Letzter Aufzug, Genossen! (German Edition)
zieht er die harten De-Emmchen aus der Tasche, un den Yankees jar janze Dollarscheene.“
Derweil die kleinen Reiter wechselten, Klein Evchen aber als einzige sitzen blieb und fröhlich zu ihrer winkenden Mutter herüberjubelte, unterbrachen sie ihre Unterhaltung, als Michaela zu ihnen trat. Janine machte sie mit Pasewald bekannt.
„Deene Tochter?“ fragte er, indem er Michaela freundlich die Hand schüttelte.
„Nee, nee, so´n frühes Mädchen warick nun ooch wieda nich“, wehrte Janine mit einem Lachen ab, in das Michaela fröhlich und kopfschüttelnd einstimmte, „unsre Hausjenoss... – sie räusperte sich sichtlich verlegen –‚ „unsre Mitmieterin aussem Erdjeschoss. Wir wohnen jetzt beim Müggelsee in Rahnsdorf.“ Sie schaute sich suchend um. „Wo sind´n Willi und Ingrid?“
„Da hinten bei der Wurfbude“, erwiderte Michaela und wies über den Platz zu dem Stand, wo das verehrte Publikum Kunstlederbälle werfen konnte nach den Torsi von flächigen Pappkameraden, deren kippbare Köpfe verschiedenen westdeutschen Politikern nachempfunden waren. Ingrid und Willi hatten insgeheim schon beschlossen, bei Gelegenheit die Gesichter mit einheimischen Konterfeis der noch amtierenden Rentnerkamarilla zu überkleben.
Bald wurde kurz beraten, was zu unternehmen sei, damit jeder auf seine Kosten käme. Man beschloss, sich zu trennen und um siebzehn Uhr wieder zusammenzutreffen. Willi ging mit Michaela zur Linken und Ingrid zur Rechten, beide mit den Armen umfassend, zum Affenhaus, nachdem sie dem Ende der Raubtierfütterung beigewohnt hatten. Unterdessen hatte Klein-Evchen einen sechseckigen kleinen Stand entdeckt, dessen Inhaber ein Mäuselotto betrieb. Die Höhlen in jedem Winkel bargen Käserinden und waren mit Nummern versehen, auf die die Teilnehmer ihre Groschen setzen konnten, bevor eine weiße Maus mit nacktem Schwanz in der Mitte freigelassen wurde, um das hoffentlich richtige Löchlein zu passieren.
Es wurde ein kurzweiliger Nachmittag. Auf dem Rückweg zum vereinbarten Treffpunkt schlenderte Janine mit auf den Rücken gelegten Händen durch die Kastanienallee. Die restlichen Blätter der Bäume spendeten noch Schatten, mit den abgeworfenen Früchten spielte Klein-Evchen ein wenig unbeholfen Fußball. Als ein feiner Luftzug den Geruch der Gehege herüberwehte, schloss die Mutter die Augen, atmete tief durch, und ihr wurde jäh bewusst, wie lange sie doch diese Kräfte spendenden Stunden in der Natur hatte entbehren müssen.
Sie trafen sich pünktlich an der Straßenbahnhaltestelle und waren gegen sieben Uhr zu Hause. Nachdem die kleine Eva unter Quengeln und Sträuben von Ingrid abgefüttert und ins Bett gebracht worden war, traf man sich bei Michaela in der Wohnküche. Die Widulles brachten ihr Essen mit, während Michaela eine halbe Flasche Braunen, billigen Weinbrand also, zur Feier des Tages spendierte.
„Echter Cognac“, verkündete Michaela mit gespielt feierlicher Miene, „hochprozentig und mit Andacht zu jenießen!“
„Aus der Sächsischen Schweiz, ick weeß“, lachte Janine, „een rechta Rachenputzer!“
Trotz dieser Mahnung stürzten Willi und Ingrid, die es ihrem Bruder gleichtat, hastig zwei Gläschen hinunter und bekamen im Handumdrehen einen Schwips. Sie kicherten und alberten übermütig herum, sodass Janine ihr Töchterchen grinsend daran gemahnte, morgen, wenn die Schulhöfe blau und rot wogten von Hemden und Fahnen, eine gute Figur machen zu müssen, und sie beorderte Ingrid in die Falle.
„Erinnere mich bloß nicht daran“, stöhnte das Mädchen.
Und während es die dunkle Treppe hinaufpolterte, machten sich die beiden Frauen an ihre Handarbeiten. Willi war sitzengeblieben und sah ihnen zu. Durch das gekippte Fenster trug der frühherbstliche Wind mit einem leisen Luftzug den süßlich betäubenden Duft eines zum zweiten Mal blühenden Jasminstrauchs in die gute Stube.
„Weeßte“, hob Michaela an und lächelte zufrieden breit dabei, „ick bin doch froh über die Wohnraumlenkung von wejen dem feinen Untermieta. Det is wie een Volltreffa im Lotto! Soviel Blaue Fliesen für so een kleenet Zimma!“
Janine hob eine Augenbraue, schwieg sich aber aus. Willi hingegen konnte sich einer Bemerkung nicht enthalten: „Feiner Untermieter, wirklich! Aber von der Wohnraumlenkung? Det ick nich kichre!“ Er beugte sich vor, die Ellenbogen aufgestützt, und knurrte: „Een janz übler Schieber is det, een verdammta Polacke, sonst könnta nich mit Westjeld zahlen! Wie der
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