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Letzter Aufzug, Genossen! (German Edition)

Letzter Aufzug, Genossen! (German Edition)

Titel: Letzter Aufzug, Genossen! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Schaaf
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mitsammen geleerrt, denn auch err warr dem Genuss geistigerr Getrränke nicht abhold und hat den Wodka mit dem Büffelgrrashalm favorrisierrt, wenn ich mich nicht sehrr irrre.“  
    Er hielt inne, weil Libussa Dünnleder sich dezent, aber vernehmlich räusperte, worauf er das Thema fallen ließ und unversehens schloss: „Also denn, jungerr Frreund, nurr immerr zugeschaut und gestaunt, meine Künstlerr brrauchen sich auf keinerr Leinwand dieserr Welt zu verrstecken!“
    Gustav bedankte sich überschwänglich; am liebsten hätte er dem Hünen die behaarte Hand geküsst, wenn er solches Tun nicht selbst als gänzlich unschicklich empfunden hätte.
Ergriffen saß er am Ende der Vorprobe da, indessen sich die Schauspieler auf der Bühne versammelten, um die kritischen Anmerkungen ihres Regisseurs und Mitspielers Erdmann Jansen über sich ergehen zu lassen. Die Schauspielertruppe sprach nur halblaut untereinander, so dass Gustavs bewegte Gefühle nicht erschüttert wurden. Noch war er nicht ganz in die Realität zurückgekehrt, als man nach ihm rief, ihn den Akteuren vorzustellen; und so ganz eigenartig war ihm zumute, dass er jetzt jedem von ihnen einfach so die Hand drücken und dazu etwas recht Privates und Profanes sagen sollte, das der Weihe der Dichterworte entbehrte, die er doch gerade noch aus aller Munde vernommen hatte.
    Einen hochroten Kopf kriegte er, als er Richlind gegenüberstand, mit feuchten Augen und stummer Verbeugung ihre schmale Hand ergriff, um sie heftig stumm zu drücken, da ihm die Worte fehlten, das auszudrücken, was sein Innerstes erfüllte.
    Unversehens legte sich ein Arm schwergewichtig um seine Schultern. „Jungerr Frreund, ich hätte da gerrn eine Frrage an Sie gerrichtet“, dröhnte Carl Magnus in röhrendem Bass, Gustav einfach mit sich fortschiebend und ihn nötigend, sich mit ihm hinzusetzen: „Nehmen Sie mirr´s nicht übel, wenn ich gleich mit der Türr ins Haus falle...“ Er nahm die Zigarre aus dem Mundwinkel und fuhr mit tragischer Miene und einem Tonfall, der an einen Nekrolog erinnerte, fort: „Ich verrlierre einen sehrr talentierrten Darrstellerr an das Berrlinerr Ensemble, Sie haben ihn eben als Parrzival errleben können; err schließt die Lücke, die durrch einen nach drrüben abgängigen Eleven jäh gerrissen wurrde, eine wahrre Schande, das können Sie mirr glauben!“
    Traurig und versonnen vor sich hin nickend, hielt der Alte einen Moment inne, bevor er unvermittelt lebhaft sein Haupt erhob und Gustav anblickte, wobei sich seine Miene wieder erhellte; er legte dem Jungen wohlwollend die flossenartige Hand auf den Schenkel und sprach mit einer Bestimmtheit, die jeden Widerstand von vorneherein auszuschließen schien: „Beim Anblick Ihrrerr Staturr habe ich sogleich gedacht: Ah, dieserr gutausschauende junge Herrr – und Sie brrauchen garr nicht deshalb zu errröten, mein Frreund – ist bestimmt auch ein Sprroß Nimrrods und derr geborrene Oberrförrsterr Lebrrecht in unserrem Rrotkäppchen ! Sie können sich heut Nachmittag die Prrobe anschauen, da spielt derr Kurrt zum letzten Mal. Ab soforrt schlüpfen Sie – ganz unvermerrkt – in Rrolle und Larrve des Grrünen, nicht wahrr?“ Er öffnete seine Elefantenäuglein ein wenig weiter als gewöhnlich und blickte Gustav mit einem überlegenen Grienen an, als ob er sagen wolle: Nun, ist das nicht eine tolle Idee von mir?  
    Der Junge war zunächst ganz sprachlos und völlig perplex von der kaum erwarteten Aussicht, selbst schauspielern zu sollen, und stotterte: „O ja, gern ... Ich ... spiele ... soll ... wirklich? Wenn ... Sie ... meinen, dass ... ich das...“
    Dünnleder ließ ihn gar nicht ausstammeln, sondern klopfte ihm wieder auf die Schulter. „Na, grroßarrtig, mein jungerr Frreund, passen Sie gut auf bei derr sogenannten Kinderrvorrstellung, nun, Sie werrden sehen... Danach prrobierren wirr´s gleich einmal kurrz, damit Sie wissen, an welchem Krreidestrrich Sie stehen müssen, und am nächsten Wochenende sind Sie unserr Rrevierrförrsterr, vielleicht Frreitag schon, hm?“ Gustav fiel es schwer, nach dieser Unterredung seine Empfindungen so richtig einzuordnen. Dort oben auf den Brettern sollte er im Rampenlicht stehen und wandeln dürfen, geschminkt und in Kostüm und Maske! Bestimmt mit einem herrlich mächtigen Vollbart, denn wer hätte jemals einen Oberförster ohne dieses Attribut naturverbundener Männlichkeit gesehen?
    Der Junge fand es nur bedauerlich, die Rolle nicht sogleich lesen zu können.

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