Letzter Weg
schnappte sich seinen Kaffee, trank einen Schluck und stellte die Tasse wieder hin. »Ich mag es nicht, wenn sie sich so aufregt.«
»Das verstehe ich.«
»Und besonders mag ich es nicht, dass es mein Bruder ist, der sie so aufgeregt hat.«
Sam ließ sich einen Moment Zeit. »Da muss doch noch mehr sein als nur eine Frage, die ich gestern Abend nicht habe beantworten wollen.«
»Sie glaubt, du würdest sie nicht mögen.«
»Das stimmt nicht«, erwiderte Sam. »Das weißt du.«
»Da bin ich mir nicht so sicher.« Saul stand wieder auf.
»Hör auf, dich mit mir zu streiten«, sagte Sam, »besonders nicht über so was.«
»Das ist wichtig für mich.«
»Genau«, sagte Sam. »Für mich auch.«
Saul schaute zu ihm hinunter, sah die Sorge auf dem Gesicht seines Bruders, wusste, dass es ihm ernst war, und setzte sich wieder.
»Sie ist sehr sensibel«, erklärte er. »In vieler Hinsicht.«
»Sie hat einen problematischen Hintergrund«, sagte Sam. »Das habe ich bis gestern Abend nicht gewusst, und es ist ihre Privatangelegenheit. Es gibt keinen Grund, warum wir das wissen sollten.«
»Dürfte es denn Einfluss darauf haben, wie du mit ihr redest?«
»Vielleicht nicht«, antwortete Sam, »aber je mehr man über einen Menschen erfährt – besonders wenn es die Frau ist, die der eigene Bruder liebt –, desto mehr kann man versuchen, diesen Menschen zu verstehen.«
»Bei dir klingt das, als wäre sie ein Fall.« Saul war wieder gereizt. »Wie einer von Grace’ Patienten. Terri ist ein großartiger Mensch, Sam. Sie braucht dein Verständnis nicht.«
»Hör auf, so verdammt reizbar zu sein.« Jetzt wurde auch Sam langsam ärgerlich. »Wir haben gestern alles getan, damit Terri sich willkommen fühlt.«
»Grace und Cathy sicherlich«, sagte Saul, »und Dad.«
»Aber ich nicht, was?« Sam senkte die Stimme. »Das stimmt nicht, Saul. Aber solltest du so empfinden, tut es mir leid.«
»So empfinde ich nicht«, gab Saul zu, »nicht wirklich.«
Sam rührte noch ein wenig in seinem Kaffee herum, probierte ihn dann und befand ihn für nicht so gut wie sonst. Er wusste, dass es weder mit der Maschine noch mit den Bohnen zu tun hatte, sondern mit der Gefahr, sich mit Saul zu zerstreiten.
»Hat Terri dich gebeten, zu mir zu kommen?«
»Sie hat gesagt, sie würde es gerne sehen, wenn ich mit dir rede«, antwortete Saul. »Und ich bin wütend auf sie geworden.«
Sam lächelte. »Und dann hast du beschlossen, vorbeizukommen und mir in den Arsch zu treten.«
»Ja.« Sauls Mundwinkel zuckten beim Anflug eines Lächelns.
»Was soll ich dir sagen, Bruderherz?«, sagte Sam. »Die Liebe ist das Beste auf der Welt, aber manchmal tut sie einfach nur höllisch weh.«
13.
14. August
»Wir müssen das sofort aus der Welt schaffen«, sagte Grace zu Sam, als sie am frühen Sonntagmorgen im Bett lagen. »Vielleicht solltest du sie zum Brunch einladen.«
»Das könnte zu einer Wiederholung von Freitag werden«, sagte Sam. »Es ist wohl besser, sie auszuführen.«
Grace ging, um Cathy zu fragen, ob sie mitkommen wolle. Sie fand sie auf dem Weg zum Lauftraining, und später musste sie noch lernen. Dann rief Grace Saul an, der wiederum gerade Terri abholen wollte, um mit ihr in den Metrozoo zu gehen.
»Schon wieder in den Zoo?« Sam hob die Augenbrauen.
»Terri liebt wilde Tiere«, sagte Grace. »Da ist doch nichts Falsches dran.«
»Eingesperrte Tiere.« Sam wusste Tierschutzprogramme zu schätzen, aber er neigte dazu, sich an die üblen alten Zoos zu erinnern, wo majestätische Raubkatzen auf winzigem Raum auf und ab gelaufen und prachtvolle Vögel vom Himmel ausgesperrt worden waren.
»Fang jetzt nicht damit an«, ermahnte ihn Grace. »Saul hat gesagt, dass wir uns ihnen gerne anschließen könnten.« Sie sah Sams Gesicht. »Ist schon okay. Wir haben uns auf ein spätes Mittagessen geeinigt.«
»Bis du sicher, dass du das schaffst?«, fragte Sam. »Du hast gestern gearbeitet.«
»Das war nur eine Sitzung«, entgegnete Grace. »Du weißt, wie wichtig sie war.«
»Du bist auch wichtig«, erwiderte Sam. »Und das Baby.«
»Das war nur ein Termin, Sam, und wir haben die ganze Zeit gesessen.«
»Du hast dir Stress wegen deinem Patienten gemacht«, sagte Sam.
»Ich werde es mir nicht zur Gewohnheit machen«, versicherte ihm Grace.
»Das hoffe ich«, sagte er.
»Ich nehme an, es ist einerseits die Unverdorbenheit der Tiere als auch ihre Pracht, was mich immer wieder dorthinzieht«, sagte Terri später im Ocean’s Ten in
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