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Leuchtende Sonne weites Land - Roman

Titel: Leuchtende Sonne weites Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser
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das Geländer. Von hier aus konnte man in der Ferne die Frachtschiffe im Hafen sehen.
    Nachdem sie ihre Sachen ausgepackt und sich ein wenig frisch gemacht hatten, beschlossen Vera und Tess, die Agentur Cavendish aufzusuchen.
    »Die Angestellte an der Rezeption meinte, es sei nicht weit bis zur Chandler Street«, sagte Vera.
    »Möchten Sie uns begleiten? Oder wollen Sie sich lieber ein bisschen ausruhen?«, fragte Tess.
    »Ich muss mir als Allererstes ein Paar Schuhe besorgen«, erwiderte Jacqueline. »Ich kann mich doch so nicht auf Arbeitssuche machen. Was soll denn mein zukünftiger Chef von mir denken?«
    Vera nickte. »Gut, dann treffen wir uns später wieder hier.«
    Die drei Frauen verließen das Hotel gemeinsam und trennten sich dann. Während Vera und Tess sich auf den Weg zur Agentur Cavendish machten, sah sich Jacqueline nach einem Schuhgeschäft um. Sie brauchte nicht lange zu suchen. Als sie vor dem Schaufenster stand und die Auslage betrachtete, hörte sie drinnen im Radio den Beatles-Song All My Lovin’ . Wehmütig dachte sie an ihr altes Leben zurück. Doch dann schob sie diese Gedanken energisch beiseite und betrat den Laden.
    Es war schwieriger, ein passendes und obendrein erschwingliches Paar Schuhe zu finden, als sie gedacht hatte. Zu guter Letzt entschied sie sich für weiße Sandalen, die ihr eine halbe Nummer zu groß waren. Etwas anderes konnte sie sich nicht leisten. Ihr wurde schmerzlich bewusst, dass ihre ohnehin geringe Barschaft durch den Schuhkauf noch weiter geschrumpft war. Aber sie bemerkte auch den Blick, mit dem die Verkäuferin das sonderbarePaar Schuhe musterte, das sie an den Füßen trug. Jacqueline, der das furchtbar peinlich war, behielt ihre neuen Schuhe gleich an und bat die junge Frau, ihre alten wegzuwerfen.
    »Ich suche Arbeit«, sagte sie, als sie bezahlt hatte. »Sie wissen nicht zufällig etwas?«
    »Im Café dort drüben wird eine Kellnerin gesucht«, antwortete die junge Frau Kaugummi kauend. »Und in den Hotels ist meistens ein Job als Putzhilfe oder Zimmermädchen zu bekommen.«
    »Gibt’s noch irgendetwas anderes außer Essen servieren und putzen?«
    »Was suchen Sie denn?«
    Die Verkäuferin konnte höchstens sechzehn sein, bemühte sich aber krampfhaft, älter auszusehen. Sie trug einen knappen Minirock, hochhackige Schuhe, hatte stark geschminkte Augen und toupiertes Haar.
    »Na ja, ein Job in einem Modegeschäft wäre nicht schlecht«, meinte Jacqueline nach kurzer Überlegung. Da sie sich immer gern Kleider gekauft hatte, konnte sie sich gut vorstellen, dass es Spaß machen würde, welche zu verkaufen.
    »Ich wüsste im Moment keinen«, murmelte das Mädchen zerstreut. »Haben Sie denn schon mal in einer Boutique gearbeitet?«
    Jacqueline lachte herablassend. »Nein, das nicht, aber Kleider verkaufen kann ja nicht so schwer sein, oder?«
    Die Verkäuferin musterte sie empört. »Sie sind nicht von hier, stimmt’s? Die Kleidergrößen in Australien sind anders, und Sie müssen sich auch mit einer Registrierkasse auskennen.«
    Jetzt war es Jacqueline, die ein entrüstetes Gesicht machte. Was glaubte dieses junge Ding denn? Dass sie zu dumm war, um zu lernen, wie man mit einer Ladenkasse umging?
    »Außerdem suchen die meisten Geschäftsinhaber jemanden mit Berufserfahrung«, fügte das Mädchen eine Spur hochnäsig hinzu.
    Jacqueline platzte der Kragen. »Jetzt hören Sie mir mal gut zu! Ich bin fast doppelt so alt wie Sie, das heißt, ich habe eine ganzeMenge Lebenserfahrung. Und Sie haben bestimmt auch nicht gewusst, wie man eine Registrierkasse bedient, als Sie von der Schule abgegangen sind, oder?«
    »Äh … nein, das nicht«, murmelte das Mädchen verdutzt.
    »Und wie sind Sie dann zu diesem Job gekommen?«
    »Meiner Tante gehört der Laden«, gestand das Mädchen kleinlaut.
    »Jetzt ist mir alles klar. Sonst könnten Sie auch nicht hier stehen und Kaugummi kauen, während Sie Kunden bedienen.«
    Jacqueline machte auf dem Absatz kehrt und verließ den Laden. Sie glaubte noch, das Mädchen brummeln zu hören: »Wenigstens laufe ich nicht in zwei verschiedenen Schuhen herum«, aber sie ignorierte es, weil ihr keine passende Antwort darauf einfiel.
    Draußen auf der Straße blieb sie einen Augenblick stehen und schaute sich unschlüssig um. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, zu kellnern oder zu putzen, aber sie wollte auch nicht mit knurrendem Magen auf einer Parkbank schlafend enden. Und genau das konnte passieren, wenn Tess und Vera

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