Leuchtende Sonne weites Land - Roman
nicht so einsam gefühlt.«
»Hier hattest du Jackie und Tess als Gesellschaft«, gab Ben zu bedenken.
Aber Vera glaubte nicht, dass das der einzige Grund war.
»Meine Frau fühlte sich sehr einsam hier. Manchmal, wenn ich den ganzen Tag draußen bei den Schafen war und Geoffrey und Bobby Unterricht hatten, wurde sie fast wahnsinnig vor Einsamkeit. Erst als sie Kontakt zu den Ureinwohnern bekam und wir unsere beiden jüngeren Söhne adoptierten, wurde es besser.«
»Ich wäre mit der Einsamkeit tagsüber fertig geworden, wenn ich etwas gehabt hätte, auf das ich mich hätte freuen können. Aber wenn Mike abends heimkam, entstand nie eine anregende Unterhaltung. Ich konnte mit ihm nicht reden, wie ich jetzt mit dir rede. Er wollte nie wissen, wie mein Tag gewesen war, und er erzählte nie von seinem Tag, weil er wahrscheinlich dachte, ich würde mich nicht für das Kastrieren oder Scheren von Schafen interessieren. Mike hatte mir rein gar nichts zu sagen. Er ließ sich nach dem Essen aufs Sofa fallen und schlief ein. Und ich war wieder allein.«
Ben seufzte. »Mike war immer ein stiller Mensch. Geht er mal auf eine Grillparty, hält er sich im Hintergrund, und ich habe nie erlebt, dass er selbst mal Gäste eingeladen hätte. Er ist von jeher einEinzelgänger gewesen, deshalb habe ich mich auch gewundert, dass er sich um eine Frau aus den usa beworben hat.«
»Tim war doch offenbar ebenfalls ganz furchtbar schüchtern, aber Tess hat es geschafft, ihn umzukrempeln. Was habe ich nur falsch gemacht?«, fügte sie verzweifelt hinzu.
»Gar nichts, Vera. Tim und Mike sind zwei verschiedene Menschen, so wie du und Tess.«
»Tess reitet mit Tim aus, sie ist ein Teil seines Lebens geworden und nimmt Anteil am Alltag auf der Farm. Zu Mikes Verteidigung sei gesagt, dass er angeboten hat, mir das Reiten beizubringen, als ich ihm erzählte, Tess würde es lernen. Aber dann hat sich herausgestellt, dass ich eine Pferdehaarallergie habe. Ich musste fürchterlich niesen, als ich den Stall das erste Mal betrat, und habe einen Ausschlag bekommen«, sagte sie bedrückt.
»Das bedeutet nur, dass du nicht reiten darfst, es bedeutet nicht, dass du für das Leben hier draußen ungeeignet wärst. Wer abends zu Hause von einer Frau wie dir erwartet wird, darf sich glücklich schätzen. Du machst aus einem Haus ein richtiges Heim.«
Vera fand es furchtbar lieb von Ben, das zu sagen, aber es konnte sie nicht wirklich trösten.
»Das hat sich jetzt ein bisschen dumm angehört. Ich wollte damit nicht sagen, dass du nur eine gute Hausfrau bist, Vera. Du bist eine wunderbare Gesprächspartnerin und obendrein eine sehr attraktive Frau.« In Bens Augen war Vera alles, was ein Mann sich nur wünschen konnte.
Sie schien ihn nicht gehört zu haben. Abwesend fuhr sie fort: »Nie kam jemand zu uns zu Besuch. Ich bekam den ganzen Tag keine Menschenseele zu Gesicht, höchstens mal einen Aborigine irgendwo aus der Ferne.«
»Wie gesagt, Mike war nie der gesellige Typ. Er mag es nicht, wenn irgendetwas seinen Tagesablauf stört. Er ist bekannt dafür, dass er nicht mal auf ein Bier in die Kneipe kommt, wenn er in die Stadt fährt, weil er etwas für die Farm braucht.«
»Genau das war ich für ihn, Ben. Eine Störung seines Tagesablaufs. Und dabei habe ich gedacht, wir könnten eines Tages vielleicht sogar ein Kind zusammen haben!« Vera kamen die Tränen. Sie wusste, ihr blieb nicht mehr viel Zeit, um Mutter zu werden. Sich von diesem Traum zu verabschieden war das Schlimmste an der ganzen Sache. »Ich war so ein Dummkopf, Ben!«
»Nein, Vera. Du hast einen Fehler gemacht, das ist alles. Wir alle machen Fehler.«
»Wie viele Fehler muss ich denn noch machen, bis ich endlich dazugelernt habe?«, klagte sie.
Ben tätschelte ihre Hand. »Sieh es einfach so: Du bist um eine Erfahrung reicher geworden.«
Um Veras Mundwinkel zuckte es. »O ja, ich verfüge mittlerweile über einen ganzen Schatz an Erfahrung.« Ihr war ein bisschen leichter ums Herz. Ben hatte Recht: Das war schließlich nicht das Ende der Welt, nur das Ende einer kurzen Ehe. Sie schaute aus dem Fenster auf den alten Morris. »Ich liebe dieses Auto, Ben.«
»Bei aller Sorge um dich – Jackie hätte trotzdem nicht allein fahren dürfen. Es hätte Gott weiß was passieren können. Ich habe ihr erst eine einzige Fahrstunde gegeben.« Er hätte sich die schlimmsten Vorwürfe gemacht, wenn ihr etwas zugestoßen wäre.
»Du musst ein guter Lehrer sein, sie fährt nämlich gar nicht
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