Leuchtfeuer Der Liebe
blickte ihm unverwandt in die Augen. „Nur Lebende kann man wecken. Nicht die Toten."
Ihre Worte zerrissen sein Inneres, entblößten seine Seele, forderten ihn heraus. Dazu, wieder für die Liebe offen zu sein. Doch alles in ihm sträubte sich dagegen. Liebe war ein flüchtiges Gefühl, aber der Schmerz des Verlustes währte ein Leben lang.
Zorn loderte in ihm hoch. Er stand wie versteinert da. In ihm wütete ein Aufruhr, quälte ihn die Versuchung, ihr zu glauben, sie in die Arme zu schließen, ihre Einladung anzunehmen. Schließlich fand er seine Stimme wieder. „Ich brauche dich nicht dazu, um zu wissen, wie es in mir aussieht."
„Ich hätte das nicht sagen dürfen. Ich hätte dir nicht gestehen dürfen, dass ich mir deine Liebe wünsche." Ihre Stimme klang leise vor Befangenheit. „Aber es drängt mich, dir alles zu sagen, was ich auf dem Herzen habe. Du kennst mich mittlerweile und weißt, dass ich meine Gefühle nicht unterdrücken kann." Sie begann, den Tisch abzuräumen. „Jetzt bin ich deine Frau. Du hast es so gewollt. Ich muss herausfinden, was das bedeutet."
Jesse wusste nicht, wieso er plötzlich bei ihr war und sie in die Arme schloss. Vielleicht konnte er nicht widerstehen, weil die Sonnenstrahlen ihr rotes Haar vergoldeten. Vielleicht lag es daran, wie sie sich ohne Eile und umsichtig in seiner Küche zu schaffen machte, als habe sie nie etwas anderes getan. Vielleicht aber lag es auch an der bittersüßen Sehnsucht, die er in ihren Augen gelesen hatte.
Er gab sich keine Mühe, die Gründe zu erforschen, hielt sie in den Armen, schob seine Finger in ihr Haar, hörte, wie die Nadeln leise klirrend zu Boden fielen. Er küsste sie, hart und besitzergreifend.
Sein heißes Verlangen verdrängte jede Vernunft. In seiner Begierde hätte er sie am liebsten auf der Stelle genommen, hier in der Küche, im Stehen über den Tisch gelehnt, in unbezwingbarer Hast. Er wusste, dass damit alles verändert sein würde, doch es kümmerte ihn nicht mehr. In ihm loderte das helle Feuer der Leidenschaft.
Er nahm Mary bei der Hand und führte sie die Stiege hinauf zu seinem Bett, in dem er zwölf Jahre allein geschlafen hatte, von Albträumen verfolgt und gequält.
16. KAPITEL
M ary zog schweigend den gelben Vorhang vor. Nun war der Raum in ein diffuses goldenes Licht getaucht. Mit einem zaghaften Lächeln wandte sie sich an Jesse: „Ich werde mich daran gewöhnen müssen, dass der Tagesablauf eines Leuchtturmwärters sich von dem anderer Leute unterscheidet."
Er stand vor ihr, die Arme locker an den Seiten, mit wild hämmerndem Herzen, während sein Verlangen immer stärker wurde.
„Hör zu", sagte er heiser, um Mary eine letzte Chance für einen Rückzug zu geben. „Du musst nicht..."
„Still", unterbrach sie ihn. „Ich will es."
Den Blick unverwandt auf seine Augen gerichtet, griff sie nach hinten, öffnete die Knöpfe ihres Kleides im Rücken und ließ es zu Boden gleiten. Im dünnen weißen Unterkleid stand sie vor ihm. Mit ihren hellen Schultern und Armen, ihrem jungen Gesicht wirkte sie im diffusen Licht rein und unschuldig wie eine Heiligenstatue in einer Kirche. Sein Blick glitt über ihre Gestalt, verweilte an ihrem runden Leib. Nein, sie sah nicht wie eine Heilige, sondern wie eine heidnische Fruchtbarkeitsgöttin aus.
Bis jetzt war er sich seiner Empfindungen nicht schlüssig gewesen beim Anblick des sichtbaren Beweises, dass sie vor ihm einem anderen Mann gehört hatte. Er hatte an Eifersucht und Groll gedacht, an Bedauern vielleicht und an Neugier. Das Verlangen, das er nun empfand, hatte er nicht erwartet. Ihr Anblick brachte sein Blut in Wallung.
Mary hob die Hand und zog langsam die Schleife am Hemdausschnitt auf, bis der Stoff klaffte. Darunter trug sie nichts.
Sie war fülliger geworden seit jenem Tag, als er sie im Bad überrascht hatte.
Ein kehliger Laut entfuhr ihm, wie von einem gefangenen Tier, leise und gequält. Er schloss Mary in die Arme, vergaß alles in seinem Verlangen, sie zu berühren, und küsste sie fordernd. Dann trat sie einen Schritt zurück.
Er zog Hemd und Stiefel aus. Während sich Mary ihrer Unterwäsche entledigte, schälte er sich aus den Kentucky-Jeans und schlug die Bettdecke zurück. Dann lagen sie einander zugewandt, und er konnte nicht genug von ihr bekommen. Er grub die Finger in ihr seidiges Haar, während er mit der Zunge den Konturen ihrer Lippen folgte. Zärtlich strich er über ihre Schulter, umfasste ihre Brust und drängte seine Zunge
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