Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)
andere seine Tochter vom Loser hinunterstößt.“ Die Frau Doktor zuckte mit den Schultern und drückte auf die Fernbedienung des schwarzen BMW, mit dem sie statt ihres Audi gekommen war. Es war das gleiche Modell, erinnerte sich Gasperlmaier, wie das von der Simone Eisel. Die Frau Doktor hatte das Auto derart den Pötschenpass hinaufgetreten, dass sich Gasperlmaier fragte, wie viel PS der wohl haben mochte. Zu fragen aber wagte er nicht. Es war übrigens genau das Auto, mit dem die Frau Doktor vorgestern vom Krankenhaus abgeholt worden war, Gasperlmaier erinnerte sich noch gut. „Hallo Renate!“, hatte der junge Mann zur Frau Doktor gesagt. Gasperlmaier spürte einen kleinen Stich von Eifersucht.
„Übrigens hat uns der Herr Märzendorfer angelogen.“ Gasperlmaier sah sich verwundert zur Frau Doktor um. „Er muss in der Wohnung seiner Tochter gewesen sein. Er wird ja nicht mehr als ein Jahr lang die Miete bezahlt haben, und wer sonst als ihre Eltern sollte ihre Sachen aus der Wohnung geholt und die Wohnung dann übergeben haben?“ „Warum haben Sie ihn denn dann nicht nach einem Alibi gefragt?“ Gasperlmaier war erstaunt über die Nachlässigkeit der Frau Doktor. „Aber Gasperlmaier!“ Die Frau Doktor kicherte. „Wissen Sie denn genau, wann die Sandra ermordet worden ist?“ Gasperlmaier fühlte Hitze zu seinen Ohren aufsteigen. So dumm, dass man ihn auslachen musste, war die Frage aber auch nicht gewesen, wenn auch vielleicht ein wenig unüberlegt. Gasperlmaier versank in beleidigtes Schweigen. „Die Eltern wissen ja nicht einmal genau, wann sie überhaupt verschwunden ist, wo sie so wenig Kontakt mit ihnen hatte.“ Gasperlmaier bezweifelte das. Wenn er an die Mutter dachte, sagte ihm ein Gefühl, dass sie vielleicht heimlich mit der Tochter telefoniert hatte, hinter dem Rücken des Herrn Märzendorfer. Allerdings hatte er zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor, seine Gefühle der Frau Doktor mitzuteilen.
Mittlerweile waren sie bei der Vinothek angelangt. „Ach du Schande!“ Gasperlmaier schrak von seinen düsteren Gedanken auf, als die Frau Doktor verärgert aufs Lenkrad schlug. Direkt neben ihnen auf dem kleinen Parkplatz vor der Weinhandlung stand ein weißer Golf der Schilling-Zeitung. Gasperlmaier war sofort hellwach. „Das kann nur die Maggie Schablinger sein!“ „Verdammt noch einmal, dass uns die schon wieder in die Quere kommen muss! Und noch dazu vor uns! Wahrscheinlich hat die Bestie den Polizeifunk abgehört!“ Die Frau Doktor schlug die Autotür mit solcher Wucht zu, dass es laut knallte und Gasperlmaier erschrak. Kaum konnte er mit der Frau Doktor Schritt halten, die bereits auf die Eingangstür zusteuerte. Drinnen im Weingeschäft sah es sehr vornehm aus, fand Gasperlmaier. Tatsächlich stand die Maggie Schablinger mit ihrem schwarzen Fransenzeug, an dem er sie sofort erkannte, an der Bar, dahinter zwei junge Leute, offenbar das Personal. Die Maggie hatte, so stellte Gasperlmaier fest, heute nicht nur allerlei Fransen und Rüschchen an ihrer Kleidung, sie hatte auch noch wild gemusterte Strümpfe und Schuhe mit äußerst gewagten Absätzen an. Gasperlmaier fragte sich, wie man damit Auto fahren konnte. Noch bevor die Frau Doktor die Bar erreicht hatte, drehte sich die Maggie um. Gasperlmaier sah, dass sie ein langstieliges Glas Weißwein vor sich stehen hatte, in dem nur noch ein kleiner Schluck schwappte. „Wenn Sie selbst während der Arbeit trinken, dann sollten Sie andere deswegen nicht in die Schlagzeilen bringen!“ Die Frau Doktor, so dachte Gasperlmaier bei sich, ging gleich frontal zum Angriff über. Und erinnerte ihn so daran, wie die Maggie den Kahlß Friedrich und ihn selber in eine recht unangenehme Lage gebracht hatte, indem sie Fotos veröffentlicht hatte, auf denen der Friedrich und er in Uniform beim Bier trinken zu sehen gewesen waren. „Schau, der Gasperlmaier ist auch da. Ist das überhaupt was für Sie, so eine Vinothek, sollten Sie nicht viel eher in einer Brauerei ermitteln?“ Gasperlmaier verkniff sich jede Bemerkung und wartete gespannt darauf, wie die Frau Doktor das Wortgefecht weiterführen würde. „Arbeiten Sie beide hier?“, fragte sie stattdessen freundlich das Pärchen hinter der Bar. Der junge Mann war damit beschäftigt, Gläser zu polieren, während die blonde Frau verlegen auf dem Computer herumtippte. Die Frau fand als Erste die Sprache wieder. „Ja, wir sind das Team der Vinothek. Was können wir denn für Sie tun?“ Sie warf einen
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