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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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teilte mir Chremes eifrig mit.
    »Das bezweifle ich.« Ich würde noch heute abend den Ochsenkarren beladen und nach Damaskus zurückfahren. »Sie werden merken, daß das der Punkt ist, wo ich von der Bildfläche verschwinde.«
    »Hören Sie zu, Marcus Didius. Unsere Idee wird Ihnen gefallen.« Auch das bezweifelte ich. »Ich habe mit den anderen gesprochen, und wir sind alle der Meinung, daß wir die Aufmerksamkeit der Soldaten nur mit etwas Kurzem, Leichtem, Dramatischem und vor allem total Andersartigem halten können.«
    »Na und?« fragte ich und überlegte, warum Helena plötzlich hinter ihrer Stola kicherte.
    Chremes für sein Teil schien zu erröten. »Darum haben wir uns gefragt, ob Sie wohl einverstanden wären, wenn wir Ihr berühmtes Geisterstück spielen würden?«
     
    So kam es, daß meine elegante Schöpfung Der redselige Geist an einem heißen Augustabend im Amphitheater der römischen Garnison von Palmyra seine einzige Aufführung erlebte. Wenn Sie sich etwas Schlimmeres vorstellen können, würde ich das gern erfahren. Die Soldaten kamen übrigens nur, weil man ihnen gesagt hatte, daß sie danach einen schlüpfrigen Schlangentanz zu sehen bekämen.
    Sie bekamen mehr zu sehen, als sie zu hoffen gewagt hatten. So ging es letztlich uns allen.

LXV
    Zunächst mußten wir mal das Problem bewältigen, daß wegen des Spotts, den ich für meine Idee geerntet hatte, ein Großteil des Stückes noch gar nicht geschrieben war. Alle Autoren kennen das flaue Gefühl im Magen, wenn das fertige Produkt zu einem Abgabetermin verlangt wird, den man unmöglich einhalten kann … Aber inzwischen war ich so sehr Profi, daß mich das bloße Fehlen eines Skripts völlig unbeeindruckt ließ. Wir wollten, daß das Drama Tempo und Biß hatte; was war da besser als Improvisation?
    Ich erfuhr bald, daß mein Stück nicht den ganzen Abend tragen mußte: Thalias Wanderzirkus hatte uns eingeholt.
    Als erstes fiel mir das Löwenbaby auf, das plötzlich in unser Zelt getapst kam. Es war süß, aber ein wenig unbeholfen und so stürmisch, daß es beängstigend war. Nachfragen ergaben zusätzliche Wagen. Einer bestand aus zwei zusammengekoppelten Karren, auf denen ein massives, in Häute und Planen gehülltes Gebilde dräute. »Was ist das?«
    »Eine Wasserorgel.«
    »Du hast keine Organistin!«
    »Die beschaffst du mir ja, Falco.«
    Ich wand mich. »Darauf würde ich mein Geld nicht verwetten …«
    Unter den Neuankömmlingen befanden sich ein oder zwei zwielichtige Gestalten aus Thalias Truppe in Rom. »Mein Tanzpartner ist jetzt auch da«, sagte Thalia; die berühmte Schlange, die sie »ihren Großen« nannte.
    »Wo ist denn Zeno?«
    »Bei meinem neuen Schlangenwärter.« Sie klang, als wisse sie etwas, von dem wir keine Ahnung hatten. »Willst du ihn sehen?«
    Wir folgten ihr zu einem Wagen am anderen Ende des Lagers. Das Löwenbaby tapste hinter uns her. »Was ist für das Halten einer Schlange erforderlich?« erkundigte sich Helena unterwegs höflich und behielt das Löwenbaby vorsichtig im Auge.
    »Mäuse zu fangen oder auch Größeres, und sie nach Möglichkeit lebend in den Korb zu stecken. Ein großer Python hat einen kräftigen Appetit. In Rom hatte ich einen ganzen Trupp Jungs, die mir Ratten brachten. Sie sahen gern zu, wenn was Großes verschluckt wurde. Als dann haufenweise Katzen von den Straßen des Quirinals verschwanden, gab es Ärger. Die Leute wunderten sich, wieso ihre Miezen alle plötzlich weg waren … Zeno hat mal einen jungen Strauß verschluckt, aber das war ein Versehen.«
    »Wie kann jemand aus Versehen einen ganzen Strauß verschlucken?« fragte ich lachend.
    »Oh, für Zeno war das kein Versehen!« Thalia grinste. »Damals war Fronto noch der Zirkusbesitzer. Er war außer sich vor Wut.« Frontos Menagerie war bekannt dafür, daß ihre Insassen manchmal in der Wahl ihrer Mahlzeiten etwas ungeschickt waren. Fronto war schließlich selbst zu einer geworden. Thalia hing immer noch Erinnerungen nach. »Abgesehen von den herumfliegenden Federn, war es am schlimmsten, den langen Hals verschwinden zu sehen … und dann mußten wir auch noch den tobenden Fronto beruhigen. Wir konnten ja kaum so tun, als sei nichts passiert, wo das Ding doch mit dem Kopf voran in Zeno hineinglitt und die Beine noch raushingen. Und natürlich machen Pythons das nicht immer, aber nur, um Fronto nochmal deutlich daran zu erinnern, spie Zeno hinterher alle Knochen wieder aus.«
    Helena und ich schluckten immer noch, als wir in den

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