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Leuchtendes Land

Titel: Leuchtendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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an sich zu nehmen.
    Clem gab durch Zeichen zu verstehen, sie sollten in sein Lager mitkommen, wo sie gemeinsam essen würden.
    »Ich habe Essen im Lager. Ihr seid willkommen. Essen!«
    Der Ältere nickte und machte ihm ein Zeichen, er solle vorgehen. Um zu prüfen, ob er die Aufforderung auch richtig verstanden hatte, drehte Clem sich nach einigen Schritten um. Erleichtert nahm er ihr Winken zur Kenntnis. Dass er seine Vorräte nun mit fünf Schwarzen teilen musste, bedeutete das Ende seiner Expedition, doch es ließ sich nicht ändern. Er befand sich auf ihrem Land und musste ihnen seinen Tribut entrichten.
    Als er plötzlich niederstürzte, dachte er zunächst, sie hätten ihm einen Schlag versetzt. Dann jedoch breitete sich ein brennender Schmerz in Clems Rücken aus. Ein Speer hatte ihn getroffen. Bei der kleinsten Bewegung wurde der Schmerz unerträglich. Aus dem Augenwinkel konnte er sehen, wie die Waffe über ihm zitterte. Er versuchte, liegen zu bleiben, so ruhig wie möglich zu atmen und dabei genügend Mut zu sammeln, um sich irgendwie von diesem Ding zu befreien.
    Das Problem löste sich von selbst. Schwarze Füße traten hinter ihn und rissen den Speer mit einem Ruck heraus. Clem schrie auf und spürte warmes Blut über seinen Rücken rinnen. Doch man ließ ihn allein, und schon bald krabbelten Ameisen über seinen Körper. Er versuchte sich hochzustemmen, fiel aber nur in ein noch tieferes Loch. Er schloß die Augen. Schließlich verlor er das Bewusstsein.
     
    Die Aborigines durchstöberten Clems Lager. Mit dem Beil zerteilten sie die Konservendosen, schütteten den Inhalt in die hohle Hand und aßen ihn genüsslich auf. Seine Decken schnürten sie zu Bündeln, in denen sie Werkzeug, Kochtopf und Wasserflaschen verstauten. Sie leerten seine Packtasche, warfen Notizbücher, Stifte und Kleidung weg und fanden zu guter Letzt den Nachrichtenstab.
    Er wanderte von einer Hand zur anderen. Die Schwarzen schauten ihn erstaunt an und brachen dann in Gelächter aus. Sie bogen sich vor Lachen, warfen den Stab in die Luft, schauten ihn wieder an und feixten, bis der ältere Mann einschritt.
    Traurig schüttelte er den Kopf. Nachrichtenstäbe wurden über Generationen von Stamm zu Stamm weitergegeben, selbst wenn die Stämme verschiedene Sprachen sprachen. Von alters her erzählten die Zeichen auf diesen Stäben von Versammlungen und Feiern, von Händlern und sogar vom Krieg. Sie warnten vor etwas oder erbaten die Erlaubnis, fremdes Land betreten zu dürfen. Eine Antwort wurde auf die gleiche Weise übermittelt. Jede Kerbe und jedes Zeichen hatte eine bestimmte Bedeutung.
    Was aber war das hier? Offensichtlich stammte der Absender von einem weit entfernten Stamm, der die Kunst des Stabschnitzens nie erlernt oder bereits vergessen hatte. Für Mulwalla lag darin eine Tragödie, ein weiterer Beweis für die Zerstörung ihrer Kultur durch die Flut weißer Männer, die nun sogar die Aborigines im Landesinneren bedrohten.
    Er fand den Nachrichtenstab keineswegs komisch. Obwohl auf diesem Ding lediglich ein Haufen zusammenhangloser Zeichen zu sehen war, las er aus ihm heraus, dass jemand ein gutes Wort für den weißen Mann einlegen wollte. Es gab vage Hinweise darauf, dass dieser Jemand dem Empfänger eine sichere Reise hatte wünschen wollen. Na ja, dafür war es ein wenig spät, doch als ehrenwerter Mann hatte Mulwalla die Pflicht, sich an das Gesetz zu halten. Er wies seine Männer an, das Pferd zu holen.
    Nachdem es ihnen gelungen war, dem scheuenden Tier die Fußfesseln abzunehmen, legten sie ihm unter Mulwallas Aufsicht das Zaumzeug an.
    Der vertraute Ledergeruch des Sattels trug dazu bei, dass sich das Pferd beruhigte und sich den ungeschickten Händen überließ. Mulwalla war stolz, dass sie diese ungewohnte Arbeit erfolgreich hinter sich gebracht hatten.
    Clem war nicht ganz bei sich, als sie ihn aufhoben und durch den Busch trugen. Sie ließen es an der nötigen Behutsamkeit fehlen, und als sie ihn über den Sattel warfen, hatte er das Gefühl, er schlage mit zerschmetterten Knochen auf dem Grund einer tiefen Grube auf.
    Mit Hilfe seiner Zeltschnüre banden sie ihn auf dem Pferd fest. Einer der Männer ergriff die Zügel und lief in gleichmäßigem Rhythmus auf die Siedlung der Weißen zu. Mühelos legte er eine Meile nach der anderen zurück und schenkte dem Stöhnen des weißen Mannes keine Beachtung.
    Wenige Meilen vor dem Grabungsgebiet schob er den Nachrichtenstab unter Clems Körper, band das Zaumzeug an

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