Leuchtende Sonne weites Land - Roman
setzen, und nahm ebenfalls am Küchentisch Platz. »Also? Was willst du hier?«
»Ich wollte dich sehen, mit dir reden.«
»Ich wüsste nicht, worüber wir zu reden hätten. Wir sind geschieden. Das Scheidungsurteil ist rechtskräftig, meine Abfindung habe ich bekommen. Es ist alles erledigt.« Jacqueline hatte sich überlegt, die Summe für einen wohltätigen Zweck zu spenden, sich dann jedoch entschieden, das Geld zu behalten und für schwere Zeiten zurückzulegen.
Henry war zwar ein wenig entmutigt, gab aber noch nicht auf. »Ich wollte, dass du die Wahrheit erfährst.«
»Die Wahrheit«, wiederholte Jacqueline verwirrt. »Wovon redest du, Henry?«
»Ich bin auf ein paar Hochstapler hereingefallen.«
Jacqueline blieb die Sprache weg.
»Die Darcys sind polizeibekannte Betrüger. Sie leben davon, dass sie wohlhabende Männer ausnehmen. Und sie leben offenbar sehr gut davon.«
Jacqueline verstand überhaupt nichts mehr. »Wer sind die Darcys?« Und was hatte das alles mit ihr zu tun?
»Verity und ihre Eltern, Ron und Maxine.«
Jetzt dämmerte es ihr. »Was für eine Ironie des Schicksals«, bemerkte sie.
Henry ging nicht darauf ein. »Ich habe einen Privatdetektiv beauftragt, ein paar Nachforschungen anzustellen, und er fand heraus, dass sie in mehreren Ländern von der Polizei gesucht werden. Sie suchen sich ihre Opfer auf Kreuzfahrtschiffen oder in mondänen Ferienorten. Meistens ist es ein reicher Mann, der nicht selten verheiratet ist.« Er lief rot an. »Verity verführt ihn, und die Darcys überreden ihn, in ein angeblich todsicheres lukratives Unternehmen zu investieren, das es überhaupt nicht gibt. Dabei verliert er oft genug sein ganzes Vermögen.« Henry verstummte, damit Jacqueline das, was er ihr erzählte, verarbeiten konnte. Er schämte sich, es offen zuzugeben, aber er war völlig pleite. Er besaß rein gar nichts mehr.
Verity war wenige Stunden nach dem Umzug ins Exchange Hotel verschwunden. Als Henry feststellte, dass sie all ihre Habseligkeiten mitgenommen hatte, war er zwar beunruhigt gewesen, sagte sich aber, sie wolle ihm vermutlich nur eine kleine Lektion erteilen, weil sie aus dem Ambassador hatte ausziehen müssen. Doch Verity tauchte nicht wieder auf.
Henry geriet in Panik. Er hatte weder die Anschrift noch die Telefonnummer ihrer Eltern, er hatte überhaupt nichts in der Hand. Als er sein Bankkonto überprüfen wollte, auf das die Darcys zum Schein auch ihr eigenes Geld eingezahlt hatten, wurde ihm mitgeteilt, es sei aufgelöst worden. Da kam ihm zum ersten Mal der Gedanke, dass er Betrügern auf den Leim gegangen war. Und doch konnte er es einfach nicht glauben. Henry konnte nicht glauben, dass Veritys Gefühle für ihn nicht echt gewesen waren, dass sie ihm nach allem, was er für sie getan hatte, so etwas antat. Er wandte sich an die Baugesellschaft. Dort hatte man noch nie von den Darcys gehört.
»Ich habe mir doch die Projekte angesehen, die Sie mit ihnen geplant haben«, schrie er hysterisch ins Telefon. Die Darcys hatten ihm Wohnanlagen gezeigt, ihm eine Mappe mit Informationen über abgeschlossene Projekte, Verkaufszahlen, geplante Sanierungen und Neuüberbauungen vorgelegt. Er hatte alles genauestens studiert.
»Viele potenzielle Investoren besichtigen unsere Anlagen, aber wir haben keine Kunden mit Namen Darcy oder Walters. Es tut mir sehr leid.«
»Hören Sie, das muss ein Irrtum sein!« Henry dachte an das viele Geld, das er investiert hatte. Ihm wurde so übel, dass er sich beinah übergeben hätte. »Ich will mit dem Geschäftsführer sprechen.«
Er bekam einen Termin und legte die Nummer des Treuhandkontos vor, auf das er sein Geld eingezahlt hatte. »Man sagte mir, Ihre Gesellschaft verwalte diesen Treuhandfonds.« Der Geschäftsführer schüttelte bedauernd den Kopf und teilte Henry mit, die Kontonummer sei ihm völlig unbekannt.
In seiner Verzweiflung hatte Henry Brent Masterson eingeschaltet. Dieser fand heraus, dass die Darcys unter anderem wegen Betrugs und Hochstapelei in Neuseeland, in England und in den Vereinigten Staaten gesucht wurden. Ron und Maxine hatten das Land bereits verlassen. An Bord derselben Maschine befand sich auch eine Verity McKell in Begleitung eines Jungen. Entweder war Verity verheiratet oder verheiratet gewesen, oder aber sie war nicht die Tochter der Darcys. Henry war nach allen Regeln der Kunst über den Tisch gezogen und ausgenommen worden wie eine Weihnachtsgans.
Dass er sein Vermögen verloren hatte, war schlimm genug,
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