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Letzter Mann im Turm - Roman

Letzter Mann im Turm - Roman

Titel: Letzter Mann im Turm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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überstimmten und in ein Haus mit fremden Wänden verschleppten ohne «Diamanten» und «kaputten Zahn» und ohne ihre Millionen anderer Sehknospen? Ihr Herz schlug schneller. Sie hatte vergessen, wie viele Stufen sie noch vom Erdgeschoss trennten.
    Mrs Regos kraftvolle Stimme belebte sie.
    «Das ist eine Illusion, Mr Pinto. Ich kenne mich mit diesen Bauherren aus. Sie zahlen nie.»
    Das Schlachtschiff ist auf unserer Seite,
dachte Mrs Pinto.
Wie können wir da verlieren?
    «Wir wussten ja schon immer, dass Sie seltsam sind, Mrs Rego, aber uns war nicht klar, dass Sie tatsächlich verrückt sind», versetzte Mrs Puri dem Schlachtschiff eine Breitseite.
    Mrs Pintos Herz sank. Mrs Puri ist auf
deren
Seite. Wie können wir da gewinnen?
    «Dies ist eine Demokratie, Mrs Puri. Niemand wird mich zum Schweigen bringen. Sie nicht und kein Bauunternehmer der Welt.»
    «Ich sage ja bloß, Mrs Rego, dass selbst eine Kommunistin begreifen muss, dass wir, wenn jemand kommt und uns 200.000 Rupienpro Quadratmeter bietet, Ja sagen sollten. Wenn man alle Reparaturen bedenkt, die wir am Gebäude, in jeder einzelnen Wohnung ausführen lassen müssten, ehe verkauft werden kann – neuer Anstrich, neue Türen –, liegt das Angebot eher bei 250 Prozent des Marktwertes. Und denken Sie an die Zeit, die es braucht, bis ein Käufer für ein Haus in dieser Gegend gefunden ist. Mr Costello hat sechs Monate gewartet, dann aufgegeben und ist nach Katar gezogen. Hier bekommen wir das Geld bar auf die Hand.»
    «Aber wird dieser Mr Shah auch wirklich zahlen?» Ibrahim Kudwas Stimme.
    Gut. Ibrahim Kudwa, der Besitzer des Internetcafés, war der Durchschnittsbewohner des Gebäudes. Wenn er Zweifel hatte, hatten alle Zweifel.
    «Seht», sagte Mr Pinto, als seine Frau sich dem Parlament näherte und nach einem Stuhl tastete. Beweisstück Nummer eins.
    «Wie soll sie denn in einem anderen Gebäude überleben?»
    Mrs Pinto war sich bewusst, dass die Leute sie ansahen, und lächelte ihnen breit entgegen.
    «Wartet ab, bis dieser Mann hierherkommt und zu uns spricht», sagte Mrs Puri. «Oder ist das von euch allen zu viel verlangt?»
    Ibrahim Kudwa trat auf Mrs Pinto zu und flüsterte: «Ich wollte Ihnen von dem Schild erzählen, das vor dem Haus war. Sie haben das Loch inzwischen zugemacht, aber da war ein Schild, auf dem stand ‹Laufende Arbeiten, wir bedauern die Unannehmlichkeiten›, aber ich habe ‹Laufende Unannehmlichkeiten, wir bedauern die Arbeit› daraus gemacht.»
    «Das ist sehr gewitzt, Ibrahim», flüsterte sie zurück. «Sehr gewitzt.»
    Sie konnte beinahe hören, wie ihm stolz das Blut in die Wangen rauschte. Ibrahim erinnerte sie an Sylvester, einen Hund, den sie früher einmal gehabt hatte. Brauchte ständig ein «guter Hund» und einen freundlichen Klaps auf den Kopf.
    «Sie müssen uns jetzt entschuldigen. Shelley und ich machen jetzt unseren Spaziergang.»
    Masterji, der im «besten Stuhl» gesessen und vorgegeben hatte, den Fernseher in Mrs Saldanhas Küche zu ignorieren, entfaltete sich langsam. Er folgte Mr und Mrs Pinto zur Grundstücksmauer.
    Hinter sich konnte er hören, wie der taktlose Ibrahim Kudwa flüsterte: «Wie steht
er
eigentlich dazu?»
    Masterji ging langsamer, um die Antwort der getreuen Mrs Puri zu hören. «In dem Augenblick, in dem seine Freunde sagen, wir wollen das Geld nicht, sagt er, ich auch nicht.»
    Auch wenn er sich gegen das Angebot ausgesprochen hatte, war sie stolz auf ihn und wollte, dass auch alle das wussten.
    «Er ist ein englischer Gentleman. Nur wenn die Pintos ihre Meinung ändern, wird er seine auch ändern.»
    Masterji unterdrückte ein Lächeln, ging schneller und schloss zu den Pintos auf. Shelley hatte eine Hand auf ihren Mann gelegt, er konnte hören, wie sie ihre Schritte zählte. Wenn sie «zwanzig» erreicht hatte, war sie an der Gefahrenzone vorbei – an den Kricketspielern und ihren geschlagenen Bällen, die sie in Gesicht oder Magen treffen konnten. Nun würde sie zwanzig Schritte lang Hibiskus riechen.
    Mary, die die abendliche Reinigung der Gemeinschaftsflächen beendet hatte, goss nun die Pflanzen im Garten. Sie ergriff den zusammengeringelten grünen Schlauch, der den ganzen Tag wie eine Schlange im Winterschlaf dagelegen hatte, und schloss ihn an den Wasserhahn bei der Grundstücksmauer an. Mit dem Daumen lenkte sie den Wasserstrahl und spritzte den Hibiskus wach. Eins, zwei, drei, vier, fünf, Mary hielt den Schlauch in ihrer Rechten und zählte die Sekunden der Berieselung

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