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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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verließ uns also. Das machte mich traurig; ich hatte mich an ihn als Reisegefährten gewöhnt. Helena und ich waren Außenseiter in der Theatertruppe; Musa war ebenfalls einer und so zu einem von uns geworden. Er trug seinen Teil bei und hatte ein liebenswürdiges Wesen. Ihn auf halber Strecke zu verlieren, schien ein großer Verlust.
    Er beobachtete mich, aber ich sollte es nicht merken. »Ist es möglich, daß ich Sie etwas fragen dürfte, Falco?« Sein Griechisch war weitschweifiger als gewöhnlich.
    »Nur zu. Wir sind Freunde!« erinnerte ich ihn.
    »Ah, ja! Wenn es recht ist, würde ich Ihnen gern helfen, den Mörder zu finden.«
    Ich war entzückt. »Sie wollen bei uns bleiben?« Er schaute immer noch unsicher. »Das dürfte kein Problem sein.«
    Noch nie hatte ich Musa so schüchtern erlebt. »Aber bisher stand ich unter dem Befehl des Bruders. Sie hätten mich nicht in Ihr Zelt aufnehmen müssen, aber Sie haben es getan …«
    Ich lachte los. »Kommen Sie, Helena wird sich schon Sorgen um uns machen!« Damit sprang ich auf und streckte ihm die Hand hin. »Sie sind unser Gast, Musa. Solange Sie mir helfen, diesen verdammten Ochsenkarren zu lenken und unser Zelt aufzubauen, sind Sie willkommen. Aber lassen Sie sich nach Möglichkeit nicht ersäufen, während die Gesetze der Gastfreundschaft mich für Sie verantwortlich machen!«
     
    Zurück im Lager, stellte sich heraus, daß wir uns gar nicht hätten beeilen müssen. Drei oder vier Leute saßen in ruhigem Gespräch vor Chremes’ Zelt und sahen aus, als hätten sie schon den ganzen Abend zusammen verbracht. Die Mädchen waren verschwunden, einschließlich Helena. Ich erwartete, eine beruhigende Nachricht vorzufinden, aber da war nichts.
    Musa und ich gingen wieder los, um nach ihr Ausschau zu halten. Wir versicherten uns gegenseitig, daß wir nicht beunruhigt waren; schließlich war sie in Gesellschaft, aber ich wollte wissen, was los war. Vielleicht würden wir uns ihnen gern anschließen. (In der wilden Hoffnung, daß Teil der Lustbarkeit, zu der Helena entschwunden war, vielleicht eine exotische Tänzerin in einer rauchigen Spelunke sein mochte, wo geröstete Mandeln in zierlichen Schüsselchen serviert wurden und der Wein gratis war – oder zumindest extrem billig …) Wie auch immer, wir selbst hatten uns mehrere Stunden lang in der Stadt herumgetrieben. Manchmal war ich ein guter Junge; wahrscheinlich fehlte sie mir.
    An derselben Straßenecke, auf derselben Tonne stehend wie zuvor, fanden wir Grumio. Und was wie dieselbe begeisterte Menge aussah, drängte sich immer noch um ihn. Wieder stellten wir uns dazu.
    Inzwischen hatte Grumio eine enge Beziehung zu seinem Publikum entwickelt. Von Zeit zu Zeit holte er sich jemanden, der bei seinen Zaubertricks assistieren mußte; dazwischen knallte er einzelnen Beleidigungen an den Kopf, alle Teil fortgesetzter Frotzeleien, die er schon vor unserer Ankunft begonnen haben mußte. Der Spott hatte genug Biß, um die Atmosphäre aufzuheizen, aber niemand beschwerte sich. Er entwickelte ein Thema: die anderen Städte der Dekapolis beleidigen.
    »Jemand hier aus Skythopolis? Nein? Was ein Glück! Ich würde nicht behaupten wollen, daß die Skythopolitaner blöd sind …« Wir hörten erwartungsvolles Kichern. »Aber wenn Sie je zwei Skythopolitaner sehen, die ein tiefes Loch in die Straße vor ihrem Haus graben, fragen Sie sie – nur zu, fragen Sie sie –, was sie da machen. Bestimmt erzählen die Ihnen, daß sie schon wieder den Haustürschlüssel vergessen haben! Pella! Jemand hier aus Pella? Tja, Pella und Skythopolis haben diese uralte Fehde – ach was, vergessen wir’s! Was soll es, die Pelläer zu beleidigen, wenn keiner von denen hier ist? Konnten wahrscheinlich den Weg nicht finden! Konnten nicht fragen. Keiner versteht ihren Dialekt … Jemand hier aus Abila?« Erstaunlicherweise hob sich eine Hand. »Ihr Pech, mein Herr! Ich würde nicht sagen, daß die Abiläer dämlich sind, aber wer würde sich sonst schon melden? Ihr Augenblick im Rampenlicht … Entschuldigen Sie, ist das Ihr Kamel, daß Ihnen da über die Schulter schaut, oder ist Ihre Frau außergewöhnlich häßlich?« Das war alles vom Plattesten, aber er traf genau den richtigen Ton für die Straße.
    Zeit für einen Stimmungswechsel; sein Monolog bekam einen besinnlicheren Klang. »Ein Mann aus Gadara hatte einen kleinen Landbesitz, nichts Unbescheidenes, den er sich Stück für Stück langsam aufbaute. Zuerst ein Schwein …« Grumio ließ

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