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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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wütend und angstvoll.
    Als ich sie sah, ließen mich meine Nerven im Stich. Ich wollte nicht, daß sie mich in einer gefährlichen Situation erlebte. Ich versuchte, Grumio zu warnen. Unsere Augen trafen sich. Seine waren voller Boshaftigkeit, bar jeder Moral. Der Wedel flatterte, der Ball folgte.
    Dann warf Grumio das Messer.

XXVIII
    Ich fing es auf. Am Griff natürlich.

XXIX
    Warum so überrascht?
    Jeder, der fünf Jahre Soldat und eingepfercht in ein eisiges Fort an einer Flußmündung im westlichen Britannien war, hatte sich im Messerwerfen versucht. Es gab sonst nichts zu tun. Frauen waren nicht vorhanden, und wenn doch, dann waren sie nur darauf aus, sich einen Zenturio zu angeln. Damespiele wurden nach hundert Nächten mit der ewig gleichen Strategie langweilig. Wir badeten, aßen, tranken, einige trieben’s miteinander, wir schrien Beleidigungen in den Nebel, falls irgendwelche britannischen Homunkuli zuhörten, und dann – da wir junge Burschen waren, tausend Meilen von unseren Müttern entfernt – versuchten wir natürlich, uns gegenseitig mit Messerwerfen umzubringen.
    Ich kann Messer fangen. In Britannien war ein nach mir geworfenes Messer zu fangen, nachdem ich mich umgedreht hatte, meine Spezialität gewesen. Als ich zwanzig war, schaffte ich das auch im Vollrausch. Sogar besser betrunken als nüchtern, und wenn nicht betrunken, dann mit den Gedanken bei einem Mädchen.
    Jetzt waren meine Gedanken bei einem Mädchen.
     
    Ich steckte mein Messer in den Stiefel zurück – in seine Scheide. Die Menge pfiff begeistert. Ich sah Helena, die nach wie vor reglos dastand. Musa versuchte verzweifelt, sich zu ihr durchzudrängen.
    Grumio war am Flattern. »Tut mir leid, Falco. Ich wollte den Spielknöchel werfen. Sie haben mich durcheinandergebracht, als Sie sich bewegten …« Mein Fehler also! Der Kerl war ein Idiot. Grumio hatte sich vor der frenetisch klatschenden Menge tief verbeugt. Als er sich aufrichtete, blickten seine Augen verschwommen. Er war außer Atem, wie ein Mann, der einen üblen Schock hinter sich hat. »Bei allen Göttern, Sie wissen, daß ich Sie nicht umbringen wollte!«
    »Nichts passiert.« Ich klang sehr ruhig. Möglicherweise war ich es auch.
    »Wollen Sie den Hut für mich rumreichen?« Er hielt mir seine Sammelkappe hin, eine dieser wollenen phrygischen Angelegenheiten, die vornüberkippen, als würde man eine Socke auf dem Kopf tragen.
    »Hab was anderes zu tun …« Ich verschwand in der Menge und überließ es dem Clown, die Situation zu retten.
    Als ich mich durchschlängelte, nahm er seine Nummer wieder auf. »Tja, das war aufregend. Vielen Dank, Marcus! Was für ein Kerl … Nun denn, jemand hier aus Capitolias?«
    Musa und ich erreichten Helena gleichzeitig. »Olympus! Was ist los?« Ich blieb wie angewurzelt stehen.
    Musa hörte den drängenden Ton in meiner Stimme und zog sich ein wenig zurück.
    Eine seltsame Stille umgab sie. Da ich sie am besten kannte, hatte ich es sofort bemerkt, aber auch unser Freund sah bald, wie erregt sie war. Das hatte nichts mit Grumios Auftritt zu tun. Helena war gekommen, weil sie mich suchte. Zunächst war sie unfähig, mir zu sagen, warum. Mir schossen die schlimmsten Vermutungen durch den Kopf.
    Musa und ich nahmen an, daß sie angegriffen worden war. Sanft aber schnell zog ich sie in eine ruhige Ecke. Mein Herz klopfte wie wild. Sie wußte das. Nach ein paar Schritten hielt sie mich an. »Mir fehlt nichts.«
    »Meine Liebste!« Ich schloß sie in die Arme, einmal den Parzen wirklich dankbar. Mein Gesicht muß kreidebleich gewesen sein. Sie legte kurz den Kopf auf meine Schulter. Musa stolperte weg, wollte uns allein lassen. Ich schüttelte den Kopf. Es gab immer noch ein Problem. Vielleicht benötigte ich seine Hilfe.
    Helena sah auf. Ihr Gesicht war angespannt, obwohl sie sich wieder unter Kontrolle hatte. »Marcus, du mußt mitkommen.«
    »Was ist passiert?«
    Sie war voller Schmerz und Trauer. Aber es gelang ihr, herauszupressen: »Ich war mit Ione an den Maiuma-Becken verabredet. Als ich hinkam, lag sie im Wasser. Sie scheint ertrunken zu sein.«

XXX
    Am meisten erinnere ich mich an die Frösche.
    Wir hatten einen Ort betreten, dessen ruhige Schönheit die Seele hätte betören sollen. Am Tage war der heilige Ort sicher von Sonnenlicht und Vogelgezwitscher durchflutet. Bei Einbruch der Dunkelheit verstummten die Vögel, während rund um die immer noch durchwärmten Gewässer Hunderte von Fröschen einen Chor anstimmten, der in

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