Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)
Tätowierung eindeutig zu erkennen. Man konnte sie durchaus mit dem Original vergleichen, um sicherzugehen, ob das wirklich die Susi Schneider war.
„Vielleicht war es doch gut, dass Sie noch einen Ausdruck von dem Foto mitgenommen haben.“ Gasperlmaier war überrascht, dass die Frau Doktor nun plötzlich einlenkte. „Vielleicht haben wir ja noch einmal einen Grund, mit der Susi Schneider zu reden. Da wäre es immerhin interessant, Ihr Foto mit dem Original zu vergleichen.“ Die Frau Doktor nahm Gasperlmaier das Foto ab und betrachtete es kritisch. „Wenn wir’s nicht brauchen, können Sie sich’s ja übers Bett hängen!“ Die Frau Doktor lächelte, dennoch schmerzte es Gasperlmaier, dass sie ihm, wie es schien, abermals unlautere Motive unterstellte. Tatsächlich, so fand auch Gasperlmaier, hatte das Foto ja erotische Qualitäten, für ihn aber war es lediglich ein Beweisstück. Eines, das die Frau Doktor nur ihm zu verdanken hatte. Er hoffte inständig, dass er im Recht war und ihnen das Foto irgendwie weiterhelfen würde, wenn er auch noch nicht wusste, in welcher Form das zutreffen könnte.
14
„Ich überlege gerade, welchen der drei Herren wir zuerst interviewen werden. Ich meine, wir müssen da strategisch und vorsichtig vorgehen. Damit nicht einer den anderen warnt. Womöglich stecken sie alle drei unter einer Decke!“ Gasperlmaier und die Frau Doktor Kohlross befanden sich auf dem Rückweg von Gmunden und durchfuhren gerade einen der Tunnels, die in den letzten Jahren den Traunsee entlang gebaut worden waren. Damit die LKWs schneller durch das Salzkammergut rasen und die Touristen leichter die Flucht ergreifen konnten, wenn es wieder einmal Dauerregen gab, hatte Gasperlmaier Einheimische schon witzeln gehört.
Gerade kamen die Nachrichten im Radio. „Einen grauenhaften Mord hat es heute Mittag im Salzkammergut gegeben. Der Direktor des Bundesgymnasiums Bad Ischl, Hofrat Alois Maiselseder, ist von einer Reinigungskraft erschossen in seinem Büro gefunden worden.“ Die Frau Doktor bremste und ließ den BMW schleudernd an einer Bushaltestelle zum Stehen kommen. Sie hielt den Finger vor den Mund, um Gasperlmaier davon abzuhalten, dreinzureden, und beugte sich zum Lautsprecher vor, der in ihrer Seitentür eingebaut war. „Trotz intensiver Ermittlungen fehlt vom Täter jede Spur. Die ermittelnden Polizeibeamten halten einen Racheakt eines gescheiterten Schülers für möglich.“
„So!“ Die Frau Doktor griff in eine Ablage unter dem Lenkrad, holte ein Blaulicht hervor, ließ das Fenster hinunter und pappte das Gerät aufs Dach des BMW . Mit quietschenden Reifen und eingeschaltetem Folgetonhorn schoss der Wagen aus der Haltestellenbucht. „Das darf ja wohl nicht wahr sein, dass die oberösterreichischen Arschlöcher einfach darauf vergessen, dass wir im Umfeld dieser Schule in einem Mordfall ermitteln! Da muss man erst das Radio einschalten! Was ist denn das für ein Informationsfluss!“ Nicht nur die Frau Doktor bewegte sich in höchster Drehzahl, der BMW tat es auch. Die folgende Viertelstunde war eine der schlimmsten, die Gasperlmaier je erlebt hatte. Die Frau Doktor prügelte das Auto mit ständig jaulendem Folgetonhorn zunächst den Traunsee entlang, dann über Ebensee gegen Ischl. Obwohl viele Autofahrer brav Platz machten, gab es auch welche, die falsch reagierten und angesichts des heranrasenden BMW bremsten, auch wenn Gegenverkehr ein Überholen unmöglich machte. Die Frau Doktor fluchte, so fand Gasperlmaier, wie ein Bierkutscher. In der Nähe der Saline in Ebensee quetschte sie den BMW zwischen einem Langsamfahrer auf der rechten Spur und einem entgegenkommenden LKW gerade so durch. Gasperlmaier schloss die Augen und schwor sich, schleunigst wieder gläubig zu werden, wenn er diese Fahrt jemals überstehen würde. Einfach jetzt auf der Stelle den Glauben wiederzufinden, in höchster Not, das, so dachte Gasperlmaier, würde der Herrgott wohl nicht akzeptieren. Da musste er selbst sich schon ein wenig Zeit lassen. Gasperlmaier dachte darüber nach, welche Kirche oder Kapelle er in Ischl aufsuchen würde, um im Falle des Überlebens seinen Dank abzustatten.
„Sie funken mir jetzt diese Idioten an! Ich möchte die Leiche noch an Ort und Stelle sehen! Und dass mir niemand den Tatort ruiniert!“ Je wütender die Frau Doktor war, so kam es Gasperlmaier vor, desto rasender wurde ihre Fahrt. Gasperlmaier zog den Gurt an, so fest es ging, und stemmte sich mit den Füßen gegen den Fußraum
Weitere Kostenlose Bücher