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Leuchtende Sonne weites Land - Roman

Titel: Leuchtende Sonne weites Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser
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alle Botengänge, aber Bäcker will er nicht werden. Colin dagegen ist Bäcker mit Leib und Seele. Es wäre gut, wenn Sie auch gern kochten und backten.«
    Die Mahlzeiten, die Jacqueline in ihrer zehnjährigen Ehe zubereitet hatte, konnte man an einer Hand abzählen. Mrs. Bronte, ihre Haushälterin, war eine hervorragende Köchin gewesen. Sie hatte dafür gesorgt, dass auch dann etwas im Kühlschrank bereitstand, wenn sie ihren freien Tag hatte. Der Abschied von ihr war ihnen nicht leichtgefallen, aber da Mrs. Bronte ohnehin in den Ruhestand gehen wollte, war ihr der Zeitpunkt ganz recht gewesen.
    »Aber ich muss doch nicht backen, oder?«, fragte Jacqueline erschrocken.
    »Nein, nein, das macht Colin alles selbst. Aber es wäre gut, wenn Sie sich für die Zubereitung und die Rezepte interessierten.«
    Jacqueline erwiderte nichts darauf. Kochen und Backen und alles, was damit zusammenhing, interessierte sie nicht im Geringsten.
    Inzwischen waren sie in der Backstube angelangt. Alice machte Jacqueline mit ihrem Chef bekannt, einem leutseligen, beleibten, grauhaarigen Mann, dessen Brillengläser so staubig vom Mehl waren, dass es an ein Wunder grenzte, dass er überhaupt noch etwas sehen konnte. Er lächelte Jacqueline erfreut an, als er hörte, dass sie wegen der Stelle gekommen war.
    »Ich sage es lieber gleich – ich habe keinerlei Erfahrung in dieser Branche«, bekannte Jacqueline.
    »Wunderbar«, entgegnete der Bäcker zu ihrer Überraschung. »Ich bringe meinen Gehilfen gern selbst bei, was sie wissen müssen, und das ist einfacher, wenn sie noch unbedarft sind. Hat Alice Ihnen gesagt, dass die Unterkunft gestellt wird?«
    »Ja, sie hat mir die Wohnung schon gezeigt«, sagte Jacqueline so sachlich, wie es ihr möglich war.
    »Und?«, fragte Colin gespannt, als erwarte er, dass Jacqueline ihm vor Begeisterung um den Hals fallen müsse. »Wann können Sie anfangen? Alice ist nur noch bis morgen Nachmittag hier. Wie wär’s mit übermorgen? Sie könnten morgen Abend einziehen, wenn Sie wollen.«
    »Oh, äh … ich …«, stammelte Jacqueline völlig überrumpelt. »Reicht es, wenn ich Ihnen morgen Bescheid gebe?«
    »Sicher.« Der Bäcker zuckte mit den Schultern. »Aber wenn jemand kommt, der gleich anfangen kann, haben Sie Pech gehabt. Sie müssen keine Miete bezahlen, vergessen Sie das nicht, von Ihrem Lohn wird Ihnen also nichts abgezogen.«
    »Oh.« Jacqueline fragte sich, ob es eine Dummheit war, nicht sofort zuzugreifen.
    »Können Sie mir nicht doch heute noch Bescheid geben?«
    Jacqueline zögerte. Sie dachte an die schäbige Wohnung und konnte sich nicht entschließen. »Sie hören spätestens morgen Mittag von mir. Ich … ich habe noch eine andere Stelle in Aussicht.« Eilig verabschiedete sie sich.
    Als Jacqueline durch die Commercial Road schlenderte, ließ sie sich die Sache noch einmal durch den Kopf gehen. Jeden Morgen um vier Uhr aufstehen? Dazu diese grausige Wohnung, die halb so groß war wie die Schiffskabine auf der Liberty Star ? Der bloße Gedanke machte sie krank.
    Im Vorbeigehen betrachtete sie die Auslagen der Geschäfte. Sie hatte nichts, um sich irgendetwas kaufen zu können, und das allein sollte Grund genug sein, die Stelle anzunehmen. Vor dem Schaufenster einer Pfandleihe blieb sie stehen. Neben Fotoapparaten, Ferngläsern, einem Sortiment Messer mit Elfenbeingriffen, Uhren und einem Plattenspieler war auch eine große Auswahl an Schmuckausgestellt. Jacqueline schaute auf den Verlobungs- und den Trauring an ihrer linken Hand. Warum sollte sie die Ringe behalten? Henry schuldete ihr etwas für zehn Jahre Treue und Loyalität, und sie konnte das Geld gut gebrauchen. Entschlossen betrat sie den Laden.
    Als sie einige Minuten später wieder herauskam, hatte sie nach zähem Feilschen einhundertzwanzig Pfund in der Tasche. Sie wusste, dass sie betrogen worden war – ihre Ringe waren sehr viel mehr wert –, aber einhundertzwanzig Pfund waren besser als gar nichts. Jacqueline kaufte sich gleich zwei neue Kleider, die heruntergesetzt waren, sowie Unterwäsche und machte sich dann gut gelaunt auf den Rückweg zum Hotel.
    Als Vera und Tess von ihrem Spaziergang zurückkamen, drängten sie Jacqueline, sie zur Agentur Cavendish zu begleiten und sich anzuhören, was George Cavendish über die Stelle auf Wilpena Station zu sagen hatte. Jacqueline willigte ein; schließlich hatte sie nichts zu verlieren.
    Der Agenturinhaber war ein realistischer Mann mit einer ordentlichen Portion Humor.

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