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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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gefühlt haben mußte.
    Wir schauten alle düster vor uns hin. Unsere eigene Situation schien dem auf fatale Weise zu ähneln. Unsere bemühten kleinen Dramen waren kaum geeignet, in Gerasa die Massen anzuziehen, einer Stadt, wo die Bevölkerung ihr eigenes unzüchtiges Planschvergnügen, das phönizische Maiuma, in Szene setzte, um ruhige Abende zu überbrücken. Außerdem hatten wir bereits die Straßenkünstler gesehen und wußten, daß Gerasa über Unterhaltung verfügte, die zweimal so ungewöhnlich und dreimal so laut war wie unsere, und das zum halben Preis.
    Statt über unser Dilemma nachzugrübeln, schlenderte einer nach dem anderen davon.
    Grumio saß nach wie vor in unserer Nähe. Ich fing ein Gespräch mit ihm an. Wie immer, wenn es so aussieht, als würde man eine tiefschürfende literarische Unterhaltung führen, lassen einen die Gefährten im Stich. Ich wollte mehr über das Stück erfahren, das wir nie erwähnten, und fand rasch heraus, daß Grumio ein profundes Wissen über Theatergeschichte besaß. Ja, er erwies sich als recht interessanter Mann.
    Grumio war leicht abzutun. Sein rundes Mondgesicht konnte als Zeichen von Einfältigkeit gedeutet werden. Seine Rolle als Dämlicherer der beiden Clowns hatte ihn auf der Bühne wie im Leben an die zweite Stelle gezwungen. Dabei war er hochintelligent, und außerdem professionell. Jetzt, da ich ihn allein erwischt hatte, ohne die lärmende Brillanz Tranios, erfuhr ich, daß er sich als Vertreter eines uralten und ehrenwerten Gewerbes betrachtete.
    »Wie sind Sie dazu gekommen, Grumio?«
    »Das ist zum Teil vererbt. Ich folge meinem Vater und Großvater nach. Armut kommt auch dazu. Wir haben nie Land besessen, nie einen anderen Beruf gekannt. Alles, was wir hatten – eine kostbare Gabe, die den meisten Menschen abgeht, war unser natürlicher Witz.«
    »Und davon können Sie leben?«
    »Heutzutage nicht mehr so leicht. Darum habe ich mich ja auch einer Theatertruppe angeschlossen. Meine Vorfahren mußten nie so leiden. Früher waren Männer, die andere zum Lachen brachten, unabhängig. Sie zogen durch die Lande und verdienten sich ihre Mahlzeiten mit ihren verschiedenen Fähigkeiten – Taschenspielertricks und Akrobatik, Rezitationen, Tanz –, doch vor allem mit einem unerschöpflichen Repertoire von Witzen. Mein Vater brachte mir das Akrobatische bei, und natürlich erbte ich das in sechzig Jahren gesammelte Repertoire von Witzen. An Chremes’ Haufen, an festgelegte Texte gebunden zu sein, ist für mich ein Abstieg.«
    »Aber Sie spielen gut«, versicherte ich ihm.
    »Ja, aber es ist langweilig. Dem Ganzen fehlt die Würze, von seiner Gewitztheit leben zu müssen; Sprüche aus dem Stand zu erfinden; die passende Erwiderung zu improvisieren; die perfekte Pointe auszuspucken.«
    Diese neue Seite an unserem Bauerntölpel faszinierte mich. Er war ein wesentlich aufmerksamerer Schüler seiner Zunft, als ich gedacht hatte. Ihn für einen Narren zu halten, nur weil er einen spielte, war mein eigener Fehler. Jetzt wurde mir klar, wieviel Respekt und Verehrung Grumio für die Darstellung von Humor empfand; selbst für unsere scheußlichen Komödien feilte er an seinem Spiel herum, obwohl er sich die ganze Zeit nach Besserem sehnte. Für ihn waren die alten Witze wirklich die besten – besonders, wenn er sie in neue Form brachte.
    Diese Hingabe bedeutete, daß er eine vielschichtige, tiefgründige Persönlichkeit besaß. Er war viel mehr als nur der schläfrige Typ, der auf Mädchen und Wein aus war und Tranio sowohl in der Freizeit als auch bei den meist ermüdenden Stücken die Führung überließ. Unter der mit ziemlicher Leichtigkeit getragenen Maske war Grumio ein eigenständiger Mann. Humor zu vermitteln, ist eine einsame Kunst. Sie verlangt eine unabhängige Seele.
    Ein informeller Alleinunterhalter bei formellen Gelagen zu sein, schien mir eine nervenaufreibende Art, sein Geld zu verdienen. Aber wenn das jemand konnte, hätte ich vermutet, daß er als Satiriker viel zu tun hatte. Ich fragte Grumio, warum er sich mit weniger zufrieden gab.
    »Keine Nachfrage. Zu Zeiten meines Vaters und Großvaters hätte ich zum Leben nichts anderes gebraucht als Mantel und Schuhe, Ölflasche und Schabeisen, einen Becher und ein Messer für die Mahlzeiten und eine kleine Geldbörse für meine Einkünfte. Jeder, der das nötige Kleingeld besaß, bat einen wandernden Possenreißer mit Freuden herein.«
    »Klingt wie ein vagabundierender Philosoph.«
    »Ein Zyniker«,

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