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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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einen Bauernhof entstehen, ein Tier nach dem anderen, am Anfang langsam, dann wechselte er zu kleinen Dialogen zwischen ihnen, bis zum Schluß ein einziges Durcheinander entstand, als alle gleichzeitig grunzten, krähten und muhten. Als Höhepunkt führte er den Bauern vor – dargestellt durch einen besonders ordinären menschlichen Furz.
    »Was für ein Schwein … He, Marcus!« Musa packte mich am Arm, doch es war bereits zu spät. Grumio mußte uns schon vorher entdeckt haben, hatte aber wohl vor, nun mich zum Gespött zu machen. »Das ist mein Freund Marcus. Komm her, Marcus! Hilf mir mal.« Im Umgang mit den nervösen freiwilligen Helfern hatte sich ein Ritual entwickelt; man griff nach mir, sobald ich identifiziert worden war, und beförderte mich nach vorn, ohne daß ich mich wehren konnte. »Hallo, Marcus.« Grumio war von der Tonne gesprungen und begrüßte mich mit gesenkter Stimme, aber seine Augen zwinkerten boshaft. Ich fühlte mich wie ein Hering kurz vor dem Filetieren. »Marcus wird mir bei meinem nächsten Trick helfen. Bleib einfach hier stehen. Und hör auf, ein Gesicht zu machen, als hättest du dir in die Hose gepißt.« Er drehte mich zum Publikum um. Gehorsam schaute ich so blöd wie möglich. »Meine Damen und Herren, ich erbitte Ihre Aufmerksamkeit für diesen jungen Mann. Er sieht nach nichts aus, aber seine Freundin ist eine Senatorentochter. So steif, daß, wenn sie Sie-wissen-schon-was machen wollen, er ihr einfach einen Tritt gegens Schienbein versetzt und sie, platsch, auf den Rücken fällt …«
    Jedem anderen hätte ich für soviel Respektlosigkeit Helena gegenüber das Genick gebrochen. Aber ich saß in der Falle. Ich konnte es nur schweigend über mich ergehen lassen, während die Menge die Spannung spürte. Sie mußten gesehen haben, wie ich rot anlief. Wenn Grumio das nächste Mal über die Geschichte des Humors diskutieren wollte, würde ich ihm ein paar saftige neue Wörter beibringen.
    Doch zuerst mußte ich hier rauskommen.
     
    Wir begannen mit Zaubertricks. Ich war natürlich der dämliche Handlanger. Ich hielt Tücher, aus denen hölzerne Eier verschwanden, nur um an Stellen meines Körpers wieder aufzutauchen, die das Publikum zu Lachstürmen hinriß – ein ordinäres Pack. Mir wurden Federn hinter dem Ohr hervorgezogen und bemalte Knochenstückchen aus den Ärmeln. Schließlich tauchten vier Bälle auf eine Art auf, die mich immer noch rot werden läßt, und wir waren bereit fürs Jonglieren.
    Er machte das sehr gut. Mir wurde ein kurzer, improvisierter Unterricht erteilt, und dann bezog mich Grumio von Zeit zu Zeit mit ein. Wenn ich den Ball fallen ließ, erntete ich Gelächter, weil ich so bescheuert wirkte. Fing ich ihn, brüllten die Leute über mein Erstaunen. Ich fing sogar eine ganze Menge. Das war Absicht und lag an Grumios hervorragender Wurftechnik.
    Dann wurden die Bälle einer nach dem anderen ausgetauscht: durch einen Spielknöchel, einen Wurfring, einen anderen Ball, einen Fliegenwedel und einen Becher. Nun wurde es wesentlich schwieriger, und ich nahm an, daß ich entlassen war. Doch plötzlich beugte sich Grumio herunter; mit einer fließenden Bewegung hatte er mein Messer herausgezogen, das in meinem Stiefel versteckt war. Jupiter allein mochte wissen, wie er das entdeckt hatte. Er mußte ein verdammt genauer Beobachter sein.
    Ein Aufstöhnen ging durch die Menge. Zum Entsetzen aller lag das Messer ohne Scheide in seiner Hand.
    »Grumio!« Er hörte nicht auf. Alle konnten sehen, wie gefährlich es war; sie dachten, es wäre Absicht. Die Klinge aufblitzen zu sehen, als er sie in die Luft warf, war schlimm. Dann warf er mir wieder Sachen zu. Die Menge, die über mein Erstaunen beim Auftauchen des Messers gelacht hatte, beugte sich jetzt stumm vor. Ich war starr vor Angst, daß er sich die Hand abhacken würde; die Menge hoffte, er würde die nackte Klinge nach mir schleudern.
    Es gelang mir, den Wurfring und den Becher zu fangen und zurückzuwerfen. Als nächstes erwartete ich das Knochenstück oder den Fliegenwedel und dachte, danach würde Grumio das Ganze zu einem eleganten Ende bringen. Der Mistkerl zögerte den letzten Augenblick hinaus. Schweiß brach mir aus allen Poren, während ich mich zu konzentrieren versuchte.
    Plötzlich zog etwas außerhalb des Publikums meinen Blick auf sich.
    Keine Bewegung; sie stand regungslos am Rand der Menge. Ein großes, hochaufgerichtetes Mädchen in Blau mit weich aufgestecktem dunklen Haar. Helena. Sie schaute

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