distanzierter Miene zugeschaut. Mir ging auf, daß sie uns vielleicht über unseren nächsten Auftritt informieren wollten. Wenn sie schon zu zweit kamen, um mit mir über das Stück zu sprechen, versprach das härtere Arbeit zu werden, als ich sie mir in diesem Stadium unserer Reise zumuten mochte. Da Palmyra wahrscheinlich das Ende unserer Zusammenarbeit sein würde, hatte ich gehofft, es hier etwas leichter nehmen zu können, das Publikum mit irgendeinem kleinen Schwank einzulullen, den ich vor langem überarbeitet hatte, und es mir in der Oase gemütlich zu machen. Oder den Leuten sogar Helenas hervorragend modernisierte Version der Vögel vorzusetzen. Die neo-babylonische Extravaganz würde den Palmyrern in ihren bestickten Hüten und Hosen bestimmt gefallen. (Ich klang schon wie ein alter, heuchlerischer Kritiker; wurde Zeit, daß ich meinen Posten abgab!)
Da Chremes und Phrygia so stumm blieben, war es an Helena, das Thema unseres nächsten Auftritts anzuschneiden.
»Ja, ich habe was festmachen können.« Die Zurückhaltung in Chremes’ Stimme versprach nichts Gutes.
»Na, prima«, ermutigte ich ihn.
»Ich hoffe, Sie meinen das ernst …« Immer noch diese Zurückhaltung. Sofort kam mir der Verdacht, daß ich nicht seiner Meinung sein würde. »Es gibt nur ein kleines Problem …«
»Er meint, eine totale Katastrophe«, berichtigte ihn Phrygia. Eine schonungslose Frau. Ich bemerkte, daß Thalia sie mit einer gewissen Boshaftigkeit musterte.
»Nein, nein!« blubberte Chremes. »Wir können nur das städtische Theater nicht bekommen. Na ja, es entspräche auch sowieso nicht unserem gewohnten Standard …«
»Ach, sieh an«, meinte ich finster. »Außer in Damaskus haben wir doch fast nur in miesen Löchern mit ein paar Holzbänken darum gespielt. Dann muß das hier ja ziemlich furchtbar sein.«
»Oh, die Stadt hat wohl Pläne, was Besseres zu bauen, Falco!«
»Jeder in Syrien hat Pläne!« schnaubte ich. »In zwanzig oder dreißig Jahren wird diese Provinz der Traum jeder Theatertruppe sein. Eines Tages werden sie perfekte Akustik, majestätische Bühnenarchitektur und überall Marmor haben. Leider können wir nicht so lange warten!«
»Tja, das ist typisch!« stimmte Chremes zu. Er wirkte heute abend noch niedergeschlagener als ich und betete uns sein ganzes Elend vor. »So ist es überall – selbst in Rom. Die Schauspielkunst ist dem Untergang geweiht. Meine Truppe hat versucht, das Niveau zu heben, aber es läßt sich nicht leugnen, daß es unsere Art der Theateraufführungen bald nicht mehr geben wird. Wir können von Glück sagen, wenn die Stücke noch von einem Haufen Amateure, die auf Klappstühlen im Kreis sitzen, als Lesung aufgeführt werden. Heutzutage wollen die Leute ihr Geld doch nur noch für Mimen und Musikpossen ausgeben. Um das Haus vollzukriegen, muß man ihnen nackte Frauen, lebende Tiere und Menschenopfer vorführen. Das einzige Stück mit garantiertem Erfolg ist der verdammte Laureolus. «
Laureolus ist das dämliche Ding mit dem Banditen, der im letzten Akt gekreuzigt wird – traditionsgemäß wird so Platz im örtlichen Gefängnis geschaffen, indem man einen echten Kriminellen zur Verfügung stellt.
Helena meinte vermittelnd: »Was ist denn los, Chremes? Sie sind doch normalerweise so optimistisch.«
»Zeit, den Tatsachen ins Auge zu schauen.«
»Dafür war es vor zwanzig Jahren schon Zeit.« Phrygia war noch trübsinniger als ihr verhaßter Gatte.
»Warum können Sie das Theater nicht bekommen?« beharrte Helena.
Chremes seufzte schwer. »Die Palmyrer sind nicht daran interessiert. Sie benutzen das Theater für öffentliche Zusammenkünfte. Das behaupten sie zumindest; ich glaube ihnen nicht. Entweder liegt ihnen nicht an Unterhaltung oder sie mögen unser Repertoire nicht. Reich zu sein, ist keine Garantie für Kultur. Diese Leute sind unter all dem
Weitere Kostenlose Bücher