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Leuchtende Sonne weites Land - Roman

Titel: Leuchtende Sonne weites Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser
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die Tür auf, und Ben kam herein, gefolgt von Nick, der ein Gewehr in der Hand hielt. Da die Brüder großen Unmut von Seiten der Ureinwohner befürchtet hatten, war Nick dageblieben und hatte auf dem Sofa vor sich hin gedöst. Auch Bens Söhne waren aufgewacht. Verschlafen standen sie in der Tür zu Jacquelines Zimmer.
    »Falscher Alarm«, sagte Ben, der sie nicht unnötig beunruhigen wollte. »Jackie hat nur schlecht geträumt. Ab ins Bett mit euch!« Die Jungen gehorchten widerspruchslos.
    Draußen, nur wenige Meter vom Haus entfernt, vollführten einige Aborigines einen seltsamen Tanz, begleitet von monotonem Singsang. Im Schein der Fackeln, die einige der Ureinwohner trugen, konnte man sehen, dass sie sich Gesicht und Körper ockerfarben bemalt hatten, was ihnen ein Furcht einflößendes Aussehen verlieh. Die meisten hatten Speere oder nulla-nullas bei sich. Der Spuk dauerte nur einige Augenblicke, dann verschwanden die Aborigines in der Dunkelheit.
    Ben hatte den Frauen eingeschärft, die Verandatür abzuschließen, aber sie hatten es vergessen. Er war wütend auf sich selbst, dass er es nicht überprüft hatte, und schloss die Tür. »Was ist passiert?«, wandte er sich an Jacqueline.
    »Jemand hat an meinen Haaren gerissen«, stieß sie atemlos hervor. Sie zitterte am ganzen Körper.
    Vera ging zu ihr und legte ihre Arme um sie.
    Nick war außer sich. »Was? Unglaublich!«, schäumte er. »Ich gehe raus und klär das!« Er riss die Verandatür auf.
    »Nein, nicht! Bleib da, Nick«, bat Jacqueline. »Es sind zu viele.«
    »Sie sind zu weit gegangen«, entgegnete er.
    »Bleib da, Nick«, mischte Ben sich ein. »Es ist ja im Grunde nichts passiert. Die werden sich schon wieder beruhigen.«
    Nick bückte sich und hob etwas vom Boden vor der Veranda auf. Er zeigte es Ben.
    »Was ist das?«, fragte dieser.
    »Sieht wie eine Art Totem aus«, antwortete Nick.
    »Ein Totem?«, wiederholte Jacqueline ängstlich. Was wollten die Aborigines damit? Und was hatte es mit ihr zu tun?
    »Ein Gegenstand, der für die Aborigines symbolische Bedeutung hat«, erklärte Ben.
    »Die Indianer in Amerika haben Totempfähle.«
    »Ja, das ist so etwas Ähnliches. Bei den australischen Ureinwohnern handelt es sich meist um einen Gegenstand wie eine Feder, einen Stein oder einen Knochen, mit dem es eine besondere Bewandtnis hat. Er kann zum Beispiel aus der Gegend stammen, in der sie geboren wurden, oder in irgendeinem Zusammenhang mit der mythischen Traumzeit stehen.«
    Der Gegenstand konnte aber auch Bezug zu einem Fluch haben. Doch das behielt Ben für sich. Er nahm Nick das Ding aus der Hand. Es waren zwei ausgebleichte kleine Knochen, die von Haarsträhnen umwickelt und mit einem Stück Haut, menschlicher Haut, zusammengebunden waren. Ben sah Nick besorgt an. Beide wussten, wessen Haare das waren.
    Jacqueline schlug die Bettdecke zurück und stand auf. »Das sind ja meine Haare!«, rief sie entsetzt und griff sich an den Kopf, als sie den Gegenstand in Bens Hand erblickte. Jemand musste ihr mit dem Messer eine Strähne abgeschnitten haben.
    Auf einmal hörten sie Stimmen. Ben schaute hinaus. Die Aborigines hatten ein Feuer an dem heiligen Kreis aus Steinen angezündet und vollführten einen rituellen Tanz.
    »Was ist?«, fragte Jacqueline.
    »Die Aborigines halten ein rituelles corroboree ab.«
    »Hat das etwas mit den Steinen zu tun, gegen die ich mit dem Auto geprallt bin?«
    Ben nickte. »Du hast einen heiligen Ort entweiht, Jackie.«
    Jacqueline verstand die Aufregung nicht. »Das waren doch bloß Steine!«
    »Nicht für die Aborigines«, erwiderte Ben kopfschüttelnd. »Die Adnyamathanha haben die Asche ihrer Vorfahren in dem Kreis verstreut, hier finden auch die Initiationsriten statt. Was du getan hast, ist ungefähr so, als würde man mutwillig eine Kirche oder eine Kathedrale zerstören.«
    »Ich verstehe«, sagte Jacqueline nachdenklich. »Was meinst du, soll ich mich entschuldigen?« Der Gedanke behagte ihr zwar nicht, aber sie wollte die anderen nicht in Gefahr bringen.
    »Zu diesem Zeitpunkt lieber nicht«, antwortete Ben. »Ich schlage vor, wir schließen Fenster und Türen und warten erst einmal ab. Du und Vera, ihr legt euch wieder hin, und Nick und ich werden eine Weile die Augen offenhalten.«
    »Sind das die gleichen Aborigines, die mir nach dem Flugzeugabsturz geholfen haben, was meinst du?«
    »Kann sein, ich weiß es nicht«, erwiderte Ben ausweichend. »Hier in der Gegend leben einige.«
    Falls es sich

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