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Leuchtende Sonne weites Land - Roman

Titel: Leuchtende Sonne weites Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser
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Gasse an der Bäckerei entlang zu einer Tür, neben der zwei kleine Fensterchen in die Wand eingelassen waren. Sie fischte einen Schlüssel aus ihrer Tasche und schloss die Tür auf.
    »Stören Sie sich nicht an dem Durcheinander«, sagte sie lachend. »Ich packe gerade.«
    »Verstehe.« Jacqueline war ganz aufgeregt.
    Eine Stelle und eine Wohnung obendrein? Das war zu schön, um wahr zu sein. Voller Vorfreude trat sie hinter Alice ein, aber die Ernüchterung folgte augenblicklich.
    »Falls Sie eingestellt werden, fangen Sie morgens um vier an, sechs Tage in der Woche«, erklärte Alice. »Deshalb besteht Colin auch darauf, dass seine Verkäuferin hier wohnt. Er kriegt Sie wach, falls Sie verschlafen. Mir ist das x-mal passiert.«
    Während Alice redete, schaute Jacqueline sich um und versuchte, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Unter einem der Fenster befand sich eine winzige Kochnische samt schmutzigem Geschirr. Das Bett am anderen Ende des Zimmers war zerwühlt. Neben dem Bett stand ein kleiner Kleiderschrank, dessen Tür nur noch an einem Scharnier hing. Überall standen halb gepackte Kartons herum.
    »Das Bad ist dort drüben.« Alice stieg über ein paar Schachteln. »Eigentlich ist es nur eine Dusche mit einer Toilette, aber es ist völlig ausreichend.«
    Jacqueline streckte ihren Kopf vor und spähte um die Ecke. Das Bad war kleiner als der Schrank und uralt. Die Milchglasscheibe des Fensterchens war gesprungen, von den Wänden blätterte der Anstrich ab, in den Ecken schimmelte es. Der Duschvorhang, der vermutlich einmal cremefarben gewesen war, hatte sich modrig grau verfärbt. Es würde nicht leicht sein, ein gemütliches Zuhause aus dieser »Wohnung« zu machen.
    »Es ist nicht gerade luxuriös, aber ich habe schon in übleren Löchern gehaust, vor allem auf dem Land«, sagte Alice.
    »Wirklich?« Jacqueline dachte an Tess und Vera, die aufs Land hinausziehen wollten, und hatte unwillkürlich Mitleid mit den beiden.
    Alice nickte. »Na, was sagen Sie? Gefällt Ihnen die Wohnung?«, fragte sie erwartungsvoll.
    »Na ja, ich denke, sie hat … man kann sicher etwas daraus machen«, antwortete Jacqueline vage. Etwas Besseres fiel ihr nicht ein.
    Sie dachte an das bezaubernde, geräumige Haus, in dem sie mit Henry gewohnt hatte und das dank ihrer Haushälterin immer tadellos sauber gewesen war. Ihr Ankleidezimmer war ungefährdoppelt so groß wie Alice’ ganze Wohnung. Trotz ihrer ohnmächtigen Wut auf Henry trauerte sie plötzlich ihrem alten Leben nach, das für immer verloren war.
    »Genau, da lässt sich bestimmt was draus machen«, meinte Alice. »Ich hatte nur nie Lust dazu.«
    Jacqueline versuchte, sich vorzustellen, wie sie neue Vorhänge nähte und die Wohnung auf Vordermann brachte, doch es gelang ihr nicht.
    »Kommen Sie, ich bringe Sie jetzt zu meinem Chef«, sagte Alice und ging zur Tür.
    Nach einem letzten Blick in den Wohnraum folgte ihr Jacqueline. Draußen fragte sie die junge Frau, warum sie weggehe.
    »Eine Arbeit wie diese hält man nicht lange durch.«
    »Und warum nicht?« Als Jacqueline sich die Haare aus dem Gesicht strich, bemerkte sie, dass Alice’ Blick ihre teuren Ringe streifte.
    »Wenn man morgens um vier aufstehen muss, fallen einem spätestens um acht Uhr abends die Augen zu. Sich mit Freunden treffen, etwas unternehmen, das alles ist nicht drin. Man hat kein Leben mehr. Jedenfalls keines außerhalb der Bäckerei.«
    »Das ist mir egal«, murmelte Jacqueline abwesend. Waren Tess und Vera erst einmal fort, hatte sie sowieso niemanden mehr.
    »Sie sind verheiratet, oder? Ich frage nur, weil Sie einen Ehering tragen. Arbeitet Ihr Mann woanders?«
    Jacqueline wand sich einen Augenblick. »Äh … nein, ich bin nicht mehr verheiratet«, erwiderte sie. Sie hätte sich ohrfeigen können, weil sie nicht daran gedacht hatte, ihre Ringe abzustreifen.
    »Oh! Meine Schwester ist auch geschieden«, sagte Alice sachlich. »Aber das ist besser so.«
    »Warum das denn?«
    »Ihr Mann war ein Schürzenjäger. Er hat sich an alles rangemacht, was einen Rock trug.«
    Jacqueline lief rot an. Hätte sie doch nicht gefragt! Sie musste an Verity denken, Henrys neue Liebe. Aber Alice merkte nicht, dass sie einen roten Kopf bekommen hatte. Sie ging vor Jacqueline her durch die schmale Gasse und plapperte ungerührt weiter.
    »Colin, mein Chef, ist ganz in Ordnung«, sagte sie über ihre Schulter. »Bill auch. Er ist Colins Sohn. Er hilft im Laden aus, wenn viel los ist, und macht

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