Letzter Gruss - Thriller
durchgeschnitten. Es wurde als Raubmord verbucht. Keine Festnahmen.«
»Vor drei Jahren, sagst du?«
»Die Zwillinge waren gerade einundzwanzig geworden.« Jacob schüttete das bittere Gebräu in sich hinein und bückte sich nach seiner Hose, die unter dem Sofa gelandet war.
»Ich glaube, ich sollte dort mal vorbeifahren«, sagte er und stieg in die Jeans. »Wie weit ist es nach Santa Barbara?«
»Ungefähr hundertfünfzig Kilometer, du brauchst etwa zwei Stunden, falls du nicht in die Rushhour kommst. Aber hey …«
Lyndon Crebbs legte ihm eine schwere Hand auf die Schulter.
»Vorher gehst du unter die Dusche.«
Kopenhagen, Dänemark
82
Der Tatort war ein Hotel ganz in der Nähe des Hauptbahnhofs. Es schien in den 1930er Jahren gebaut worden zu sein, hatte drei Stockwerke und war sehr einfach, um nicht zu sagen schäbig.
Dessie und Nils kamen gleichzeitig mit einem der Kriminaltechniker an.
»Wir helfen Ihnen gern, die Ausrüstung nach oben zu tragen«, sagte Nils Thorsen.
Er bekam einen verwunderten Blick zur Antwort, hörte aber keinen Protest.
Zusammen wurden sie von den Uniformierten, die die Presse und die Neugierigen fernhalten sollten, durch die Absperrung gewinkt.
Die Morde waren in einem Doppelzimmer in der obersten Etage verübt worden.
Dessie bemerkte, dass es keine Überwachungskameras auf den Fluren gab.
Zwei Kollegen des Kriminaltechnikers hatten bereits damit begonnen, das Zimmer zu untersuchen. Es wurde von unterschiedlichen Lampen grell ausgeleuchtet. Dessie merkte am Geruch, dass die Leichen noch nicht abtransportiert worden waren. Mehrere Ermittler gingen mit Notizblock oder Kamera bewaffnet durch den Raum.
Dessie blieb draußen vor der Zimmertür stehen. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um über einen der Zivilbeamten hinwegsehen zu können, und als er sich bückte, fiel ihr Blick direkt aufs Bett.
Sie schnappte nach Luft.
Das Geschlechtsteil des Mannes war abgeschnitten und ihm in den Mund gestopft worden.
Der Bauch der Frau war aufgeschlitzt, ihre Gedärme lagen zwischen ihren Beinen. Tief in ihrem Hals steckte eine leere Champagnerflasche.
Dessie wandte sich ab und musste sich an der Wand festhalten.
»Was ist?«, fragte Nils Thorsen.
»Sehen Sie selbst«, sagte sie und trat einen Schritt zur Seite, um ihm Platz zu machen.
Nils Thorsen keuchte auf und gab einen erstickten Laut von sich. Er drehte sich um und stolperte den Gang hinunter.
Dessie stellte sich wieder in die Türöffnung und rief sich die Szene im Haus auf Dalarö in Erinnerung.
Die Ähnlichkeit war verblüffend.
Zwei Tote, ein Mann und eine Frau, mit durchschnittenen Kehlen.
Sie hätte nicht gedacht, dass es möglich wäre, aber diese Szene hier war noch grauenvoller.
»Habt ihr schon die Nationalität?«, fragte einer der Kriminaltechniker.
»Amerikaner«, antwortete der diensthabende Kriminalkommissar. »Tucson, Arizona. Anna und Eric Heller, frisch verheiratet. Auf Hochzeitsreise vermutlich.«
Dessies Übelkeit wuchs.
Außer den grausamen Verstümmelungen gab es nichts, was darauf hindeutete, dass die Leichen irgendwie arrangiert worden waren. Sie lagen lang ausgestreckt auf dem Bett, ohne besondere
Posen, ungefähr so, als hätte sie jemand dort abgeladen oder als wären sie einfach eingeschlafen.
Das hier war keine Kleine Meerjungfrau. Und auch kein Motiv der Skagen-Maler.
Sie nahm ihr Handy und rief Gabriella an.
Die Kriminalkommissarin meldete sich brummig.
»Sind Sylvia und Malcolm Rudolph noch im Grand Hotel?«, fragte Dessie.
»Sie haben ihre Suite nicht verlassen.«
»Bist du ganz sicher?«
»Das gesamte Hotel wird von der Presse belagert, die Rudolphs können sich nicht vom Fleck rühren, ohne dass es gleich die ganze Welt weiß. Andrea Friedrich hat alle Hände voll zu tun, die Rechte an dem ganzen Zirkus an den Höchstbietenden zu verschachern. Du weißt ja, basierend auf einer wahren Geschichte …«
Dessie schloss die Augen.
»Weißt du schon von Kopenhagen?«, fragte sie.
»Schweinisch, nach allem, was ich gehört habe«, erwiderte Gabriella.
»Es ist anders«, sagte Dessie. »Brutaler. Ich glaube nicht, dass es dieselben Mörder waren. Das waren andere.«
Am anderen Ende blieb es einen Moment lang still. »Oder die Rudolphs sind es tatsächlich nie gewesen«, sagte Gabriella.
Dessie wusste nicht, was sie sagen sollte.
»Du musst dich an den Gedanken gewöhnen, dass Jacob sich geirrt hat«, fuhr Gabriella fort. »Es deutet wirklich alles darauf hin, dass Sylvia
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