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Letzter Weg

Letzter Weg

Titel: Letzter Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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ins Vertrauen gezogen.«
    »Hat es das schwerer für Sie gemacht?«, fragte Grace. »Oder in gewisser Hinsicht sogar leichter?«
    Grace war entsetzt, dass die Frau, mit der sie seit nun zwei Jahren zusammenarbeitete, eine Mörderin war. Das Sprechen fiel ihr zunehmend schwer, doch sie war sich bewusst, dass sie irgendwie in dieses Gespräch hineinfinden und ihren Verstand bewahren musste.
    » Nichts hat es leichter gemacht«, sagte Lucia.
    »Nein«, erwiderte Grace. »Natürlich nicht.«
    »Ich glaube, Kez hatte das Gefühl, ich würde mich zutiefst für sie schämen, was auch der Wahrheit entsprach.« Erneut hielt Lucia kurz inne. »Ich glaube, von dieser Zeit an liebte und hasste sie mich zugleich. Sie liebte mich dafür, weil ich ihr immer geholfen hatte, und sie hasste mich, weil ich sie so gut kannte.«
    »Sie sagten, Kez habe sich zurückgezogen«, hakte Grace nach. »Haben Sie dann überhaupt noch gewusst, was in ihrem Leben vor sich ging?«
    »Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, das zu wissen. Nicht alles, zum Glück, und es wäre wohl leichter gewesen, mich gänzlich von ihr abzuschotten. Aber ich hatte mich für sie verantwortlich gefühlt.«
    »Also ist es weitergegangen?« Grace wurde wieder übel vor Entsetzen.
    »Eine Zeitlang hoffte ich, sie hätte aufgehört«, sagte Lucia. »Aber ich fand heraus, dass sie nur gelernt hatte, ohne mich zurechtzukommen. Sie wurde immer effizienter.«
    »Ich bin nicht sicher, ob diese Effizienz bedeutete, dass sie sich helfen konnte.«
    Das Wort »organisiert« war Grace in den Sinn gekommen; es war ein Begriff, den Profiler für bestimmte Kriminelle benutzten. Sie dachte an Sam und fragte sich, ob er sich ihre Nachricht schon angehört hatte und wie wütend er auf sie sein würde, weil sie hierhergefahren war.
    »Es ist sehr freundlich von Ihnen, dass Sie das sagen«, erklärte Lucia, »nur dass die jüngere Kez immer diese Tobsuchtsanfälle bekommen hat. Doch als sie älter wurde, schien sie über ausreichend Selbstbeherrschung zu verfügen, um sich Zeit zu nehmen und ihre Rache zu planen … falls es das war.«
    »Und? Glauben Sie, dass es das war?«, fragte Grace.
    »Rache oder Strafe.« Lucia seufzte. »Einmal hat sie mir gesagt, sie würde ihnen ›das Grinsen aus dem Gesicht treiben‹.«
    »Also noch immer wie ein Kind«, bemerkte Grace.
    »Ein Monsterkind«, korrigierte Lucia sie.

137.
    Mike Rowan aus Broward County war als Letzter in Naples eingetroffen. Er hätte genauso gut warten können, bis Cathy zu ihm kam, aber so, wie es nun einmal stand, hielt er es für sinnvoller, ihre Aussage eher früher als später zu hören, bevor die Zeit, Trauer oder irgendein anderes intensives Gefühl alles verzerrten.
    Sam hatte man mitgeteilt, er könne jederzeit gehen.
    »Nicht ohne dich«, hatte er Cathy an diesem Mittag bei einem Sandwich gesagt.
    Kurz darauf hatte er zwei Nachrichten auf seiner Mailbox abgehört und dann vergeblich versucht, Grace zu erreichen, bevor er bei Martinez angerufen hatte.
    »Stimmt was nicht?« Cathy hatte ihm die Anspannung angesehen.
    »Es ist nichts«, antwortete Sam. »Alles in Ordnung.«
    »Du lügst«, sagte sie. »Irgendwas stimmt nicht mit Grace. Wann wirst du endlich verstehen, dass ich kein kleines Kind mehr bin und auch mit schlechten Nachrichten zurechtkomme?«
    »Okay«, sagte Sam. »Eine Frage.«
    »Schieß los«, forderte Cathy ihn auf.
    »Kannst du ein bisschen Licht in ein paar seltsame Nachrichten bringen, die Grace und Al mir über Lucia Busseto und vielleicht Kez’ Tante hinterlassen haben?«
    »Was?« Cathy wurde kreidebleich. »Was hast du gesagt?«
    »Komm.« Sam führte sie zu einem Stuhl und ließ sie sich setzen. »Was ist hier los?«
    »Ich weiß es nicht.« Cathy schüttelte den Kopf und versuchte, das Puzzle zusammenzusetzen. »Sam, ich weiß es nicht, außer …«
    »Sag es mir.« Sam zog einen zweiten Stuhl heran und setzte sich dicht neben sie. »Erzähl es mir.«
    Cathy erzählte ihm von dem Foto auf Lucias Schreibtisch, unddann sprudelte es förmlich aus ihr hervor, denn niemand war mehr bei ihnen. Sie erzählte ihm auch, was Kez über eine Tante erzählt hatte, die ihr immer geholfen habe.
    »Geholfen«, echote Sam, und seine Angst wuchs.
    »Nach den Dingen, die sie getan hat«, erklärte Cathy.
    »Nach den Morden«, sagte er.
    Er musste jetzt klaren Kopf bewahren, denn Grace hatte ihre Nachricht kurz vor halb elf hinterlassen, und nun war es nach Mittag, und das bedeutete, dass sie schon vor einer

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