Leuchtendes Land
Clem ritt am Zaun entlang und versuchte, die Aufmerksamkeit des Besitzers auf sich zu lenken.
»Ich glaube nicht, dass Rufen etwas bringt«, sagte Mike. »Warte hier, ich wecke Barclay schon auf.« Er stieg ab, gab Clem die Zügel in die Hand, nahm Anlauf und sprang über den Zaun.
Das Hotel war ein schönes, zweistöckiges Backsteingebäude. »Kein Wunder, dass der Besitzer es heute geschlossen hat«, dachte Clem. »Aber wenigstens bekommen wir ein anständiges Zimmer.«
»Was treibt ihr da?«, Ein Mann bog im Laufschritt um die Ecke.
Clem drehte sich im Sattel um. »Schon gut, Kumpel. Ich warte nur, dass man mich reinlässt. Wir wohnen hier.«
Der Schlag traf ihn völlig überraschend. Er hatte den zweiten Mann, der sich von hinten angeschlichen hatte, nicht bemerkt. Als der schwere Knüppel auf seinen Nacken niedersauste, klammerte Clem sich in einem Reflex an die Zügel. Sein Pferd bäumte sich auf, weil das Gebiss, in sein Maul schnitt, und Clem stürzte unter einem weiteren brutalen Schlag zu Boden. Die beiden Männer zerrten die Pferde weg, während Clem versuchte, sich an den Lederriemen festzuhalten und über den unebenen Boden geschleift wurde.
Seine Hände waren glitschig – ob vor lauter Blut oder vor lauter Schweiß, wusste er nicht –, und die Riemen entglitten ihm. Er hörte nur noch, wie sie mit seinen Pferden davonrannten! Er wollte schreien, doch aus seiner Kehle drang nur ein Krächzen.
Die Kette rasselte, und das schwere Tor schwang auf. Für Clem schien es in unerreichbarer Ferne zu liegen.
»Wo zum Teufel steckt er?«, ertönte Mikes Stimme. »Vor einer Minute war er doch noch hier …«
»Vielleicht ist er wieder nach vorn gegangen«, antwortete eine andere Stimme.
»Nein. Warum sollte er das tun? He, Clem! Wo bist du?«
»Wer liegt denn da am Zaun?«, fragte die fremde Stimme. Clem stöhnte.
»Heilige Mutter Gottes, Boss, was ist passiert? Wo sind die Pferde?«
Wie betäubt und gestützt von den beiden Männern taumelte Clem ins Hotel.
»Haben sie meine Satteltasche mitgenommen?«
»Ja, als nette Zugabe. Mr. Barclay hier vermutet, dass sie es auf die Pferde abgesehen hatten.«
Clem ächzte. Seine Handgelenke waren fast ausgerenkt und blutig. Sein Schädel fühlte sich an, als klaffe ein Loch darin. »Wir müssen ihnen nach!«
»Zu Fuß?«, fragte Mike. »Wir flicken dich zusammen, dann solltest du ein bisschen schlafen. Hat keinen Sinn, heute Nacht zur Polizei zu gehen. Die Pferde tragen dein Brandzeichen, das könnte ein Pluspunkt für uns sein.«
»Ich kann neue Pferde kaufen«, sagte Clem.
»Nicht in dieser Gegend«, antwortete der Wirt. »Sie haben da eine hässliche Wunde am Kopf. Soll ich einen Arzt holen?«
»Nein«, erwiderte Clem wütend.
Zwei Tage später erfuhren sie, dass man ihre Pferde im Gebüsch bei der Straße nach Perth gefunden hatte, doch von Clems Satteltasche gab es keine Spur. Berittene Polizisten würden die Tiere zurückbringen.
»Das war’s dann wohl«, sagte Mike. »Die dachten, sie hätten zwei anständige Pferde erbeutet, doch dann haben sie das Bargeld entdeckt und die Tiere wegen der Brandzeichen laufenlassen. Sie sind auf Nimmerwiedersehen verschwunden! Das war wohl echtes Pech!«
»Mehr hast du nicht zu sagen? Pech? Mein Gott, ich bin ruiniert, und du redest, als hätte ich gerade mal ein paar Pfund verloren!«
»Wir haben doch noch die Pferde. Wenigstens müssen wir nicht nach Hause laufen«, tröstete ihn Mike.
»Lass mich in Ruhe. Und hör auf, dich als meinen Partner zu bezeichnen. Jeder, der hier reinkommt, nennt dich so. Es geht mir mächtig auf die Nerven.«
Mike zuckte die Achseln. »Da ich die ganze Zeit rede und erkläre und mit den Polizisten durch die Gegend reite, gehen sie selbstverständlich davon aus, dass ich dein Partner bin. Ich selbst habe nie etwas Derartiges gesagt. Du tust dir keinen Gefallen, wenn du dich hier drinnen verkriechst und dich aufregst. Deine Verletzungen sind nun wirklich nicht allzu schwer. Dass aber offensichtlich dein Stolz schwer was abgekriegt hat, solltest du nicht an mir auslassen.«
Clem wusste, dass Mike recht hatte. Er hatte Geld verdient und es aus purer Unachtsamkeit verloren. Er hätte vorsichtiger sein sollen. »Mein Gott, ich war sogar bewaffnet«, dachte er voller Zorn. »Das hätte einfach nicht passieren dürfen. Reinste Dummheit! Hätten sie Mike ausgeraubt, dann hätte er noch ein paar Hiebe von mir einstecken können. Aber so kann ich niemandem die Schuld geben
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