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Letzter Tanz - Lincoln Rhyme 02

Letzter Tanz - Lincoln Rhyme 02

Titel: Letzter Tanz - Lincoln Rhyme 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaffery Deaver
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Augenführung so exakt, daß er an den Brauen nicht den kleinsten Hauch spürte. Die Linse verharrte genau einen Millimeter vor seinen Brauen.
    Das Redfield-Zielfernrohr war schwarz und elegant, und Stephen schlug es stets in ein Samttuch ein, bevor er es in seine Styroporform im Gitarrenkoffer legte.
    In seinem Versteck in einem kleinen Wiesenstück, etwa dreihundert Meter vom Gebäude der Hudson Air entfernt, setzte Stephen das schwarze Rohr des Teleskops nun auf die Halterung. (Sie bildete mit dem Gewehrlauf einen rechten Winkel und erinnerte Stephen immer an das Kruzifix seines Stiefvaters.) Dann brachte er das Rohr in Position und ließ es mit einem befriedigenden Klicken einrasten. Er zog die Muttern fest.
    Soldat, bist du ein guter Scharfschütze?
    Sir, ich bin der beste, Sir.
    Welche Qualifikationen hast du?
    Sir, ich bin in bester körperlicher Verfassung, ich bin sorgfältig, ich bin Rechtshänder, ich habe ausgezeichnete Augen. Ich trinke nicht, rauche nicht und nehme keinerlei Drogen. Ich kann stundenlang völlig bewegungslos in Warteposition liegen und habe nur den einen Wunsch, dem Gegner ein paar Kugeln in den Arsch zu jagen.
    Er duckte sich tiefer in das Gras.
    Hier könnten Würmer sein, dachte er plötzlich. Aber diesmal überkam ihn nicht das übliche Kribbeln. Er hatte einen Auftrag, auf den sich seine Gedanken jetzt voll und ganz konzentrierten. Stephen schmiegte das Gewehr an sich, roch das Maschinenöl des Bolzens und das Rindsleder des Riemens, der sich vom häufigen Tragen weich wie Angora anfühlte. Das Modell 40 war ein 7.62-Millimeter Nato-Gewehr und wog 3,9 Kilogramm. Der Abzugsdruck reichte normalerweise von drei bis fünf Pfund, aber Stephen setzte ihn immer etwas höher, weil er starke Finger hatte. Die Waffe hatte eine garantierte Reichweite von neunhundert Metern, allerdings hatte er auch schon über zwölfhundert Meter tödliche Treffer gelandet.
    Stephen kannte sein Gewehr in-und auswendig. Sein Stiefvater hatte ihm zwar immer wieder eingebleut, daß Schützen in Schützenteams nicht berechtigt waren, ihr Gewehr eigenhändig auseinanderzunehmen, und ihm deshalb nie erlaubt, sein Gewehr selbst zu zerlegen. Aber das war eine der wenigen Regeln des alten Mannes, die Stephen nicht richtig erschienen, und in einem uncharakteristischen Anflug von Widerstand hatte er sich alles Notwendige heimlich selbst angeeignet. Er konnte innerhalb kurzer Zeit sein Gewehr auseinandernehmen, es reinigen und reparieren, sogar einzelne Teile selbst herstellen, wenn sie defekt waren.
    Durch sein Zielfernrohr beobachtete er Hudson Air. Er konnte die Ehefrau nicht sehen, wußte aber, daß sie da war oder zumindest bald kommen würde. Das hatte er beim Abhören der Telefongespräche aus den Büros von Hudson Air erfahren. Sie hatte einem gewissen Ron erklärt, daß sie ihre Pläne geändert hatten. Statt ins sichere Haus zu fahren, würden sie zum Flughafen kommen, um einen Mechaniker zu finden, der den Learjet umbauen sollte.
    Stephen robbte vorsichtig im Gras vorwärts, bis er zum Kamm eines kleinen Hügels kam, wo er immer noch im Schutz von Büschen und hohem Gras lag, aber einen besseren Blick hatte. Er konnte nun den Hangar, die Büros und den Parkplatz davor klar erkennen. Zwischen ihm und den Gebäuden lagen nur eine flache Wiese und zwei Rollbahnen.
    Es war der perfekte Ort zum Töten. Offen einsehbar. Kaum Deckung. Alle Eingänge und Ausgänge waren von seinem Versteck aus leicht zu treffen.
    Vor dem Eingang standen zwei Personen, ein örtlicher Polizist und eine rothaarige Frau mit einer Baseballkappe. Sah toll aus. Sie schien Zivilpolizistin zu sein. Er konnte die Konturen einer Glock oder Sig-Sauer an ihrer Hüfte erkennen. Er nahm den Entfernungsmesser und richtete das geteilte Bild auf das rote Haar der Frau. Er drehte an einem Rädchen, bis die beiden Bilder nahtlos miteinander verschmolzen.
    288 Meter.
    Er legte den Entfernungsmesser zur Seite, hob das Gewehr an, richtete es auf die Frau und fokussierte erneut ihr rotes Haar. Er starrte ihr schönes Gesicht an. Ihre Attraktivität beunruhigte ihn. Er mochte das nicht. Er mochte sie nicht, wußte aber nicht, weshalb.
    Das Gras um ihn herum raschelte. Sofort formte sich ein Gedanke: Würmer.
    Er begann sich zu ekeln.
    Das Gesicht am Fenster...
    Er richtete das Fadenkreuz auf ihre Brust.
    Das Ekelgefühl verschwand.
    Soldat, wie lautet das Motto eines Scharfschützen?
    Sir, es lautet: Eine Chance, ein Schuß, ein Tod.
    Die Bedingungen waren

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