Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leuchtendes Land

Titel: Leuchtendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
Vom Netzwerk:
Holzhäuser mit zwei Stockwerken, die an die eleganten Gebäude in York erinnerten. Zahlreiche Familien hausten allerdings noch in Bretterhütten, kaum besser als Kuhställe. Das waren die ganz armen Siedler, wie beispielsweise Ted Cornish, dem man ein nutzloses Stück Land als Schafweide verkauft hatte. Es lag an der Ostgrenze von Lancoorie im allertrockensten Gebiet. Ted war Schäfer, wie es vor ihm bereits sein Vater und vermutlich auch sein Großvater und sein Urgroßvater gewesen waren. Er war kein Farmer und hätte es nie probieren sollen, hatte aber, auch ohne irgendjemand um Rat zu fragen, einfach Land gekauft, den Traum so vieler Männer wahrzumachen versucht. Für all diese Leute aus England war Land zugleich Raum, nicht nur schlichter Boden. Etwas anderes gab es hier draußen auch nicht. Eine unendliche Weite, hinter der sich weitere Millionen von Morgen erstreckten. Man brauchte nur verrückt genug zu sein und einfach immer weiter zu gehen. Und das taten sie.
    »Eine verdammte Schande«, hatte Noah angesichts des Mißgeschicks von Ted Cornish bemerkt. »Er sitzt in der Klemme. Das Land ist zu karg, als dass es genügend Schafe ernähren könnte, und zu klein, um es zu verkaufen. Auch er wird irgendwann abwandern.«
    Und doch hatte Noah selbst über dreitausend Morgen hier draußen gekauft, mehr Land, als er hätte nutzen können, einfach, weil es so billig gewesen war. Clem fragte sich, ob er tausend Morgen davon verkaufen sollte, um Bargeld in die Kasse zu bekommen.
    Zu Beginn hatte das Wohnhaus von Lancoorie einen Lehmboden gehabt, eine steinharte Mischung aus Termitenschlamm und Wasser, die zwar pflegeleicht, aber für Dora nicht gut genug gewesen war. Sie verlangte Bodenbretter bis unter die Markise hinaus, weil sie eine richtige Veranda haben wollte. Vor diesen Extraausgaben scheute Noah sich allerdings. Doch im Haus selbst bekam sie ihren Dielenboden, den Alice fortan bohnern musste. Dann wünschte Dora sich ein Wohnzimmer, und Noah baute eines hinter der Küche, zimmerte eine Bank und Stühle und erlaubte ihr, allen möglichen Tand aus Katalogen zu bestellen, mit dem sie dann das Zimmer dekorierte. Er selbst jedoch bevorzugte nach wie vor seinen großen schweren Sessel vor dem Küchenkamin, und abends saß die Familie weiterhin um den Küchentisch, wie sie es schon immer getan hatte.
    Das Wohnzimmer hieß dann irgendwann »Doras Zimmer«. Für neue Kleidung hatten sie kein Geld. Clem trug Noahs abgelegte Sachen, und Alice litt darunter, Doras farbenfrohen Ausschuß auftragen zu müssen. Doch ihre Klagen stießen auf taube Ohren. In Noahs Augen konnte man Kleider tragen, bis sie völlig abgenutzt waren. Sie aßen dreimal am Tag Hammel – warm, kalt und in der Suppe mit dem Gemüse, das Alice in ihrem kleinen Garten zog. Dora schien sich nicht im Geringsten um ihre Ernährung zu kümmern, solange sie nur ihren Grog und die Keksdosen und Süßigkeiten hatte, die sie unter dem Bett zu verstecken pflegte.
    Nachdem sie das Wohnzimmer von Bildern und alten Kalendern, Tüchern und Schals, kitschigen Puppen und Musikdosen, blechernen Spucknäpfen, Nippes aus Porzellan, Bergen von Pralinenschachteln und Doras restlichem Nachlaß befreit hatten, wirkte der Raum zwar kahl, aber frisch und sauber. Clem wünschte, er hätte so ausgesehen, als die Nachbarn zur Beerdigung gekommen waren.
    Er wandte sich um und ließ den Blick über das gerodete Land bis zum Busch schweifen, jener Wand aus Bäumen, die stets niedrig wuchsen, um in diesem ausgedörrten Land zu überleben. Dahinter lagen Wasserstellen, von denen die meisten jedoch Salzwasser enthielten. Früher hatten er und Noah einmal das Salz gesammelt und beutelweise verkauft, doch dann waren zu viele andere Farmer auf die Idee gekommen, und die harte Arbeit hatte sich nicht mehr gelohnt.
    Er lehnte sich an den Zaun und pfiff sein Pferd herbei. Das Tier trabte auf ihn zu und beäugte ihn neugierig.
    »Ich werde schon Geld bekommen«, sagte Clem. »Ich nehme eine Hypothek auf. Dann habe ich Geld, um die Arbeiter zu bezahlen. Was aber machen wir dann? Land roden? Mehr Schafe züchten? Und wenn dann wieder trockene Jahre auf uns zukommen? Das war schon immer das Problem.«
    Er hatte sich oft mit Noah darüber gestritten, ob man nicht einen Stausee bauen sollte. Doch sein Vater hatte behauptet, es regne nicht genug, um ihn zu füllen. Sein Sohn war sich dessen jedoch nicht so sicher. Er war Noahs
Countryman
-Zeitschriften durchgegangen und dabei auf eine Statistik

Weitere Kostenlose Bücher