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Leuchtende Sonne weites Land - Roman

Titel: Leuchtende Sonne weites Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser
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Schalter hat mich derart bedrängt, dass ich keine andere Wahl hatte, als ihm die Wahrheit zu sagen. Mich vor allen Leuten so zu demütigen!«
    Schluchzend hielt Jacqueline sich ihr Taschentuch vors Gesicht. Das junge Paar auf der Bank nebenan hatte mitgehört und bedachte sie jetzt mit einem befremdlichen Blick.
    »Ihr Mann scheint ja ein schöner Mistkerl zu sein«, bemerkte Tess.
    »Ob Sie’s glauben oder nicht, aber er war ein guter Ehemann«, räumte Jacqueline schniefend ein. »Ich hätte niemals gedacht, dass er mich betrügen würde.«
    »Ich will ja nicht neugierig sein, aber haben Sie Kinder?«, fragte Vera.
    »Nein.« Jacqueline schüttelte den Kopf. Wie war es möglich, dass sie nicht bemerkt hatte, wie sehr Henry sich eine Familie wünschte?
    »Seien Sie froh«, tröstete Vera. »Wenn Kinder da sind, ist eine Scheidung immer schwierig.« Sie dachte an ihre eigene Kindheit zurück. »Ich war zehn, als meine Eltern sich scheiden ließen, und das hat mich geprägt.«
    »Ich kann keine Kinder bekommen«, gestand Jacqueline leise. »Deshalb hat Henry mich wegen einer anderen verlassen. Das hat er zumindest gesagt.«
    Normalerweise redete sie niemals mit wildfremden Menschen über persönliche Dinge, aber nach allem, was sie im Abfertigungsgebäude bereits über sich erzählt hatte, kam es jetzt auch nicht mehr darauf an.
    Vera starrte Jacqueline fassungslos an. »Was?«
    »Das darf doch wohl nicht wahr sein!«, empörte sich auch Tess.
    »Seit Henry vierzig geworden ist, benimmt er sich irgendwie merkwürdig«, fuhr Jacqueline fort. Es tat ihr unendlich gut, sich ihre Sorgen von der Seele reden zu können. »Wir hatten ein gut gehendes Geschäft in New York, aber plötzlich wollte er alles aufgeben und in Australien noch einmal von vorn anfangen. Ich hatte keine Ahnung, dass er sich so sehr ein Kind wünscht. Wir haben zwar mit dem Gedanken an eine Adoption gespielt, aber die Sache nie ernsthaft in Angriff genommen.« Eigentlich hatten sie nur ein einziges Mal darüber gesprochen und danach nie wieder.
    »Kennen Sie die Frau, mit der er Sie betrogen hat?«, fragte Tess. »Haben Sie sie zur Rede gestellt?«
    »Tess! Sei nicht so neugierig. Das geht uns nichts an.« Vera warf Jacqueline einen schuldbewussten Blick zu.
    »Lassen Sie nur, das ist schon in Ordnung.« Jacqueline sah Tess an. »Ich habe sie heute Morgen zufällig gesehen, als sie sich mit Henry unterhielt. Da wusste ich natürlich noch nichts von ihrer Affäre.«
    »Und? Wie ist sie so?«, forschte Tess.
    Vera sah ihre Freundin strafend an.
    »Anfang bis Mitte zwanzig«, begann Jacqueline.
    »Typisch!« Tess rollte viel sagend mit den Augen.
    »Blond, sehr gute Figur, knapper Minirock, zerschrammte Absätze …«
    Vera und Tess wechselten einen verdutzten Blick.
    »Zerschrammte Absätze?«, wiederholte Tess.
    »Ja, sie trug weiße Sandalen mit hohen, schäbigen Absätzen. Solche Dinge fallen mir immer sofort auf.«
    Vera schaute auf Jacquelines Füße. »Aber dass Sie zwei verschiedene Schuhe anhaben, haben Sie nicht bemerkt?«
    Jacqueline fiel aus allen Wolken, als sie sah, dass Vera Recht hatte. Sie trug eine weiße Sandalette, die hinten offen war und zwei Riemchen über dem Spann hatte, und eine, die einen Fersenriemen und einen breiten Riemen über dem Vorderfuß hatte. Da die Schuhe gleich hohe Absätze hatten, war ihr beim Gehen nichts aufgefallen.
    »O mein Gott!«, entfuhr es ihr.
    Sie erinnerte sich, dass beide Paar Schuhe neben dem Bett gestanden hatten. Das eine Paar hatte sie an Deck angehabt und es sich von den Füßen gekickt, als sie mit Henry heruntergekommen war. Bei ihrem überstürzten Aufbruch war sie dann offenbar in je einen Schuh von jedem Paar geschlüpft.
    »Vielleicht haben Sie ja noch so ein Paar im Koffer?«, meinte Tess.
    Jacqueline ließ den Kofferdeckel aufschnappen. Bestürzt sah sie, wie wenige Sachen sie eingepackt hatte. Und nicht ein einziges Paar Schuhe, nicht einmal ihre bequemen Hausschuhe. »Nein, ich hab gar keine Schuhe dabei«, jammerte sie. »Was mach ich denn jetzt? Ich kann doch nicht so herumlaufen!«
    »Ach was!«, sagte Tess beruhigend. »Das merkt doch kein Mensch.«
    »Natürlich merkt man das!« Jacqueline stellte rasch ihren Koffer vor ihre Füße. Die Schuhe waren gleichsam der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Sie fing wieder zu weinen an. »Wie konnte ich nur so dumm sein, praktisch ohne Geld, Kleider und mit unterschiedlichen Schuhen von Bord zu gehen?«, schniefte sie.
    Vera

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