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Leuchtendes Land

Titel: Leuchtendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Dinger, die hier sind aus echter Wolle. Eine für dich und eine für mich. Wenn es dir recht ist, würde ich gern in Pa’s Zimmer umziehen. Meins ist nur eine bessere Abstellkammer. Wir können es ja für Besucher herrichten.«
    »Welche Besucher?«
    »Man weiß ja nie. Vielleicht kommen mal Leute zu Besuch.«
    »Clem, wir schaffen dieses ganze Zeug erst mal ins Haus. Oder sollen wir es wieder einladen, damit du dir dein Geld zurückholen kannst? Ich hätte dich niemals allein in die Stadt fahren lassen dürfen. Ich habe mir solche Sorgen gemacht.«
     
    Alice saß wie versteinert am Küchentisch, während er die Köstlichkeiten für die Party auspackte, den Schinken anschnitt, eine Dose Pfirsiche mit dem Messer öffnete, klebrige Bonbons auf einem Blechteller anrichtete und die zerdrückten Brötchen hervorholte. »Ich hätte eine Tischdecke kaufen sollen«, meinte er beiläufig. »Früher hatten wir hübsche Tischdecken, die unsere Mutter selbst bestickt hatte.«
    »Sie waren irgendwann abgenutzt.«
    »Sicher. Wir hatten früher viele schöne Dinge.«
    »Ach ja?«
    Er entkorkte den Wein. »Diesen Rotwein nennt man Claret. Es ist der gleiche, den Dr. Carty seinen Gästen vorzusetzen pflegt.«
    Er ergriff zwei klobige Wassergläser. »Wir müssen unseren Claret wohl hieraus trinken … Dr. Carty hat den Wein in hübschen Gläsern aufgetragen. In einer Vitrine im Laden habe ich schöne Gläser gesehen. Es gab zwei aus echtem Kristall. Sie sahen aus wie unsere Rosenschale. Mrs. Hannigan hat sie mir gezeigt. Sie klingen, wenn man mit dem Finger dagegenschnippt. Sie sind ein bisschen teuer, aber eines Tages werde ich dir diese Kristallgläser kaufen, Alice. Im Moment allerdings …« Clem schenkte ihr Wein ein.
    Seufzend ergriff sie ihr Glas. »Falls du die Rosenschale im Wohnzimmer meinst, die Mutter und Pa zur Hochzeit bekommen haben – die ist nur aus geschliffenem Glas. Und jetzt will ich die ganze Wahrheit hören.«
    Clem berichtete ihr von seinem Besuch in York einschließlich der guten und der schlechten Neuigkeiten. Alice ärgerte sich, als sie hörte, dass Noah Geld auf der Bank gehabt hatte. Sie ärgerte sich mehr, als Clem erwartet hatte. Er selbst war zunächst überrascht gewesen, dann hatte sich eine leichte Gereiztheit und schließlich pure Freude eingestellt. Alice jedoch wirkte verletzt.
    »Das war grausam von ihm.«
    »Ich schätze, er konnte Dora nichts abschlagen und wollte das Geld daher in Sicherheit wissen.«
    »Ich habe über vieles nachzudenken, Clem.«
    »Stimmt«, sagte er beflissen, »wir haben über so vieles nachzudenken. Ich muss diese ganzen Papiere unterzeichnen. Ich meine natürlich, du musst es tun, weil ich noch minderjährig bin. Und ich habe beantragt, dass man uns zwei Sträflinge als Arbeiter zuteilt.«
    Dies bedurfte einer genaueren Erklärung.
    »Das verstehe ich nicht«, meinte Alice. »Wir geben ihnen hier draußen Arbeit. Meilenweit von jeder Stadt entfernt. Sie sind nicht eingesperrt. Werden sie denn nicht einfach davonlaufen?«
    »Wohin sollten sie denn? In all den Jahren ist nur ein einziger Sträfling aus Westaustralien entflohen, ein irischer Politiker. Dabei hat ihm aber auch jemand geholfen. Er wurde auf einem Schiff versteckt, das nach Amerika fuhr. Jeder kennt diese verrückte Geschichte.«
    »Aber diese Burschen? Warum laufen sie nicht weg?«
    »Ich sagte es dir doch bereits: Wohin sollten sie denn? Nimm mich zum Beispiel, Alice«, begann er großartig und nahm noch einen großen Schluck von dem ausgezeichneten Claret. Hätte er sich auf Cartys Party doch an dieses Zeug statt an Bier gehalten. Nächstes Mal würde er Bescheid wissen. »Wo war ich stehengeblieben? Genau. Ich kenne den Busch in- und auswendig. Ich habe hier gelebt, seit ich sechs Jahre alt bin. Wenn ich nun auf der Flucht wäre, wo würde ich wohl hinlaufen?«
    Fasziniert beugte sie sich vor und nippte an dem Wein, während sie über die Frage nachdachte. Es war ihr anzusehen, dass sie im Geiste alle Möglichkeiten durchspielte. »Nicht nach Osten. Da ist nur endlose Wüste.«
    »Nach Norden?«, fragte ihr Bruder.
    »Zu gefährlich. Selbst von York aus. Du würdest ein Gewehr und Munition brauchen und müsstest wissen, wie du dich da draußen ernähren kannst. Wo also würdest du es versuchen?«
    »Du hast vollkommen recht. Es wären tausend Meilen bis zur Küste, falls einen die Abos nicht vorher erwischen. Was ist mit dem Süden?«
    »Ein Mann könnte sich in den großen Wäldern dort unten

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