Leuchtende Sonne weites Land - Roman
Jahresgehalt.«
Jacqueline riss bestürzt die Augen auf. Sie hatte den Vertrag nicht gelesen, weil sie ihn in aller Eile unterschrieben hatte, damit sie noch den Zug bekam, in dem Vera und Tess saßen. Sie könnte Ben nicht einmal mit dem Gehalt für einen einzigen Tag entschädigen, geschweige denn für ein ganzes Jahr.
»Nur zu Ihrer Information, Jackie. Meine Frau hat sehr viel mehr gearbeitet, und sie ist nicht dafür bezahlt worden.«
Jacqueline hätte gern darauf erwidert, dass das ja wohl die Aufgabe einer Ehefrau sei, aber da sie selbst eine Putzfrau und eine Haushälterin gehabt hatte, verkniff sie sich diese Bemerkung.
»Ich habe immer eine Haushälterin gehabt«, versuchte sie Verständnis bei Ben zu heischen. »Ich kenne mich nicht aus mit Hausarbeiten. Es wäre also in Ihrem eigenen Interesse, wenn Sie mich aus dem Vertrag entließen.«
»Kommt nicht infrage.« Ben schüttelte den Kopf. »Ich glaube, dass eine Frau von Natur aus kochen und putzen kann. Es liegt in eurem Wesen, andere zu umsorgen und sich um sie zu kümmern.Außerdem hat uns der liebe Gott zwei Hände gegeben, also machen Sie Gebrauch davon.«
Jacqueline brach in Tränen aus. »Was fällt Ihnen ein, mich so zu behandeln!«
»Denken Sie ja nicht, dass Sie mich damit herumkriegen. Ich habe mehr Mitleid mit einem Schaf, das in einem Zaun feststeckt, als mit einer Frau, die heult, weil sie vor der Arbeit zurückscheut.« Ben verglich Jacqueline unwillkürlich mit Cindy, die ohne zu klagen von früh bis spät geschuftet hatte.
Jacqueline konnte es nicht fassen. Er verglich sie mit einem Schaf! Nach allem, was Henry ihr angetan hatte, war diese Bemerkung der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. »Ihr Männer seid so herzlos, alle miteinander!«, schleuderte sie Ben wütend entgegen.
»Ach ja?« Er verschränkte ungerührt die Arme vor der Brust.
»Jawohl, herzlos und gemein!«, fauchte sie.
Bens Söhne, die gerade aus ihren Zimmern gekommen waren, standen im Flur und lauschten. Sie sahen sich schweigend an und waren sich einig, dass Jacqueline ihnen nach diesem Wortwechsel noch unsympathischer wurde. Leise zogen sie sich ins Bad zurück.
»Falls Vera und Tess heiraten sollten, und nach dem Verlauf des gestrigen Abends scheint mir das ziemlich wahrscheinlich, werden Sie die einzige Frau hier sein, bis Dot zurückkommt. Ich würde Ihnen daher raten, Ihre Einstellung zu ändern. Obwohl Vera und Tess Gäste sind, hat es ihnen nichts ausgemacht, mit anzupacken und auszuhelfen.«
»Sie sind in der Absicht hierhergekommen, einen Farmer zu heiraten, ich nicht«, entgegnete Jacqueline hitzig. »Farmersfrau scheint mir nur ein anderes Wort für Sklavin zu sein.«
»Wer würde ein faules Weibsstück wie Sie schon zur Frau haben wollen«, knurrte Ben verächtlich.
Jacqueline schnappte empört nach Luft. »Ich war zehn Jahre verheiratet«, brach es aus ihr hervor. »Und ich war eine gute Ehefrau!« Sie schluchzte auf, als sie daran dachte, was sie Henry alles abgenommen, wie sie ihm den Rücken freigehalten hatte, damit er sich ganz seinem Geschäft widmen konnte.
Ben fiel aus allen Wolken. »Sie waren verheiratet?« Er fragte sich plötzlich, ob sie vielleicht verwitwet war.
Jacqueline war beleidigt, weil Ben so überrascht schien, aber sie hatte bereits zu viel gesagt. »Ich will nicht darüber reden«, fauchte sie.
»Hören Sie, wenn Ihr Mann gestorben ist, dann tut mir das sehr leid«, sagte Ben aufrichtig.
»Gestorben?« Wie kam er denn auf so etwas? Da sie Ben nicht in diesem Glauben lassen wollte, sagte Jacqueline, als sie sich wieder gefasst hatte: »Er ist nicht gestorben.«
»Aber … wo ist er dann?«
»In Melbourne, soviel ich weiß«, erwiderte sie verbittert. Sie hoffte, Ben umstimmen zu können, wenn sie sich ihm anvertraute. Dann ließ er sie vielleicht gehen.
Ben schwieg einen Moment, dann fragte er: »Hat er Sie verlassen?«
»Weggeworfen hat er mich wie ein Paar alte Schuhe.«
Jacqueline konnte Ben ansehen, wie schockiert er war, und schöpfte neue Hoffnung. Wenn er Mitleid mit ihr hatte, würde er sie vielleicht aus dem Vertrag entlassen.
»Ich möchte nicht aufdringlich sein, aber darf ich fragen, was passiert ist?«
Jacqueline ließ den Kopf hängen. Es war ihr peinlich, Ben die Wahrheit zu sagen, aber ihre Zukunft hing davon ab. »Er … er hatte eine Affäre auf dem Schiff, mit dem wir nach Australien gekommen sind«, begann sie leise. »Er gestand mir alles – kurz bevor wir in Adelaide
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