Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)
Gasperlmaier hinzu, nachdem er einen kräftigen Schluck aus seiner Bierflasche genommen hatte, „wir haben ja bisher geglaubt, das Auto der Frau Eisel spielt keine Rolle. Weil sie ja mit jemand anderem unterwegs war. Wir haben eigentlich gar nichts geglaubt, wegen dem Auto. Nicht einmal die Frau Doktor hat daran gedacht.“ Gasperlmaier spürte ein Gefühl der Überlegenheit oder zumindest der Ebenbürtigkeit mit der Frau Doktor, was kriminalistischen Scharfsinn betraf. Der Friedrich schälte sorgfältig die Haut vom letzten Zipfel seiner Hartwurst und schob ihn samt einem ganzen Gurkerl in seinen, wie Gasperlmaier schien, unergründlichen Rachen. „Wir haben den Magister Eisel ja nicht einmal gefragt, ob er weiß, wo das Auto seiner Frau ist.“ Gasperlmaier knüllte das Jausenpapier zusammen, in das sein Leberkäse eingewickelt gewesen war. „Weißt du was, Friedrich? Wir suchen das Auto jetzt. Da hätten wir was für die Frau Doktor, wenn sie morgen wiederkommt! Wenn sie überhaupt noch einmal kommen muss.“ Gasperlmaier stand auf, der Friedrich aber schüttelte den Kopf und deutete auf den Stapel Formulare auf seinem Schreibtisch. „Schau her! So viel Arbeit! Wann sollen wir das denn machen?“ Dennoch erhob er sich und griff nach seiner Dienstmütze. „Dass das ausgerechnet so kurz vor der Pension hat passieren müssen!“
Das Wetter hatte sich gebessert, als Gasperlmaier die Abzweigung zum Loser hinein nahm. „Gasperlmaier“, meinte der Friedrich, „sag einmal, was für ein Auto hat denn die Frau Eisel überhaupt gehabt?“ Da hatte er Gasperlmaier auf dem falschen Fuß erwischt. Er hatte keine Ahnung, nach welchem Auto sie überhaupt suchten. Früher oder später, dachte er bei sich, wäre mir das auch aufgefallen. Wenn wir ein paar Autos auf dem Parkplatz beim Sessellift überprüft hätten, zum Beispiel. Gasperlmaier hielt an und war zunächst ratlos. „Ruf doch deine Frau Doktor an.“ Das aber wollte Gasperlmaier nicht – schließlich hatte er die Frau Doktor mit der Auffindung des Autos der Toten überraschen wollen. „Dann ruf doch den Eisel an. Oder ihren Liebhaber. Oder ihre Freundin. Irgendwen wirst du schon erwischen.“ Der Kahlß Friedrich, so fand Gasperlmaier, bewies Kombinationsfähigkeit und Entscheidungsfreude. Schließlich, so dachte er bei sich, war das als Vorgesetzter auch seine Pflicht und Schuldigkeit, dass er Gasperlmaier manchmal im Denken überlegen war. „Weil, wenn ich jetzt eine offizielle Abfrage nach einem Fahrzeughalter machen lasse“, fügte der Friedrich hinzu, „dann wird sich die Frau Doktor schon fragen, warum wir sie nicht vorher ins Vertrauen gezogen haben.“
Gasperlmaier überlegte, wer in Frage kam, musste aber einige Kandidaten gleich wieder verwerfen, weil er deren Telefonnummer nicht wusste. Da fiel ihm die Susi Schneider ein, die im Tourismusbüro in Aussee arbeitete. Gasperlmaier überlief ein wohliger Schauer, wenn er an den Schmetterling dachte, den die Frau Schneider in ihrem Ausschnitt trug. „Schau einmal nach, Friedrich“, wies er seinen Kommandanten an. „Da im Handschuhfach, da könnte noch ein Fremdenverkehrsprospekt sein. Dann könnten wir die Susi Schneider anrufen, die angeblich mit der Simone Eisel in Bad Schallerbach war.“ Der Kahlß Friedrich indessen ratschte die Nummer samt Vorwahl auswendig herunter. Gasperlmaier war verblüfft. „Woher weißt du denn die?“ Der Friedrich zuckte nur mit den Schultern. „Ich merk mir halt dann und wann was eher leicht“, gab er zurück. „Willst jetzt anrufen oder was?“ Gasperlmaier beeilte sich, die Nummer einzutippen, die ihm der Friedrich noch einmal Ziffer für Ziffer vorsagte. „Tourismusverband Ausseerland, Salzkammergut“, meldete sich eine Stimme, die Gasperlmaier zu kennen glaubte. „Schneider am Apparat, was kann ich für Sie tun?“ Sehr freundlich und professionell klang die Stimme der Susi Schneider, fand Gasperlmaier. Wenn die Touristen, die da anriefen, die Susi Schneider auch noch sehen könnten, dachte er bei sich, würden sie nach Aussee geradezu nur so strömen. Gasperlmaiers Gedankengänge hatten sich wieder einmal gründlich verknotet, sodass die Susi Schneider noch einmal nachfragen musste, weil er sich nicht meldete. „Ist da jemand dran?“ „Ja, ja“, beeilte sich Gasperlmaier nun. „Gasperlmaier, Polizei Altaussee. Wir waren ja gestern bei ihnen.“ „Ja, ich erinnere mich. Was ist denn?“ Die Stimme klang jetzt viel zurückhaltender, unsicher und
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