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Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)

Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)

Titel: Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Dutzler
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ausgestreckten Zeigefinger auf ihren Mann gerichtet. „Geh, Minerl!“ Der Herr Märzendorfer vollführte eine wegwerfende Handbewegung. „Sie hat uns doch schon mehr als ein Jahr, bevor sie verschwunden ist, nicht mehr besucht! Und telefoniert hat sie auch vielleicht zu Weihnachten einmal!“ „Und daran bist nur du schuld!“ Die Frau Märzendorfer war aufgestanden, nahm ihr Schluchzen wieder auf und verließ das Wohnzimmer. Gasperlmaier und auch die Frau Doktor schwiegen betreten, während der Herr Märzendorfer mit den Schultern zuckte. „Es geht ihr nicht gut, seit damals“, sagte er. „Sie hat sich halt nie mehr richtig erfangen. Sie sitzt ja nur zu Hause herum, und ich hab meine Arbeit, meinen Sport, meine Hobbys, ich hab halt Ablenkung.“ Gasperlmaier gefiel es ganz und gar nicht bei der Familie Märzendorfer, und er hoffte, dass der Besuch bald ein Ende finden würde. Es roch auch irgendwie säuerlich.
    „Herr Märzendorfer, haben Sie für uns ein aktuelles Foto der Sandra? Eines, das wir vielleicht für unsere Ermittlungen verwenden können, auf dem sie so aussieht wie damals, als sie verschwunden ist?“ „Hat sie Ihnen Kinderfotos gezeigt?“ Der Mann sprach in einem so abwertenden Ton von seiner Frau, dass es Gasperlmaier Schauer über den Rücken trieb. Der Herr Märzendorfer kramte eine Zeitlang in einem, wie Gasperlmaier fand, ziemlich hässlichen Wohnzimmerschrank, und förderte dann ein Foto zutage. Er warf es achtlos vor die Frau Doktor auf den Tisch. „Mit mehr kann ich Ihnen nicht dienen. Da ist sie dreiundzwanzig oder vierundzwanzig, da war sie das letzte Mal beim Geburtstag meiner Frau hier. „Sie haben sie also in Wirklichkeit fast vier Jahre nicht gesehen?“, fragte die Frau Doktor erstaunt. Der Herr Märzendorfer zuckte wieder mit den Schultern. „Sie hat uns halt vergessen. Sich nicht mehr interessiert für uns. Weil wir ihr kein Geld mehr gegeben haben, vermute ich. So sind die Kinder halt.“
    Die Frau Doktor reichte das Foto an Gasperlmaier weiter, nachdem sie es selbst kurz studiert hatte. Gasperlmaier konnte auf dem Foto rein gar nichts erkennen und musste erst seine Lesebrille aus der Innentasche der Jacke holen. „Sie brauchen schon eine Lesebrille?“, fragte der Herr Märzendorfer, mit einem höhnischen Unterton in der Stimme, wie Gasperlmaier fand. „Schauen Sie mich an! Einundsechzig! Und einen Blick wie ein Adler!“ Gasperlmaier wunderte sich nicht mehr darüber, dass die Tochter das Weite gesucht hatte, er selbst hätte ebenfalls diese Wohnung lieber früher als später verlassen. Auf dem Foto war die Sandra leider nicht sehr groß abgebildet, sie saß zusammen mit ihrer Mutter auf der gleichen Eckbank, auf der Gasperlmaier jetzt Platz genommen hatte. Mehr, als dass sie eine hübsche, dunkelhaarige Frau mit etwa schulterlangem Haar und sehr schlank war, konnte Gasperlmaier auch mit Brille nicht feststellen. „Dürfen wir das Foto mitnehmen?“, fragte die Frau Doktor und erhob sich. Der Herr Märzendorfer nickte. „Eins noch: Kennen Sie irgendjemanden, mit dem Ihre Tochter Kontakt hatte, Freunde, vielleicht einen Freund, Kollegen …?“ Der Herr Märzendorfer schüttelte den Kopf. „Sie hat nie jemanden heimgebracht. Nie von irgendjemandem erzählt. Fragen Sie halt in der Vinothek, wo sie gearbeitet hat. Da war sie ja mehr als zu Hause.“ „Wo hat Ihre Tochter denn gewohnt?“ „Mit achtzehn ist sie ausgezogen. In Gmunden drüben hat sie gewohnt, ich weiß nicht einmal die Adresse. Wir waren nie dort.“ Gasperlmaier war froh, als er im Stiegenhaus stand und die Wohnungstür hinter ihnen zufiel.
    „Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf“, meinte Gasperlmaier, als sie zusammen die Stiege hinuntergingen, „bei dem Vater wäre ich wahrscheinlich auch nicht mehr nach Hause gekommen.“ „Wenn Sie mich fragen, Gasperlmaier“, seufzte die Frau Doktor, „dann riecht es in dieser Familie ganz eindeutig nach Gewalt, vielleicht sogar nach Missbrauch. Der Herr Märzendorfer, der hat mich ganz schön verunsichert. Ich hatte mir das so schön zurechtgelegt: Wir finden einen Liebhaber der Sandra Märzendorfer, der auch mit der Simone Eisel zusammen war, und dann haben wir unseren Mörder – ob er nun Fritzenwallner oder Loisenhammer heißt. Oder vielleicht doch Eisel. Jetzt denke ich eher an den Vater.“ „Aber“, so wandte Gasperlmaier ein, „es kann doch nicht sein, dass zwei Männer auf die genau gleiche Idee kommen, dass der eine seine Geliebte, der

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