Leuchtende Sonne weites Land - Roman
schließlich kein Junggeselle gewesen.
»Und? Glauben Sie, Sie werden der Aufgabe gewachsen sein?«, fragte er grinsend.
»Warten wir’s ab. Sind Sie denn sehr ungezogen?« Erst als sie es ausgesprochen hatte, wurde ihr bewusst, dass sich das wie ein Flirtversuch anhörte.
»Manchmal schon«, entgegnete Nick. »Kann sein, dass Sie mich ab und zu züchtigen müssen.«
Wieder wurde Jacqueline rot, konnte aber nicht umhin, sein Lächeln zu erwidern. »Ich denke, das schaffe ich.«
Sie nahm seinen frischen, herb-männlichen Duft wahr. Ein betörender Duft. Sie atmete ihn tief ein und machte eine Sekundelang die Augen zu. Als sie sie wieder öffnete, ruhte sein Blick auf ihr. Die kleine Lampe im Wohnzimmer schuf mit ihrem warmen Licht eine intime Atmosphäre. Jacqueline kam die Szene völlig unwirklich vor.
»Sie sind eine klasse Frau, Jackie«, murmelte Nick rau.
Jacqueline schluckte, weil sich plötzlich ein Kloß in ihrer Kehle gebildet hatte. Sie verspürte das unbändige Verlangen, diesen Mann zu berühren und von ihm berührt zu werden. Eine irrwitzige Sekunde lang sehnte sie sich danach, wieder begehrenswert zu sein.
Sie senkte den Blick und flüsterte: »Danke, aber Sie übertreiben.« Wahrscheinlich lag es am Bier, dass er ihr ein solches Kompliment machte.
»Nein, ganz bestimmt nicht. Und ich bin auch sicherlich nicht der Erste, der Ihnen das sagt.«
Jacqueline kam sich auf einmal sehr verletzlich vor. »Ich habe mich seit einer Ewigkeit nicht mehr schön oder begehrenswert gefühlt«, sagte sie und war sich nicht einmal bewusst, dass sie laut dachte.
Sie stieß einen schweren Seufzer aus. Zum ersten Mal kam ihr der Gedanke, dass Henry vielleicht nicht so Unrecht gehabt hatte mit seiner Bemerkung, zwischen ihnen habe es schon lange nicht mehr gestimmt. Sie hatte es nur nicht gemerkt. Erst jetzt, wo sie darüber nachdachte, fiel ihr auf, dass sie sich nicht erinnern konnte, wann er ihr das letzte Mal gesagt hatte, sie sei schön oder begehrenswert.
Als sie sich Nick zuwandte, berührte er mit dem Handrücken ihr Gesicht. Ihr stockte der Atem. »Glaub mir, du bist eine überaus attraktive Frau.«
Jacqueline ergriff seine Hand und drückte sie an ihr Gesicht. Sie schloss die Augen. Seine Haut fühlte sich genau so an, wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie schmiegte ihre Wange in seine Hand und schwelgte in dem wunderbaren Gefühl seiner Berührung. Sie wusste, es war nicht richtig, was sie tat, aber das war ihr egal.Normalerweise betrachtete sie die Dinge von allen Seiten, wägte ab und analysierte, aber sie wollte jetzt nicht denken. Sie wollte nichts weiter als fühlen.
Sie küssten sich leidenschaftlich. Als sie sich voneinander lösten, blickte sie ihm in die Augen und wisperte: »Geh mit mir ins Bett. Ich will mit dir schlafen.«
Nick zögerte. Sie hatte eine ganze Flasche Wein ausgetrunken. Wusste sie noch, was sie tat? Er wollte die Situation nicht ausnutzen.
»Bist du sicher?«
»Ja, ganz sicher«, flüsterte sie. »Du verstehst das wahrscheinlich nicht, aber ich möchte mich wieder als Frau fühlen. Schlaf mit mir, Nick. Bitte.«
Obwohl sein Verstand ihm sagte, dass es ein Fehler war, stand er auf, streckte die Arme nach ihr aus und zog sie an sich. Sie war wunderschön, er konnte nicht leugnen, dass er sich zu ihr hingezogen fühlte. Er wusste nichts über sie, aber er hatte die brennende Sehnsucht in ihrer Stimme gehört. Jacqueline legte den Kopf an seine Schulter, als er sie auf seinen Armen in ihr Zimmer trug.
7
Stimmen, die irgendwo von draußen kamen, rissen Jacqueline aus einem tiefen Schlaf. Sie stöhnte auf, weil ihr der Schädel brummte und ihre Kehle ganz ausgedorrt war. Verschlafen spähte sie durch die Vorhänge der Verandatür und stellte verwirrt fest, dass es noch dunkel war. Silbernes Mondlicht fiel auf den staubtrockenen Garten. Die spärlichen Gräser und Sträucher warfen bizarre Schatten. Dann nahm sie eine Bewegung wahr. Jacqueline kniff die Augen zusammen und starrte angestrengt in die Dunkelheit. Vor der Veranda standen zwei Gestalten. Erst als sie Veras Stimme hörte, erkannte sie ihre Freundin und Mike Rawnsley.
»Schsch!«, machte Vera und kicherte wie ein Schulmädchen. »Sonst wecken wir Jacqueline noch auf.«
Schon passiert, dachte Jacqueline mürrisch.
»Ich werd jetzt besser gehen«, murmelte Mike, zog Vera aber noch fester an sich und küsste sie stürmisch.
»Mmm«, schnurrte Vera. »Musst du wirklich schon gehen?«
»Ja, aber das sage ich schon
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