Leuchtendes Land
schon, zieh das aus, Liebling, wir können ganz gut darauf verzichten. Die Nacht ist wunderbar warm.«
Durch Neckerei und sanfte Überredungskunst brachte er sie letztlich dazu, das Nachthemd abzustreifen. Es kümmerte ihn nicht, dass Thora versuchte, sich sofort wieder fest in die Bettdecke einzuwickeln. »Ist das nicht besser so?«, flüsterte er. »Wir sollten uns so sehen, wie wir sind, wie die Natur uns geschaffen hat.«
»Nein«, entgegnete sie wütend, »das ist vulgär. Du willst mich absichtlich demütigen.«
Als sie sich erneut verhüllte, zog er ihr mit leichter Hand die Decke wieder weg. Ihr langer, schlanker Körper mit den vollen Brüsten vermittelte ihm nach der Katastrophe von Northam endlich ein Gefühl von Geborgenheit. »Niemand will dich demütigen«, sagte Clem lächelnd. »Du bist nur schüchtern, das kann ich gut verstehen. Dennoch solltest du auf deinen Körper stolz sein, der so viel Freude schenken kann.«
Er versuchte, sie sanft und spielerisch zu streicheln, damit auch sie Spaß daran finden und sich schließlich der Erregung überlassen würde. »Ich möchte, dass du dich einfach gehenlässt«, flüsterte er, während seine Hände behutsam ihren Körper erforschten. »Dann wirst du sicher Gefallen daran finden und mehr wollen.«
»Lass das«, erwiderte Thora und schob ihn weg. »Du bist so gewöhnlich. Wenn du auf deinen Rechten bestehst, dann nimm sie dir um Himmels willen. Ich möchte nur vorher nicht diese ganzen vulgären Dinge erdulden.«
»Was hast du gesagt?«, fragte er.
»Ich weiß es nicht mehr. Tu es einfach, Clem. Ich möchte endlich schlafen.«
»Hast du gesagt, ich sei gewöhnlich?«
Nachdem er sie losgelassen hatte, wandte sich Thora mit einem hörbaren Seufzer ab.
Nach all den Enttäuschungen der letzten Tage geriet Clem in Zorn. »Ich bin also gewöhnlich?«, knurrte er, riss die Bettdecke beiseite, warf sich ohne die geringste Zärtlichkeit auf sie und drang in sie ein.
»Das ist Sex, Thora, nichts anderes. Je schneller du das begreifst, desto besser.«
Am Morgen jedoch floh er voller Reue aus dem Schlafzimmer. Er wusste, dass es sinnlos war, sie um Verzeihung zu bitten.
Alice bemerkte, dass Thora sich Clem gegenüber kühl, wenn nicht sogar abweisend verhielt, und fand es ausgesprochen ungerecht, dass ihre Schwägerin ihn für den Verlust des Geldes bestrafte. Es war wirklich nicht seine Schuld gewesen, schließlich trieb sich in diesen Zeiten lauter Gesindel auf den Straßen herum.
Thora machte die Sache noch schlimmer, indem sie tagelang indiskrete Bemerkungen vor ebenjenen Arbeitern fallenließ, die sie kürzlich noch verachtet hatte, weil sie Sträflinge waren. Alice wusste, dass Thora ihren Mann vor den Männern schlechtmachte, weil sie ihm etwas heimzahlen wollte.
»Wenn Clem so weitermacht, landen wir bald alle im Armenhaus«, hatte sie erst am Tag zuvor beim Abendessen hämisch eingeworfen.
Da ihr Bruder nicht die geringste Reaktion gezeigt hatte, hatte auch Alice nichts dazu gesagt, was vermutlich auch am besten gewesen war. Auf derart gehässige Bemerkungen durfte man gar nicht erst eingehen.
Es gab noch etwas anderes, das Alice störte. Es gefiel ihr nicht, wie Mike Thora in letzter Zeit anschaute. Sie hoffte, sie bilde sich nur ein, dass mehr dahintersteckte, doch er schien auf Thoras Tändeleien einzugehen und diese sogar zu genießen. Sie musste zugeben, dass ihre Schwägerin eine schöne Frau war, deren Aufmerksamkeiten den Arbeitern durchaus schmeichelten, doch Mike sollte sie nicht auch noch ermutigen.
Clem plante, einige Tage nach York zu fahren. Alice schlug vor, er solle Thora und das Baby mitnehmen.
»Sie will nicht fahren«, gab Clem kurz angebunden zurück. »Sie möchte lieber reiten lernen. Ich denke, das wird ihr guttun. Wenn sie frei umherreiten kann, wird sie Lancoorie besser kennenlernen.«
»Ja, natürlich«, antwortete Alice und schrubbte weiter den Boden. Doch insgeheim fragte sie sich, wie es zu diesem EntSchluss gekommen war. Noch nie zuvor hatte Thora erwähnt, dass sie gerne reiten würde. Doch immer noch besser, als die ganze Zeit untätig im Haus herumzusitzen, dachte Alice.
Nach kurzem Galopp zügelte Clem sein Pferd, bis es in Trab fiel. Er war froh, Lancoorie zu verlassen, hatte es aber nicht besonders eilig, nach York zu kommen, da er in Ruhe nachdenken wollte. Thora sprach immer noch nicht mit ihm und hatte sogar ein Polster in den Mittelgraben ihres Doppelbetts gelegt, um ihn an seinen Platz zu
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