Leuchtendes Land
sie an. »Verschwenden Sie nicht meine Zeit, Mädchen. Ich habe Ihnen schon einen Gefallen getan, indem ich hierher geritten bin. Ich hätte meine Anwälte auch sofort darauf ansetzen können.«
»Vielen Dank für Ihre Gefälligkeit, aber ich muss abwarten, was Clem dazu sagt.«
Cartys Argumente prallten an Alices Standhaftigkeit ab. Endlich stürmte er aus dem Haus.
»Sie werden noch von mir hören!«, brüllte er.
Sie kehrte an den Tisch zurück und schenkte sich noch eine Tasse Tee ein. Er blufft nur, dachte sie und hoffte, dass sie sich nicht irrte. Seine Entrüstung hatte sehr echt gewirkt.
Die Wochen vergingen. Thora erhielt einen Brief von Clem, der von ihrer Ankunft in Kalgoorlie und der bisher erfolglosen Suche auf ihrem Claim berichtete.
»Weshalb sind sie nicht in Coolgardie geblieben?«, jammerte Thora. »Die Postle-Jungs sind auch dort und haben Gold gefunden. Sie haben zwar nicht gesagt, wie viel, doch es muss sich um einen beträchtlichen Fund handeln. Wenn sie als reiche Männer nach Hause kommen und Clem nicht, fange ich an zu schreien.«
»Lass ihnen Zeit«, sagte Alice beschwichtigend. »Sie haben gerade erst mit der Suche begonnen.«
»Aber das Gold könnte zu Ende gehen. Mrs. Postle sagt, dass schon jetzt unanständig reiche Männer über York nach Hause zurückkehren.«
»Was willst du damit sagen?«
»Na ja, wenn noch mehr Gold da wäre, würden sie doch bleiben, nicht wahr?«
»Ich vermute, sie arbeiten so lange in ihren Minen, bis diese erschöpft sind. Dann müssen sie einen neuen Claim kaufen. Clem schrieb, es sei ein fürchterlicher Ort, ohne Schatten und mit Temperaturen von über vierzig Grad.«
Thora zuckte die Achseln. »Sie haben doch ihre Zelte. Heißer als hier kann es dort auch nicht sein. Der Sommer war schrecklich, und dann diese Fliegenplage.«
In ihrem Brief an Clem berichtete Alice von ihrem Alltag und der erfreulichen Tatsache, dass sein Stausee noch Wasser enthielt. Sie fügte eine Extraseite bei, auf der sie ihm die letzten Neuigkeiten von seiner Tochter berichtete, die ihr so sehr ans Herz gewachsen war. Dr. Cartys Besuch hingegen erwähnte sie nicht.
Als ein amtlich wirkender Brief eintraf, befürchtete Alice, dass Carty nun doch zu einem Anwalt gegangen sei, stellte aber fest, dass der Absender der neue Bankdirektor war. Dies machte sie nur noch unruhiger, da sie bislang zwar einen Teil der Hypothek zurückgezahlt hatte, jedoch noch nicht die eigentlich zu zahlende Summe.
Beim Lesen schnappte sie aufgeregt nach Luft. Der Bankdirektor hatte einen erfolgreichen Goldsucher als Kunden, der nach einer Investitionsmöglichkeit in York suchte. Er schlug Alice vor, Lancoorie zu einem guten Preis an diesen Herrn zu verkaufen, und fragte nach, ob dieser die Farm besichtigen könne. Dass sie mit dem Verkauf einverstanden war, schien er vorauszusetzen.
Alice verschwendete keine Zeit und schrieb umgehend zurück, dass Lancoorie keineswegs zum Verkauf stünde. Dann fügte sie noch hinzu, dass dies jedoch nicht für das Fuhrunternehmen gelte, und nannte einen horrenden Preis für diese »ausgezeichnete Investitionsmöglichkeit«.
Nach nur einem Monat hatte Alice die ehemalige
Carty's Coach and Carrying Company
für fünfzehnhundert Pfund an den Herrn verkauft, der außerdem noch ein Vermögen für das
Victoria Hotel
bezahlt hatte, da sich die beiden Geschäfte seiner Ansicht nach ausgezeichnet ergänzten.
»Wieviel bekommen wir für das Fuhrunternehmen?«, wollte Thora wissen.
»Genug, um unsere Ausgaben wieder reinzubekommen«, murmelte Alice vorsichtig. »Der Zorn deines Vaters hat mir keine Ruhe gelassen.«
»Auf ihn solltest du wirklich keine Rücksicht nehmen! Wenn die Schienen erst einmal bis nach York verlegt sind, ist die Firma ohnehin wertlos.«
»Thora! Der Bau der Eisenbahn wurde verschoben, das weißt du doch.«
»Woher sollte ich das wissen? Was gibt es zum Mittagessen?«
Alice starrte sie an. »Mittagessen? Wir haben doch gerade erst gegessen!«
Thora hielt eine Tischdecke in der Hand. Sie stopfte sie daraufhin schnell wieder in die Schublade und eilte hinaus.
»Also wirklich, wo dieses Mädchen bloß seine Gedanken hat!«, Alice holte das Tischtuch wieder aus der Schublade und faltete es ordentlich zusammen.
Die Reisegesellschaft fiel bald auseinander. Einer nach dem anderen kehrten die Männer, die ihre Habe in Schubkarren beförderten, um; manche ließen dabei sogar die unhandlichen Gefährte zurück. Dann machten die Fußgänger vor
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