Leuchtendes Land
nichts davon. Es schien mir nicht weiter wichtig zu sein.«
»Wie hoch war Ihre Strafe?«
»Lebenslänglich. Als das Urteil aufgehoben wurde, habe ich mich so danebenbenommen, dass die Bewährungsfrist immer wieder verlängert wurde.«
»Sie müssen bei Ihrer Verurteilung sehr jung gewesen sein.«
»Mit fünfzehn war ich bereits ein Meisterfälscher«, grinste er. »Sie sehen, wozu Schulbildung gut ist. Die Deportation hat mir nichts ausgemacht. Ich war so schlau, dass ich dachte, ich könne das System überlisten.«
»Das haben Sie ja auch. Sie haben überlebt.«
»Und Zeit verschwendet«, gab Mike zu. »Jetzt habe ich endlich die Chance, etwas aus meinem Leben zu machen. Sie sind Jocelyn, nicht wahr?«
»Ja, ich bin eine Freundin von Clem.« Sie betrachtete sehnsüchtig die reglose Gestalt im Bett. »Er ist ein wunderbarer Junge. Meinen Sie, er erholt sich wieder?«
»Sicher.« Mike wischte Clem mit einem feuchten Tuch übers Gesicht. »Komm schon, Boss, aufwachen. Wir haben noch zu arbeiten.«
Der Patient murmelte etwas Unverständliches. Seine Freunde warteten besorgt, bis der Arzt auftauchte und ihnen mitteilte, dass der Heilungsprozeß eingesetzt habe. »Die Wunde sieht schon besser aus. Wir müssen nur noch warten, bis sich das Fieber gelegt hat.«
Er nahm zuerst den Geruch wahr, einen unangenehmen und abgestandenen Geruch, doch war da auch noch ein Anflug von Karbolsäure. Nein, es roch stärker. Clem warf seinen Arm übers Gesicht, um den Gestank abzuwehren. Dabei schoss ein scharfer Schmerz durch seinen Körper. Weshalb? Er versuchte, sich auf die Quelle des Schmerzes zu konzentrieren, wurde müde und glitt wieder in den Schlaf hinüber.
Mike hasste dieses Krankenhaus. Selbst in Gefängnissen hatte er bessere Schlafsäle gesehen. Wenigstens waren sie dort einheitlich eingerichtet. Hier gab es Betten in jeder Form und Größe. Vermutlich hatte man sie auf irgendeiner Müllhalde aufgelesen. An den hölzernen Wänden drängten sich schmiedeeiserne Betten, flache Pritschen, mit Segeltuch bespannte Klappliegen und klapprige Holzgestelle. In jedem von ihnen erduldeten bemitleidenswerte Patienten die Gluthitze, die sich unter dem Wellblechdach staute. Mike hätte Clem gerne an einen anderen Ort gebracht, doch zuvor musste er fieberfrei sein und wieder klar denken können. Mike betete, dass es bald geschehen möge, denn Fieber war tückisch und unberechenbar …
Er sah, dass Clems Nasenflügel zitterten. Sein Arm zuckte unruhig, sein Gesicht war schmerzverzerrt. »Bei Gott, du bist da«, rief Mike, »ich weiß, dass du da bist. Du musst jetzt aufwachen, damit ich dich von hier wegbringen kann. Die Mine bekennt Farbe, sie ist besser als die erste. Bisher fülle ich zwar nur Streichholzschachteln mit dem Staub, aber in dieser Woche habe ich schon zwölf Pfund verdient. Außerdem warten eine Menge Leute auf dich, mein Junge, Freunde aus York. Jocelyn und die Postle-Jungs. Die beiden können nicht länger warten. Sie haben massenhaft Nuggets entdeckt – die sind ein Vermögen wert – und wollen nach Haus, sobald sie wieder nüchtern sind. Da war auch noch ein Bursche namens Tanner, der in der Zeitung über dich gelesen hatte. Ist ein feiner Pinkel, ein Börsenmakler, der hier ein Büro mit allem Drum und Dran eröffnet hat. Die großen Minen-Syndikate kaufen große Pachtgrundstücke auf. Er sagt, im Vermittlungsgeschäft ließe sich mehr Geld verdienen.«
Mike entdeckte den Arzt, der am anderen Ende des Raumes seine Visite begann. »Dann gibt es da noch unseren Freund Fred Vosper. Er ist auch hier gewesen und setzt nun alle Hebel in Bewegung, damit die Regierung ein anständiges Krankenhaus baut. An Zielen fehlt es ihm nie. Er verlangt, dass die Goldgräber in Zukunft im Parlament vertreten sind. Wenn ich mir ansehe, wie rasend schnell die Bevölkerung hier wächst, sollte es mich nicht wundern, wenn er sich damit durchsetzt. Geh nicht weg, ich komme sofort wieder.«
Er trat auf den Arzt zu. »Könnten Sie einen Moment zu Clem kommen, Sir? Ich glaube, er wacht auf.«
Der Mann zuckte nur müde die Achseln. »Mal sehen. Sie sollten die Hoffnung nicht aufgeben.«
»Er ist noch nicht gewaschen worden, das würde ihn sicher abkühlen. Könnten Sie eine der Frauen darum bitten?«
»Sie haben zu tun. Er muss warten, bis er an der Reihe ist. Wir haben nicht genügend Krankenschwestern für so viele Patienten.«
»Stellen Sie mehr ein!«
»Übernehmen Sie die Gehälter?«, fragte der Arzt
Weitere Kostenlose Bücher