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Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)

Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)

Titel: Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Dutzler
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Höhenangst ins Treffen zu führen und umzukehren. Der Aufstieg hatte sich in keiner Weise bezahlt gemacht, denn Gasperlmaier hatte aus Angst, am Ende beim Abstieg sein Gleichgewicht zu verlieren, nicht einmal gewagt, oben auf der Hütte ein Bier zu trinken. Dafür hatte er mit wochenlangen Albträumen von Felswänden und Steilabbrüchen bezahlen müssen.
    Gasperlmaier dachte nur noch daran, jetzt zur Hütte und nach Hause zu kommen, um seine geschundenen Glieder vor den Fernseher zu betten, als die Frau Doktor die Arme in die Seiten stemmte und sagte: „So. Jetzt zum Gipfel!“ Gasperlmaier traf fast der Schlag. Was sollten sie denn jetzt am Gipfel oben? Der Kurt meinte, er habe jetzt keine Zeit mehr, und auf den Gipfel würden sie allein auch hinauffinden, da bräuchten sie keine Bergrettung. Und der Ingmar hatte auch keine Lust. „Bis ich wieder zu Hause bin, ist es ohnehin sieben, halb acht. Keiner zahlt mir die Überstunden. Glauben Sie wirklich, dass da oben spurensicherungsmäßig was zu tun ist?“
    Die Frau Doktor winkte ab. „Schaff ich schon selber. Gasperlmaier kennt den Weg, oder?“ Das bedeutete, schloss Gasperlmaier, dass er jetzt allein mit der Frau Doktor noch auf den Losergipfel hinaufmusste, anstatt sich zu Hause mit einer Flasche Bier vor den Fernseher zurückziehen zu können. Er zuckte mit den Schultern, und noch bevor er etwas sagen konnte, hatten sich alle voneinander verabschiedet, die Frau Doktor kletterte in der nun bereits tief stehenden Sonne den Berg hinauf, die beiden anderen waren schon auf dem Weg nach unten. Gasperlmaier fügte sich in sein Schicksal. Wind war aufgekommen und trieb neuerlich Nebelfetzen in ihre Richtung, und noch bevor sie den Sattel erreicht hatten, wo der Weg wieder flacher wurde und in einer großen Schleife nunmehr sanft ansteigend zum Losergipfel hinaufführte, waren sie wieder in der Nebelsuppe untergetaucht. Und kaum hatten sie die letzten Latschen hinter sich gelassen, um auf das Gipfelplateau hinaufzusteigen, begann es zu regnen. Die Tropfen peitschten Gasperlmaier ins Gesicht und er fragte sich wirklich, was das für einen Sinn hatte, heute hier noch heraufzusteigen. Zudem wurde es nun immer dunkler. Die Frau Doktor blieb stehen, drehte sich zu ihm um und lächelte. Ihre Haare hatte sie inzwischen unter einer blauen Kapuze versteckt. Ja, dachte Gasperlmaier bei sich, die Frau Doktor hat gut lachen, sie hat eine wasserdichte Jacke mit einer Kapuze an, und ich stehe da mit meiner Uniformjacke, die bald durchweicht sein wird, und muss mit einer Hand meine Kappe festhalten, damit sie mir der Wind nicht ins Kar hinunter davonweht.
    „Hat schon was, so eine Stimmung, finden Sie nicht, Gasperlmaier? Der Nebel, die Felsen, direkt gruselig?“ Gasperlmaier teilte diese Einschätzung nicht, behielt das aber für sich. Er konnte nun endlich das Gipfelkreuz erkennen, das versprach, ihn von seinen Nöten zu erlösen. Erschöpft ließ er sich auf den Betonsockel fallen. „Ich hab jetzt ein wenig die Orientierung verloren, Gasperlmaier. Wo kann die Frau hinuntergestürzt sein?“ Gasperlmaier deutete vage in südliche Richtung, denn dort unten, so meinte er, musste die Unglückliche gefunden worden sein. „Kommen Sie, wir müssen dahin, wo sie abgestürzt ist. Vielleicht finden wir was.“ Seufzend erhob sich Gasperlmaier, doch die Frau Doktor war bereits im Nebel verschwunden. Gasperlmaier bekam es mit der Angst zu tun. „Frau Doktor?“, rief er, und nochmals: „Frau Doktor?“ Keine Antwort. Panik erfasste Gasperlmaier. Sorgsam Fuß vor Fuß setzend, bewegte er sich in die Richtung, in die, wie er meinte, die Frau Doktor verschwunden war. Immer wieder rufend näherte er sich der Kante des Plateaus. Der Losergipfel war, wie Gasperlmaier wusste, auf allen Seiten von schroffen Steilwänden umgeben, außer an der Seite, auf der der Weg heraufführte. Wohin immer sich die Frau Doktor wandte, sie musste an die Kante einer Felswand gelangen. Plötzlich stand Gasperlmaier vor dem Abgrund. War die Frau Doktor am Ende schon hinuntergestürzt? Da hörte er zu seiner Erleichterung ein Rufen. „Gasperlmaier?“ Es schien von rechts zu kommen. Er ging ein paar Schritte und gewahrte die Umrisse der blauen Jacke der Frau Doktor. „Stellen Sie sich vor!“, sagte die Frau Doktor, „so wie wir beide hier sind die vor ein paar Stunden auch dagestanden. Und dann ist sie hinuntergestürzt, und er ruft die Loserhütte an und verschwindet. Ist das logisch?“ Gasperlmaier

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