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Letzter Aufzug, Genossen! (German Edition)

Letzter Aufzug, Genossen! (German Edition)

Titel: Letzter Aufzug, Genossen! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Schaaf
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zu. Sie ergriff den Schein, ihr Gesicht hellte sich merklich auf, ja ein zufriedenes Lächeln machte sich breit. Ein Wunder war es nicht in ihrer Lage, wenn ihr so mir nichts, dir nichts ein Devisen zahlender Untermieter ins Haus schneite; honi soit qui mal y pense. Erst jetzt fiel ihr ein, während sie den Schein sachte aufgriff, den Mann zu bitten, sich das Zimmer vorher doch wenigstens einmal anzusehen. Er tat es ihr zu gefallen. Einen ganzen Kopf größer als sie stand er dicht neben ihr in dem schmalen Türrahmen. Derweil seine raschen Blicke mit gespieltem Interesse alle Ecken des Raumes mit der altmodischen Einrichtung überflogen, wiederholte er mehrmals, „wie schön, wie gemütlich“ das Zimmer sei. Michaela hatte gespannt seine Miene verfolgt und gab sich wenig Mühe, ihre kindliche Freude über seinen Beifall zu verbergen.
    Gleichzeitig aber fühlte sie wieder diese unangenehme Aufdringlichkeit, die sie zwang, ihren Körper fest an den Türpfosten zu pressen, um nicht in eine sonst unvermeidliche Berührung mit dem Mann zu kommen, die ihr abermals widerlich gewesen wäre. Der Geruch von seinem öligen Haarwasser, feinem Leder und Zigarettenrauch benahm ihr für einen Moment den Atem, bis er zu ihrer dankbaren Erleichterung in die Küche zurücktrat mit der Bitte, anderen Tages schon einziehen zu dürfen. Und ohne erst ihre Zustimmung abzuwarten, zückte er abermals die Brieftasche, um ihr lächelnd einen grünen Zwanzigmarkschein, gleichfalls Westwährung, mit den Worten in die Hand zu drücken: „Für dass ich kann morgen einziehen, Sie müssen saubermachen und herrichten.“
    Unschlüssig wischte sie ihre Hände am Kleid ab und konnte nicht umhin, ihm ihre Hand zu überlassen, die er anstandslos nahm, sie kräftig, ja ein wenig schmerzhaft drückend umschloss und ungebührlich lange für ihren Geschmack festhielt, wobei er ihr unverwandt hart und tief in die Augen sah. Sein eingefrorenes Lächeln vermochte das Zudringliche, Stechende seines Blicks kaum abzumildern. Und als sie im Gefühl wachsender Verstimmung die Hand zurückziehen wollte, drehte er ihre vom Arbeiten gezeichnete Handfläche nach oben. „Viel Arbeit, ja?“ fragte er. Als sie sich losriss und ihre Hand versteckte, fügte er hinzu: „Nicht nötig, dass schöne, junge Frau muss soviel arbeiten!“ Dabei schaute er sie vielsagend an.
    Eine befangene Michaela betrachtete verständnislos ihre Handflächen, errötete wieder, weil sie sich ihrer abgearbeiteten Hände schämte; dummerweise, wie sie sich sogleich eingestehen musste. So hob sie nur die Brauen, um sofort wieder den Kopf zu senken, weil sie eine passende Erwiderung schuldig bleiben musste. Herr Kloczowski, dem ihre Unsicherheit nicht entgangen war, ließ es für dieses Mal genug sein und schloss die einseitige Verhandlung ab: „Also bis morgen Vormittag, ja? Auf Wiedersehen, junge Frau!“ Damit verneigte er sich mit einem deutlichen Anflug von Ironie, wandte sich um und verließ das Haus.
    Erst als die Vorgartentür zuschlug, hob Michaela den Kopf, um ihm nachzuschauen, bis er im offen stehenden Wagenschlag verschwunden war. In ihrem Gesichtsausdruck lag eine sonderbare Spannung, als ihre Augen unwillkürlich, magisch angezogen seiner athletischen Figur nachblickten. Sie musste an den Sheriff aus dem Western Zwölf Uhr Mittags denken. Der geht wie ein Puma, hatte sie damals gedacht. Genauso, mit verhaltener Spannkraft und dabei leicht und federnd, war der Besucher zum Auto geschritten.  
    Mit offenem Mund, lächelnder Grimasse und kopfschüttelnd eilte sich Michaela, die restlichen Wäscheteile aufzuhängen, um sofort das Zimmer für den Einzug vorbereiten zu können. Als sie die Haustür schließen wollte, kam Janine, die bunten Vorgartenzwerge passierend, an denen der Lack abblätterte und die sie wie immer missbilligend betrachtete, auf den Eingang zu.
    „Stell dir mal vor, Janine!“ überfiel Michaela sie sogleich, „da habe ich mal einen schnieken Untermieter, und was für einen noblen dazu. Pinkepinke wie Heu“, sie rieb Daumen und Zeigefinger, „und das in Westgeld. Was glaubst du, was er für das Zimmer bezahlt hat? Halt dich fest! Fünfzig Eier West! Im Monat! Und...“ Sie hatte die weiteren zwanzig D-Mark schon auf der Zunge, als sie, es sich verbeißend, fortfuhr: „Und er hat für den vollen Monat berappt. Dabei ist heute schon der Neunte!“ Die junge Frau war noch ganz außer sich über den Haupttreffer, den sie da gelandet hatte.
    Janine Widulle blieb

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