Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)
was hier ein Hauptgericht kostete, hätte beim Schneiderwirt die ganze Familie einen Schweinsbraten essen können. Fast, jedenfalls. „Was sagst du zum Menü?“, fragte die Christine. „Das schaut doch interessant aus, oder?“ Gasperlmaier wartete darauf, dass ihm die Christine erklärte, was das eigentlich hieß, was da stand. Kaninchenfilet, das war ja einigermaßen klar, aber was waren Wasabischaum und Carpaccio? Er musste seine Frage nicht extra stellen. „Wasabischaum, das ist so was wie asiatischer Kren, ein bisserl grün, in einer schaumigen Soße. Und Carpaccio, das ist rohes Rindfleisch, hauchdünn geschnitten. Da kommt ein bisschen Balsamico drüber, und Parmesanspäne.“ Das, so fand Gasperlmaier, hörte sich ja erträglich, sogar durchaus vernünftig an. Als Hauptspeise gab es einen Bachsaibling, der ihm vertraut war, allerdings, was jetzt „saltimbocca“ bedeutete, und was eine Paprikacreme, was immer das sein mochte, beim Saibling auf dem Teller verloren haben sollte, das war ihm einigermaßen schleierhaft. Er beschloss, nicht weiter zu fragen und sich der Christine einfach anzuvertrauen. Damit fuhr man am besten. „Was darf’s denn zum Aperitif sein?“ Zu Gasperlmaiers Beruhigung trug bei, dass der Kellner kein hochnäsiger, schwarz gekleideter Schnösel war, sondern eine junge, dunkelhaarige Frau, die sogar lokalen Dialekt sprach. Ein fesches Dirndl, dachte Gasperlmaier, trug sie auch. Wenn es vielleicht auch ein wenig kurz geraten war. „Einen Sekt mit Heidelbeermark“, bestellte die Christine. „Habt’s auch ein Bier?“ Gasperlmaier war sich nicht sicher, ob man so einfache Getränke in Haubenlokalen überhaupt servierte. „Ja, freilich!“ Sogar lächeln konnte die Kellnerin. „Sicher ein großes, oder?“ Gasperlmaier nickte, fühlte sich verstanden und somit schon weit wohler als noch vor wenigen Minuten.
„Jetzt erzähl!“ Gasperlmaier wusste, dass die Christine nun einen genauen Bericht über seine heutigen Tätigkeiten erwartete. Vor allem hatte er ihr ja noch gar nicht erzählt, warum er heute dreckverkrustet nach Hause gekommen war. Und er begann zu erzählen, ohne lang zu überlegen, ob er ihr etwas verheimlichen sollte. Die Christine verstand es ohnehin, aus ihm alles herauszupressen, was er wusste, und außerdem konnte er sich darauf verlassen, dass sie nicht so dumm war und Polizeiinterna weitertratschte. Gelegentlich warf Gasperlmaier vorsichtige Blicke zu den Nebentischen, doch da, stellte er fest, waren die Gäste in ihre eigenen Gespräche vertieft und hörten ihnen überhaupt nicht zu.
„Ein kleiner Gruß aus der Küche.“ Die Kellnerin stellte zuerst der Christine und dann ihm einen großen, weißen Teller hin, in dessen Mitte einsam und allein ein kleines Etwas thronte. „Rindersülzchen in Weißweinaspik mit kleinem Salat.“ Das hätte sie nicht extra zu erwähnen brauchen, dachte Gasperlmaier bei sich, als er den kleinen Salat betrachtete. Eine einzelne Pflanze vom Vogerlsalat teilte sich den reichlich zur Verfügung stehenden Platz auf dem Teller mit zwei Vierteln einer sehr kleinen Tomate und zwei sehr schmalen Streifen eines gelben Paprika. „Davon ist gar nichts auf der Karte gestanden?“, verlangte Gasperlmaier im Flüsterton eine Erklärung von der Christine. „Das kriegst du bei einem Menü gratis noch dazu. Probier’s einfach!“ Ein bisschen naiv, fand Gasperlmaier, war die Christine schon, wenn sie bei den Preisen glaubte, dass da irgendwas gratis daherkam. Als er das Sülzchen, denn als Sulz konnte man das fingerhutgroße Stückchen wirklich nicht bezeichnen, kostete, stellte er überrascht fest, dass es einerseits bekannt, also nach Sulz, andererseits aber viel reichhaltiger und intensiver schmeckte, als er sich das vorstellen hatte können. „Mhm!“, brachte er sein Wohlgefallen der Christine gegenüber zum Ausdruck. „Darf’s noch ein Bier sein?“ Gasperlmaier sah fragend zur Christine hinüber, und die nickte mit dem Kopf. „Ich fahr schon heim. Trink nur dein Bier, hast dir’s ja verdient.“ Plötzlich schien Gasperlmaier alles so harmonisch und friedlich, als hätte es den Beda und die Eskapaden seiner Christine nie gegeben. Da konnte nicht einmal das rohe Rindfleisch, das er der Christine zuliebe essen musste und das ihm nicht besonders zusagte, etwas daran ändern.
So erzählte er also der Christine im Laufe des Abends, wie sie auf eigene Faust nach dem Auto der verstorbenen Simone Eisel gesucht hatten und es schließlich
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