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Letzter Aufzug, Genossen! (German Edition)

Letzter Aufzug, Genossen! (German Edition)

Titel: Letzter Aufzug, Genossen! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Schaaf
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Hotelier nannte, aber lediglich eine billige Absteige aufgemacht und das Schwarzgeld als Zuhälter für ausländische Diplomaten und eingeborene Dämchen gemacht hatte? Ein übler Schieber, abgefeimter Taschenspieler und ausgemachter Hochstapler katholischer und angeblich altadliger Herkunft; ein Schmutz, nichts weiter. Eines solchen Individuums sich zu bedienen, brachten die labilen Zeiten leider mit sich; am besten, wenn der Filou einem außerhalb der unerlässlichen Kontakte nicht unter die Augen trat. Wogegen immerhin die leidenschaftlichen Gefühle der Freundin zu diesem Warschauer standen: Man brauchte nur einen Blick zu riskieren, um zu erkennen, dass die schöne Carmen Denikin dem Blonden restlos hörig war. Aber wem sonst hätte man die Organisation des magisch-esoterisch-erotischen Zirkels anvertrauen können, nachdem man sich vor der bereits aufmerksam gewordenen Stasi-Hauptabteilung VII, die auch für die guten Sitten im Innern des Landes verantwortlich zeichnete, hierher in diese Walddatsche als verschwiegenen Schlupfwinkel hatte zurückziehen müssen. Und das alles zu arrangieren schlägt schließlich in sein Metier als Lude und Gaukler, dachte Friederike boshaft, während sie ihren breiten schmallippigen Mund mit dem kaum verhüllten Zug von Brutalität zu einem Lächeln verzog, das den Eindruck reinster Liebenswürdigkeit zu erwecken suchte.  
    Ebendeshalb hasste er sie doppelt! Ihr Lächeln war ihm ganz unerträglich, und es fiel ihm schon schwer genug, sich mit der undurchdringlichen Starrheit ihres Gesichts mit den vorstehenden Backenknochen und den tiefliegenden Augen abzufinden, die intelligent blitzten und deren Blick er am liebsten auswich, da er die geistige Überlegenheit dieser Frau fürchtete wie der Teufel das Weihwasser. Noch nie war ihm ein Frauenzimmer untergekommen, an dem seine Dämonie so wirkungslos abprallte.
    Und doch verband sie etwas Gemeinsames, das diese gegenseitige Antipathie nivellierte: die innige Verwandtschaft beider Charaktere in ihrer alle Sitte und Moral abgrundtief verachtenden Lasterhaftigkeit. Das glich sie nicht nur bis zu einem gewissen Grade trotz ihres extremen Klassenunterschiedes einander an, sondern machte sie gleichsam zu Komplizen bei Unternehmungen wie diesem magisch-esoterisch-erotischen Zirkel , deren weiblichen Mitgliedern er nicht nur esoterische Genüsse bereitete, sondern – in einem Männermangelland – auch handfeste, leistungsfähige Burschen, gleich welchen Alters und welcher Herkunft, zuführte – gegen großzügiges Honorar, versteht sich.  
    „Ja, liebste Rike“, entgegnete statt seiner die schöne Carmen und warf ihm aus ihren smaragdgrünen Augen einen zärtlichen Blick zu, der jedoch ganz unbeachtet blieb. „Bolko hat schon im Tagesspiegel und im Rheinischen Merkur drüben Annoncen unter der Rubrik Einträgliche Nebenbeschäftigung aufgegeben. Von letzterer versprechen wir uns noch einen ganz besonderen Spaß: Wenn nämlich so ein keuscher katholischer Wessi-Jüngling ahnungslos auf unsere Anzeige hereinfällt, weil er sein Taschengeld aufbessern will, Bolko ihn zunächst noch im unklaren darüber lässt, dass für ihn schon ein Zwei-Tage-Visum vorbereitet ist, und der Süße nicht mal ahnt, was für eine Gegenleistung er eigentlich erbringen soll, ist es wie ein innerer Parteitag, insbesondere wenn der Kleene erst hier im Zimmer von einer unserer unersättlichen Zirkeldamen im sechsten Gebot katechisiert wird!“  
    Genossin Wagner-Gewecke dröhnte ihr gutturales, ordinär klingendes Lachen. „Hervorragend!“ rief sie. „Ich wüsste schon eine, die wir auf so ein züchtiges Knäblein loslassen könnten. Und wir könnten dann alle durch deinen praktischen Zauberspiegel zusehen. Weißt du, es haben sich nämlich bei mir zwei Frauen gemeldet, die hintenherum von unserem Kreis erfahren haben und die es kaum erwarten können, aufgenommen zu werden.“  
    „Wie schön“, meinte Carmen, „dann hätten wir ja beinahe schon wieder eine neue Gruppe beisammen. Wer sind denn die beiden?“
    „Die eine ist freilich die stellvertretende Leiterin des Deli-Ladens am Alex, während ihr Göttergatte der Devisenabteilung der Handelsbank vorsteht. Und sie wäre natürlich in der Partei, hat sie gesagt. Ich denke, dass sie dann wohl als Kandidatin ohne Weiteres in Frage kommt.“ Ein ironisches Grinsen breitete sich auf den schmalen Lippen aus.
    „Wunderbar, dann braucht Bolko sich nicht mehr dauernd mit den Schiebern und Schwarztauschern

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