Leuchtende Sonne weites Land - Roman
Jacqueline Ann Walters.«
»Ich wusste gar nicht, dass Jackie verheiratet ist.« Sally richtete sich auf. Irgendetwas stimmt hier nicht, dachte sie.
»Jacqueline«, verbesserte Henry. »Meine Frau heißt Jacqueline. Sie will nicht Jackie genannt werden.« Das Scheidungsurteil war ihm an einem Tag, der nicht schlimmer hätte sein können, zugestellt worden, aber er hoffte, Jacqueline hatte die Post noch nicht bekommen.
Sein feines Getue reizte Sally zum Lachen, sie konnte sich gerade noch beherrschen.
»Sie kennen sie?«, fragte er.
Sally nickte. »Sie ist schon hier gewesen, ja.«
»Hier?« Henry machte ein ungläubiges Gesicht. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass meine Frau eine Kneipe wie diese besuchen würde«, fügte er angewidert hinzu.
Sally schwoll der Kamm. »Ihr Männer denkt, ihr wüsstet alles, nicht?«, spottete sie. »Sie hat sich großartig amüsiert. Sie hat mit den Einheimischen Billard und Darts gespielt, barfuß getanzt und kräftig dem Wodka zugesprochen. Sie hat nicht wenige Männer unter den Tisch getrunken, kann ich Ihnen sagen!« Sie freute sich diebisch über den bestürzten Ausdruck auf Henrys Gesicht. Einfach köstlich. Hätte sie doch nur einen Fotoapparat zur Hand!
»Mir scheint, ich bin gerade noch rechtzeitig gekommen.« Henry leerte sein Glas und kramte in seiner Hosentasche nach Kleingeld.
»Trinken Sie doch noch eins«, meinte Sally, die plötzlich eine Idee hatte.
»Nein, danke.« Henry lief rot an, als er ein paar Münzen auf die Theke warf. Sally hatte das Gefühl, dass er sich kein zweites Glas leisten konnte.
»Das geht aufs Haus«, meinte sie und schenkte ihm nach.
»Oh. Das ist sehr nett von Ihnen.« Und es kam völlig unerwartet.
»Wir hier auf dem Land sind eben gastfreundlich«, erwiderte Sally und rang sich ein Lächeln ab. »Bitte entschuldigen Sie mich, ich bin gleich wieder da.« Sie ging nach hinten in ihre Wohnung und geradewegs zum Funkgerät.
Ben war in der Küche, als das Funkgerät sich einschaltete. Da Jacqueline draußen im Gemüsegarten arbeitete, ging er in ihr Zimmer und setzte sich vor das Gerät.
»Ben, hier ist Sally vom Hawker Hotel. Over.«
»Hallo, Sally. Kannst du ein bisschen lauter sprechen? Over.« Es rauschte und knisterte, dass er Mühe hatte, sie zu verstehen.
»Hör zu, Ben, in der Bar sitzt ein Typ, der behauptet, Jackies Ehemann zu sein. Er wird sich bald auf den Weg nach Wilpena machen. Ich dachte, das solltest du wissen. Over.«
Stille.
»Ben? Bist du noch da? Over.«
»Ja. Ja, ich bin noch da, Sally, entschuldige. Ich bin nur so überrascht. Ich hätte nie damit gerechnet, dass Jackies Mann hierherkommt. Das Letzte, was ich hörte, war, dass er sich irgendwo in Melbourne aufhält. Over.«
»Dann stimmt es also? Er ist tatsächlich ihr Mann? Over.«
»Streng genommen nicht mehr. Er hat die Scheidung eingereicht, und Jackie hat eingewilligt und die Papiere unterschrieben. Over.«
»Gut für sie. Der Typ ist ein eingebildeter Großkotz! Over.«
Ben grinste. »Danke für den Tipp, Sally. Ich werde Jackie Bescheid sagen. Over und Ende.«
Er blieb einen Moment sitzen und versuchte, die Nachricht zu verarbeiten. Nick kam wahrscheinlich erst in ein paar Stunden zurück. Er war bei den Bensons und half Ian, den Generator zu reparieren. Für Jacqueline hatte er in den letzten Tagen kaum Zeit gehabt, ständig war irgendetwas dazwischengekommen. Die Nachbarn wussten, dass er sich mit Generatoren auskannte, und der von den Bensons war der zweite innerhalb von drei Tagen, der ausgefallen war.
Die Jungen hatten als Belohnung für die harte Arbeit in letzter Zeit den Nachmittag über frei. Bobby, Sid und Jimmy warenschwimmen gegangen; der Fluss führte immer noch genug Wasser, und so hatten sie die seltene Gelegenheit nutzen wollen. Geoffrey besuchte einen ehemaligen Klassenkameraden, Derek Shultz, der auf einer Nachbarfarm wohnte.
Ben ging langsam in die Küche zurück. Als Jacqueline kurze Zeit später hereinkam, sah sie ihm sofort an, dass etwas nicht stimmte. Sie stellte den Korb mit frischem Gemüse auf die Anrichte. »Was ist? Ist was passiert? Ist was mit den Jungs?«
»Nein, nein, denen geht’s gut. Aber du solltest dich besser setzen.«
Jacqueline schlug das Herz bis zum Hals. »Ist was mit Nick?« Die Angst schnürte ihr die Kehle zu.
»Nein.« Ben schüttelte den Kopf. »Ich habe gerade mit Sally vom Hawker Hotel gesprochen.«
»Und?« Jacqueline ließ sich auf einen Stuhl fallen. Warum machte es Ben nur so
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