Leuchtendes Land
glauben, sie müssten einfach nur nach Osten laufen. Sie schwärmen wie die Bienen über die ganze Gegend aus und verlieren die Orientierung, dem müssen wir ein Ende machen. Sind Ihre Pferde in Form?«
»Ja, wir haben sie geschont.« Clem war sich allerdings in diesem Punkt nicht ganz sicher, da man die Tiere auf dem steinigen Boden kaum schonen konnte.
»Gibt es Führer?«, wollte er wissen.
»Nein, Sie sind ganz auf sich gestellt. Achten Sie auf den ausgefahrenen Weg und fahren Sie nie bei Nacht, auch wenn es dann kühler ist. Vielen hat das den Hals gebrochen.«
Während sie warteten, beobachteten sie die zornigen und nicht selten gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Diggern, die sich bitter darüber beklagten, dass sie um ihr Glück gebracht würden. Sie warfen der Polizei vor, sie habe kein Recht, ihnen den Weg zu versperren, doch die Ordnungshüter blieben eisern und ritten jeden nieder, der die Reihen durchbrach. Nachdem Clem und Mike sich endlich wieder in Bewegung gesetzt hatten, behielten sie ein langsames Tempo bei, um die Pferde zu schonen, und achteten darauf, in Sichtweite ihrer Mitreisenden zu bleiben. Mike betrachtete das rauhe, öde Land und schüttelte den Kopf. »Mein Gott«, stöhnte er und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht, »das ist ja das Ende der Welt! Kaum ein Baum zu sehen, nichts als verdammte Felsen. Wenn das hier schon schlimm ist, wie mag es wohl hundert Meilen weiter aussehen?«
»Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen, Dr. Carty, und ich möchte Sie bitten die Stimme zu senken. Das Baby schläft.« Alice deckte den Tisch für den Morgentee, den sie ihrem unerwarteten Gast servieren wollte.
»Wie lange bleibt Thora weg?«, fragte er leiser.
»Eine ganze Weile, schätze ich. Sie ist erst vor einer halben Stunde zu den Postles geritten, um sich zu erkundigen, ob es Neuigkeiten von den Jungs gibt.«
»Zu den Postles!«, schnaubte er. »Früher hätte Thora sich nicht in ihrer Gesellschaft blicken lassen.«
»Mag sein. Doch sie weiß ihren Vorteil zu nutzen.«
»Wollen Sie meine Tochter kritisieren?«
»Ganz und gar nicht. Wir beide hoffen auf Nachricht von den Goldfeldern. Clem sollte inzwischen dort angekommen sein.«
Der Doktor schob seine Tasse beiseite und faltete die Hände vor sich auf dem Tisch. »Alice, der Vertrag, den Sie unterzeichnet haben, ist rechtswidrig zustande gekommen. Ich bin jedoch bereit, Ihnen den Kaufpreis für mein Fuhrunternehmen zurückzuzahlen und den Vorfall zu vergessen.«
»In welcher Hinsicht ist er rechtswidrig zustande gekommen?«
Carty seufzte. »Das will ich Ihnen doch gerade erklären. Es ist offensichtlich, dass Ihr Bruder über einen Wissensvorsprung verfügte. Mit anderen Worten, er hat gewusst, dass man den Plan, die Bahnlinie bis York auszubauen, ad acta gelegt hatte. Folglich hat er die Firma unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erworben.«
»Das ist eine unschöne Anschuldigung, Dr. Carty. Wir alle haben erwartet, dass die Eisenbahn nach York kommen würde. Wir haben Ihre Firma unter der Zusicherung gekauft, dass sie selbst dann noch profitabel sein würde, wenn man neue Routen würde befahren müssen.«
»Wäre sie auch. Aber Ihr Bruder hat mich getäuscht, und das lasse ich mir nicht bieten. Ich will die Firma zurückhaben.«
»Milch?«, fragte sie und hielt ihm den Krug unter die Nase.
»Nein. Ja, doch. Ein wenig. Alice, Sie brauchen nur den Vertrag zu zerreißen. Betrachten wir es als kleines Missverständnis.«
»Tut mir leid, das ist nicht möglich.«
»Wieso nicht? Ihr Bruder hat mich mit unlauteren Mitteln zum Verkauf überredet. Er ist ein verdammter Betrüger. Wenn Sie den Vertrag nicht vernichten, verklage ich ihn.«
»Verklagen können Sie nur mich. Sie haben
mir
die Firma verkauft und wollen mich doch wohl nicht als Betrügerin bezeichnen.«
»Das will ich nicht gesagt haben, aber Sie müssen sich der Tatsache bewusst sein, dass Ihr Bruder Sie in eine unangenehme Situation gebracht hat. Eine junge Dame wie Sie möchte doch nicht vor Gericht erscheinen, oder?«
»Du lieber Himmel, nein.«
»Dann bleibt Ihnen keine andere Wahl. Vergessen wir einfach das ganze Geschäft.«
Alice knabberte an einem Keks. »Das wäre mir nicht recht, Dr. Carty. Ich begreife nicht, was daran unzulässig sein sollte.«
»Sie verstehen nichts vom Geschäft, das ist der Grund. Clem hätte Sie nie in diese Lage bringen dürfen.«
»Warten wir doch einfach ab!«
»Was sollen wir abwarten?«, fuhr er
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