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Leuchtende Sonne weites Land - Roman

Titel: Leuchtende Sonne weites Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser
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tatsächlich um dieselben Ureinwohner handeln sollte, wog Jacquelines Vergehen noch viel schwerer: Sie würden es ihr sehr übel nehmen, wenn sie ihnen ihre Hilfe damit vergolten hatte, dass sie ihren heiligen Kreis entweihte.
    Ben und Nick ließen die beiden Frauen allein. Jacqueline und Vera legten sich wieder hin, aber an Nachtruhe war nicht zu denken. Der Wind trug die unheimlichen Klänge des didgeridoo zu ihnen herüber, jeder Schatten ängstigte sie. Erst als die Musik kurz vor Tagesanbruch verstummte, fielen die beiden Frauen in einen unruhigen Schlaf.

19
    Nick nahm sein Gewehr mit, als er seinen Bruder bei Tagesanbruch zu den Ställen begleitete, wo Ben den Widder und die Pferde fütterte. Es hatte aufgehört zu regnen. Die ersten Sonnenstrahlen stahlen sich über die Hügel und schimmerten durch das Laub der Bäume. Noch war es frisch, aber es würde ein heißer Tag werden. Eine unheimliche Stille lag über dem Land, die nur vom gelegentlichen Krächzen einer Krähe durchbrochen wurde, die den neuen Tag begrüßte.
    Der heilige Kreis war wieder intakt. Noch immer hing der stechende Geruch nach Rauch vom Feuer der Aborigines in der Luft. Weder Ben noch Nick glaubten an Zauberei oder Hexerei, aber beide hatten großen Respekt vor den Bräuchen der Ureinwohner. Einem Außenstehenden mochte es lächerlich vorkommen, mit einer geladenen Waffe Wache zu stehen, aber nach den Ereignissen der vergangenen Nacht wollten sie kein Risiko eingehen.
    »Die Aborigines können unberechenbar sein«, meinte Nick. »Letzte Nacht haben sie sich nur eine Haarsträhne von Jackie geholt, aber …« Er sprach den Satz nicht zu Ende. »Es kann nicht schaden, in nächster Zeit sehr wachsam zu sein.« Nick fragte sich, was es mit dem schaurigen Totem auf sich hatte.
    »Ihr muss das Blut in den Adern gestockt sein, als sie aufwachte und eine dunkle Gestalt mit einem Messer in der Hand vor ihr stand«, sagte Ben. »Ich hätte auch einen Mordsschreck gekriegt. Sie hat wahrscheinlich gedacht, der Kerl will sie umbringen.«
    »Jackie und Vera sollten die nächsten ein, zwei Tage in der Nähe des Hauses bleiben, und die Jungs sollten immer mit einem von uns zusammen sein.«
    Ben nickte. »Ich hab ihnen noch gar nicht erzählt, was heute Nacht passiert ist.«
    »Ich würde ihnen vorerst auch nichts sagen.«
    Wieder nickte Ben. Sie dachten beide an Jimmy und Sid, die sehr empfindlich auf alles reagierten, was die Ureinwohner betraf. Ihre Mutter war vom Stamm der Adnyamathanha. Sie und Cindy hatten sich angefreundet. Die Aborigine hatte ihr in Haus und Garten geholfen, und Cindy hatte viel Zeit mit ihr verbracht und ihre Sitten und Bräuche kennen gelernt. Als die Aborigine schwer krank wurde und abzusehen war, dass sie sterben würde, hatte sie die Stammesältesten um Erlaubnis gebeten, ihre beiden Söhne Cindy und Ben anvertrauen zu dürfen. Der Vater der Jungen lebte nicht mehr.
    Dennoch hatten sich die Dultons einer gewissenhaften Prüfung durch die Stammesältesten unterziehen müssen, bevor der Bitte unter der Bedingung entsprochen wurde, dass Jimmy und Sid in den Stammestraditionen und -geheimnissen unterwiesen wurden, sobald die Zeit gekommen war. Mittlerweile waren sie fünfzehn und sechzehn, alt genug, um in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen zu werden. Die Aborigines konnten also jederzeit verlangen, dass sie für die Initiation zu ihrem Stamm zurückkehrten. Da Ben insgeheim fürchtete, sie könnten danach für immer bei ihrem Klan bleiben, zögerte er den Zeitpunkt, sie gehen zu lassen, hinaus.
    So sorgte er sich auch jetzt auf besondere Weise um sie.
    Als die beiden Männer von den Ställen zurückkamen, gab Ben den Hunden ihr Fressen, Nick ging hinein und machte das Frühstück. Sie wussten, dass die Frauen genauso wenig geschlafen hätten wie sie selbst und todmüde sein würden.
    Ben hatte kaum das Haus betreten, als sie ein Auto die Auffahrt herauffahren hörten. Er war nicht überrascht, als er Mike Rawnsley aussteigen sah, und ging hinaus.
    »Guten Morgen, Mike.« Sie gaben sich die Hand. Mike fühlte sich sichtlich unbehaglich, aber Ben dachte nicht daran, ihn ins Haus zu bitten.
    »Morgen, Ben«, murmelte Mike. »Du kannst dir wahrscheinlich denken, warum ich hier bin.«
    Ben nickte knapp.
    »Wie geht es Vera? Ich habe mir Sorgen gemacht.«
    »Gut«, antwortete Ben kurz angebunden. »Sie schläft noch.« Er hatte nicht die Absicht, sie zu wecken.
    »Sie ist doch nicht verletzt, oder?«
    »Nein. Aber wenn du dir

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