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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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dann schwirrte ich ab, um mich nach Thalias Maid umzuhören, nachdem ich Musa zuvor ans Herz gelegt hatte, das Heiligtum nicht ohne mich zu verlassen.
    Die Nachforschungen erbrachten nichts. Keiner hatte von Sophrona oder Habib gehört; die meisten der Befragten behaupteten, ebenfalls Fremde zu sein. Als meine Füße genug hatten, schlurfte ich zurück zum Tempel. Musa unterhielt sich immer noch, also winkte ich ihm zu und ließ mich im schönen ionischen Portikus nieder. Nach seiner plötzlichen Abreise aus Petra gab es vermutlich dringende Botschaften, die Musa heimschicken wollte: an seine Familie, seine Mitpriester aus dem Gartentempel am Berg, und vielleicht auch an den Bruder. Auch an mir nagten Schuldgefühle; es war wohl an der Zeit, meiner Mutter mitzuteilen, daß ich noch lebte. Musa mochte das gleiche empfinden. Möglicherweise hatte er sich bereits in Bostra nach einem Boten umgesehen, aber ich hatte nichts dergleichen entdeckt. Das hier konnte seine erste Gelegenheit sein. Also ließ ich ihn reden.
    Als Helfer kamen, um die Tempellampen zu entzünden, merkten wir beide, daß wir jedes Zeitgefühl verloren hatten. Musa riß sich von seinen Landsleuten los. Er kam und hockte sich zu mir. Ich spürte, daß ihn etwas beschäftigte.
    »Alles in Ordnung?« Ich gab meiner Stimme einen neutralen Klang.
    »Oh ja.« Er hatte es gern geheimnisvoll.
    Musa zog den Zipfel des Tuches, das er um den Kopf geschlungen hatte, über sein Gesicht und faltete die Hände. Wir starrten beide hinaus auf den Tempelgrund. Wie in jedem anderen Heiligtum war der Temenos voll mit devoten alten Weiblein, die lieber mit einem steifen Würzwein zu Hause sitzen sollten, Schwindlern, die religiöse Statuetten verkauften, und Männern, die nach Touristen Ausschau hielten, um ihnen ihre Schwester für die Nacht anzubieten. Eine friedliche Szene.
    Ich hatte auf den Tempelstufen gesessen. Jetzt veränderte ich meine Position ein wenig, um Musa besser anschauen zu können. Unter seiner förmlichen Kopfbedeckung konnte ich nur seine Augen sehen, die aufrichtig und intelligent wirkten. Eine Frau mochte ihren dunklen, unergründlichen Blick romantisch finden. Ich beurteilte Musa nach seinem Verhalten. Ich sah einen schlanken und zähen Mann, geradeheraus in seiner Art, doch wenn sein Blick geistesabwesend wurde, fiel mir ein, daß er mit uns gekommen war, weil er meinte, der Bruder hätte es ihm befohlen.
    »Sind Sie verheiratet?« Durch die Art, wie er sich uns angeschlossen hatte, als Aufpasser des Bruders, waren wir nie dazu gekommen, alltägliche Fragen zu stellen. Und obwohl wir zusammen gereist waren, wußte ich auf diesem Gebiet immer noch nichts von ihm.
    »Nein«, erwiderte er.
    »Irgendwelche Pläne?«
    »Eines Tages vielleicht. Es ist gestattet!« Mit einem Lächeln hatte er meine Neugier über sexuelle Bedingungen für Dushara-Priester kommentiert.
    »Das freut mich zu hören!« Ich grinste zurück. »Familie?«
    »Eine Schwester. Wenn ich nicht am Hohen Opferplatz bin, wohne ich in ihrem Haus. Ich habe ihr Nachricht über meine Reise zukommen lassen.« Er klang fast entschuldigend. Vielleicht dachte er, ich fand sein Verhalten verdächtig.
    »Gut!«
    »Und ich habe eine Botschaft an Shullay geschickt.«
    Wieder fiel mir ein seltsamer Unterton in seiner Stimme auf, doch ich wußte nicht, warum. »Wer ist Shullay?«
    »Der Älteste meines Tempels.«
    »Der alte Priester, den ich bei Ihnen gesehen habe, als ich hinter dem Mörder herjagte?«
    Er nickte. Die Nuance in seiner Stimme mußte ich geträumt haben. Er war einfach ein Untergebener, der sich Sorgen darüber machte, wie er einem skeptischen Vorgesetzten erklären sollte, warum er sich vor seinen Pflichten drückte.
    »Es war auch eine Botschaft für mich da«, brachte er heraus.
    »Wollen Sie sie mir erzählen?«
    »Sie kommt vom Bruder.« Mein Herz machte einen Satz. Die Dekapolis stand unter römischer Oberherrschaft, doch die Städte hatten sich ihren unabhängigen Status bewahrt. Ich war mir nicht sicher, was geschehen würde, wenn die Nabatäer versuchen sollten, Helena und mich ausweisen zu lassen. Man mußte realistisch bleiben: Gerasas Prosperität hing von Petra ab. Wenn Petra es verlangte, würde Gerasa gehorchen.
    »Der Bruder weiß, daß Sie hier sind, Musa?«
    »Er hat die Botschaft geschickt, falls ich herkommen sollte. Die Botschaft lautet«, enthüllte Musa mit einiger Schwierigkeit, »daß ich nicht länger bei Ihnen bleiben muß.«
    »Ach!« sagte ich.
    Er

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